Von Irina Mahlstein — Offenbar habe ich den Flug von Denver nach Montreal überlegt, denn die letzte Kolumne war tatsächlich im Druck. Also rein in die Stadt und das Hotelzimmer beziehen. Nach dem stressigen Flug sehne ich mich nach einer warmen Dusche und einem weichen Bett. An der Rezeption angelangt, wird Jan nach der Reservationsnummer gefragt, die er aber leider nie erhalten und auch, in meinen Augen, nie so richtig angefordert hat. So heisst es dann halt: “Nein, leider haben wir für Sie keine Reservation.” die warme Dusche und das weiche Bett sind in diesem Moment wieder in unendliche gerne gerückt und ich sehe schon, wie ich mich unter der Parkbank zusammenrolle. Mit etwas Glück habe ich vielleicht ein ungeschütztes Wireless in der Nähe meiner Parkbank, welches ich nutzen kann, um meine E‑Mail-Korrespondenz abzuwickeln. Nach ein wenig hin und her und etwas diskutieren kriegen wir dann aber doch noch ein Zimmer, die Dusche und das Bett sind mir wieder sicher.
An nächsten Morgen geht es auch schon los mit der Konferenz. Erstaunlich, wie viele bekannte Gesichter mir da begegnen. Nicht, dass ich schon die ganze Klimawelt kennen täte. Aber es sieht fast so aus, als ob die Hälfte unseres Instituts hier anwesend ist. Glücklicherweise findet sich unter den bekannten Gesichtern auch noch ein altbekanntes Gesicht aus der Studienzeit. Ein solches Wiedersehen musste natürlich mit genügend Whiskey begossen werden. Und unfassbar, aber etwa zwischen Whiskey zwei und drei bemerkte ich, dass ich der Person gegenübersass, die mir die Lösung zu meinem aktuellen Forschungsproblem liefern konnte. Wer hätte dies gedacht? Da studiere ich seit Monaten daran herum, wie denn das mit diesen Wärmeströmen genau funktioniert. Et voilà. Jetzt kriege ich es sozusagen gratis geliefert.
Am Donnerstag stand dann mein Vortrag auf dem Programm. An jenem Tag war ich zum ersten Mal froh, dass die Räumlichkeiten in diesem Konferenzgebäude auf etwa 15 Grad runtergekühlt sind, und so musste ich weniger Angst haben, dass mein Kopf vor lauter Hitzestau rot anläuft. Ich hatte ja schon genug andere Ängste in diesem Moment. Was, wenn ich beim Gang zum Rednerpult über das Kabel stolpere, den Beamer runter reisse, gefolgt von der Leinwand, die mich dann begräbt. Ich wurde nicht begraben auf dem Weg zum Rednerpult, auch nicht nach meinem Vortrag. Eigentlich lief er ganz gut. Mein erster Vortrag an einer internationalen Konferenz.
Foto: Barbara Ineichen
ensuite, Oktober 2009