Von Lukas Vogelsang — Es gibt eigentlich kaum etwas Schöneres, als beim Entstehungsprozess von Kunst mit dabei zu sein. Zu fühlen, zu spüren, einfach zu beobachten, was aus scheinbar nichts entstehen kann. Aus einer scheinbaren Klekserei, die Gerhard Richter im Film anstellt, entstehen Spannungsverhältnisse. Und was ist ein Spannungsverhältnis? «Über Malerei zu reden hat keinen Sinn», meinte Gerhard Richter und wir schauen seine Bilder an und denken.
Gerhard Richter ist einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler. Zusammen mit Corinna Belz ist ein erstaunliches Künstlerportrait entstanden. Der Einblick in die Kunst von Richter ist hochspannend, fesselnd und auch dem Künstler würdig. Die Dokumentation über ihn ist mehr als gelungen. Corinna Belz versteht es gut, Richter nicht zu inszenieren, sondern sie lässt ihn einfach wirken. Die Szenenwahl und die Annäherungen zur Person sind genial. Richter ist auch so ehrlich, dass er sein Scheitern vor der Kamera preisgibt. Ein netter und lustiger Moment im Film. Corinna Belz fragt wenig, sie hat eine schöne, nüchterne Art Fragen zu stellen, sie in den Raum zu geben und dem Gegenüber und der Zeit zu überlassen. Auch sehr fein und intelligent sind die Einspielungen aus älteren Zeiten, wo der junge Richter über die Bilder redet. Die sind nur kurz, aber elementar.
Faszinierend an Gerhard Richter ist seine präzise und absolut ungeplant geplante Art in der Arbeit. Wir können im Film einige Werke im Entstehungsprozess mitverfolgen und sind tief betroffen, wenn er diese malträtiert und je länger er daran arbeitet, Schritt für Schritt, etwas Neues daraus entstehen lässt. Schön zu sehen, wie der Künstler scheitert, wieder versucht, experimentiert, hofft, und vielleicht den Punkt erreicht. Vielleicht auch nicht. Und man spürt die Kunst. Das ist vor allem wesentlich.
Gerhard Richter ist eigentlich medienscheu und macht seine Kunst. Reden über Kunst liegt im zwar und er hat eine wunderbare Art Dinge zu beschreiben, doch er ist ein Maler. Sehr spannend wird der Film, wenn Richter über die Qualität der Bilder spricht. Und das kommt gut rüber. Da werden ein paar Geheimnisse gelüftet. Maler malen und reden nicht – sonst würden sie reden und nicht malen. «Malen ist eine andere Form des Denkens», meint Richter. Und wir nehmen ihm das sofort ab. In seinen Bildern wird das fantastisch gezeigt und umgesetzt.
Gerhard Richter wurde am 9. Februar 1932 in Dresden geboren, machte eine Handelsschule, eine Ausbildung als Schriftenmaler, bildete sich anschliessend an der Hochschule für Bildende Künste aus, spezialisierte sich auf das Fach Wandmalerei und arbeitet nach dem Diplom als freier Maler. 1961 gelang ihm zusammen mit seiner Frau Ema die Flucht aus der DDR. Er begann noch ein Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, welches er 1964 beendete und mit den ersten Einzelausstellungen startete.
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2011