Von Morgane A. Ghilardi – Liebe und Leben nach dem Tod: Das Nachleben ist eine unerschöpfliche Quelle für den Geschichtenerzähler; und so wird auch im Film viel herumgespukt. Der Geisterfilm ist keineswegs auf das Horrorgenre beschränkt und erlaubt sich, alle Register zu ziehen, und die vielen Facetten des Gespenstes zu zeigen.
Da gibt es z.B. den guten alten Sam: Nach seinem verfrühten und unfreiwilligen Ableben wollte er seiner Geliebten eigentlich nur noch eine Nachricht hinterlassen, kommt aber nicht zu Ruhe, da er die Umstände seiner Ermordung aufklären muss. Es handelt sich um «Ghost» (1990), dem man im Lauf seines Lebens fast nicht aus dem Weg gehen kann, da er zu einem Glanzstück in den Karrieren von Demi Moore und Patrick Swayze wurde, und zu einem Meilenstein der geisterhaften Romantik. Man erinnere sich an das Titellied «Unchained Melody», das einem anschliessend nicht mehr aus dem Kopf gehen will, und an die unvergesslich sinnliche Liebesszene, die auf Demi Moores Töpferkünste folgt, die laut Swayze bestimmt eine Menge Frauen auf der Welt zum Töpfern animiert habe. Obwohl der Film sich also vor allem auf das romantische Genre bezieht, ist er zu gleichen Teilen Thriller und Komödie (im Rampenlicht steht die brillante Whoopi Goldberg als Medium.)
Die unsterbliche Liebe zu einem Verstorbenen bietet sich an, um alltägliche Themen wie den Tod und die Liebe, und die übernatürliche Angelegenheit von Geistern zusammenzuführen. Rückblickend kann man sich auch auf andere Klassiker berufen, welche diesen Ansatz verfolgen, wenn auch auf eine subtilere Weise. «The Ghost and Mrs. Muir» (1947) von Joseph L. Mankiewicz spielt im viktorianischen England und somit in einer Zeit, die kulturell von der Faszination durch das Übernatürliche und das Leben nach dem Tod gekennzeichnet war. Der Geist von Captain Gregg (gespielt vom immer wunderbar mürrischen Rex Harrison) will sein altes Haus nicht hergeben und versucht, die schöne Witwe Lucy Muir (verkörpert von Gene Thierny) nach ihrer Ankunft zu vertreiben. Die Dame bleibt aber stur, und aus einem widerwilligen Versprechen der Koexistenz wird eine Freundschaft, aus dieser wiederum mehr. Weltliche Umstände, wie das Fehlen seines materiellen Selbst und das Auftauchen eines anderen, noch lebenden Verehrers, verhindern aber eine einfache Abwicklung der Geschehnisse. Unterstrichen von bezaubernder Musik, ist auch in diesem Werk der Clou, dass das Nachleben keine zu ernste Sache ist, und der Tod sich der Liebe nur schwer in den Weg stellen kann.
Tim Burton hat aber ohne Zweifel jeglichen Ernst aus den Fragen um den Tod verbannt. Wer ihn mal gesehen hat, kann Michael Keaton nie mehr vergessen als grausigen und gefährlich trotteligen Geist in «Beetle Juice» (1988). Das Geisterleben, welches das etwas verstockte Ehepaar Adam und Barbara (drollig: Alec Baldwin und Geena Davis) unerwartet bewältigen muss, wird ebenso von unwillkommenen neuen Hausgästen und dem Lottergeist Beetlejuice kompliziert. Das Auge hat keine Ruhe weil in jeder Ecke des Bildes etwas Buntes, Grelles und Totes lauert. Einmal mehr handelt es sich aber um den Versuch, sich ein Bild von der Welt zu machen, die laut diversen Glaubensrichtungen ganz klar auf uns wartet, auch wenn sich diese Darstellung nicht der üblichen Klischees bedient, die man z.B. in «Ghost» antrifft, sondern einer möglichst unorthodoxen und ironisierten Darstellung, die schlussendlich genau so plausibel ist wie weisses Licht und himmlische Harfentöne. Ausserdem begeistert Burton auch mit der Auswahl des Soundtracks: Gespenster, die zu Harry Belafontes «Shake, Shake, Shake Sherona» shaken muss man gesehen haben.
In «A Chinese Ghost Story» (1987) wirkt das Geisterleben noch etwas schrulliger. So muss der bescheidene Schuldeneintreiber Ling Choi (der ulkige Leslie Cheung) feststellen, dass es nicht einfach ist, wenn man in eine wunderschöne verstorbene Frau verliebt ist, die aus Zwang für einen bösen Baumgeist Männer verführen muss, damit diese ausgesaugt und dann zu Zombies mit starken Dehydrationserscheinungen gemacht werden. Der Film war eine Antwort auf den Erfolg von Geistergeschichten im chinesischen und europäischen Raum, und bedient sich der vielen entsprechenden Erzählungen, die man in China kennt. Der Klamauk und die pseudoerotische Turtelei zwischen Mensch und Geist sind eine Quelle von sehr viel Charme und Unterhaltung.
q.e.d.: Geister bieten so viel mehr als nur Grusel, denn der Tod bietet eine Grundlage für unerschöpfliche Kreativität. Es lohnt sich, dem nachzugehen.
Foto: zVg.
ensuite, März 2011