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Glück und Unglück liegen nahe beisammen

Von Fabi­enne Naegeli – HotAir­Pro­duc­tion zeigen «Ein Stück vom Glück»: Glück­lich sein oder wer­den ist ein zen­trales Ele­ment im Leben viel­er Men­schen. Doch was bedeutet das genau? Mit welchen Begrif­f­en wür­den Sie einen Glück­szu­s­tand, eine solche Lebenssi­t­u­a­tion oder einen Moment dieser Art beschreiben? Frei­heit, Wohlbefind­en, Gesund­heit, Sicher­heit, Erfolg, Pro­duk­tiv­ität, die Sin­ner­fül­lung men­schlichen Daseins? Oder als ein ewiges Hin­ter­her­ren­nen und ein per­ma­nentes Suchen nach einem neuen gesellschaftlichen Ver­sprechen des Glücks?

Ety­mol­o­gisch kommt «Glück» vom mit­tel­hochdeutschen «gelücke» und bein­hal­tet unüberse­hbar das Wort «Lücke». Eine Lücke kann Raum für Unvorherge­se­henes, für Über­raschun­gen, Geheimnisse, Fra­gen, Aben­teuer und Risiko bergen. Doch in unser­er heuti­gen Gesellschaft wird das immer mehr abgeschafft. Deshalb nen­nt der Philosoph Byung-Chul Han die soziale Sit­u­a­tion, in der wir uns gegen­wär­tig befind­en, «Pos­i­tivge­sellschaft». Jegliche Neg­a­tiv­ität ist darin ver­boten. Zwänge, Kon­trollen, Einen­gun­gen wie zum Beispiel das mit der all­ge­meinen Ver­net­zung ein­herge­hende Ständig-ver­füg­bar-zu-sein-Cre­do oder die Umwand­lung der Lebens- in Arbeit­szeit wer­den pos­i­tiv dargestellt. Alles wird eingeeb­net und kon­sum­ier­bar gemacht. Nach der Lei­den­schaft kann man da verge­blich suchen. Die Liebe wird zur Genuss­formel ohne Ver­let­zun­gen oder unan­genehme Gefüh­le zu erzeu­gen. Sie wird zu ein­er Beziehung, die einem «Jobange­bot mit fes­ten Arbeit­szeit­en» ver­gle­ich­bar ist, so Han.
In der Stück­en­twick­lung von HotAir­Pro­duc­tion, die den Titel «Ein Stück vom Glück» trägt, will ein Wis­senschaftler, ähn­lich dem Roman von Mary Shel­ley: «Franken­stein oder Der mod­erne Prometheus», die Men­schheit in ein glück­licheres, per­fek­tion­iertes Zeital­ter führen. Voller Eifer und Taten­drang ver­fol­gt der Pro­fes­sor sein Ziel. Das Heilsver­sprechen aber löst sich nicht ein. Das Exper­i­ment misslingt, und die Schöp­fung wen­det sich gegen ihn. Krank und von seinem eige­nen Streben zugrunde gerichtet, muss er die Frag­würdigkeit des Ergeb­niss­es, ja die Gefährlichkeit seines Han­delns erken­nen. HotAir­Pro­duc­tion arbeit­en bei «Ein Stück vom Glück» an den Übergän­gen von Wis­senschaft, Philoso­phie, Kun­st und Fik­tion. Sie fra­gen, was passiert, wenn sich das ver­sproch­ene Glück nicht ein­löst? Für was ste­hen diese Glücksver­sprechen eigentlich, und was ver­birgt sich hin­ter ihnen?

Ini­tia­tor: Chris­t­ian Valerius. Kostüm/Bühne/Produktionsleitung: Maude Vuilleu­mi­er. Schauspiel/Text: Jonas Gygax, Lina Hoppe. Dramaturgie/Text: Lil­iane Koch. Dra­maturgie: Margrit Sen­ge­busch. Bühne/Video/Neue Medi­en: Sil­van Hill­mann. Bühne/Sound/Neue Medi­en: Dein Woch­enende.

Foto: zVg.
ensuite, Jan­u­ar 2014

Artikel online veröffentlicht: 28. Mai 2019