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Gutes Genrekino? Im TV!

Von Mor­gane A. Ghi­lar­di – Wie und wo Sci­ence-Fic­tion und Hor­ror im Serien­for­mat:  Sci­ence-Fic­tion, Fan­ta­sy und Hor­ror – drei Gen­res, die auf Grosslein­wand nicht immer gut umge­set­zt wer­den.

Im Jahr 2009 sind drei von sechs grossen Sci­Fi-Fil­men Fort­set­zun­gen von Fran­chis­es, der Serien­form des Kinos: «Trans­form­ers 2», «Ter­mi­na­tor: Sal­va­tion» und «Star Trek». Kein­er der drei wurde von Kri­tik­ern beson­ders geschätzt. Aber wenn wir ehrlich sind, kön­nen wir seit langem nicht mehr mit grossen Erwartun­gen solche Block­buster sehen gehen. Wir lassen uns begeis­tern von den über­wälti­gen­den Möglichkeit­en des CGI und erfreuen uns an den smarten Sprüchen, die der Held ab und zu klopfen darf. Doch manch­mal schützen uns auch die niedri­gen Erwartun­gen und genialen Effek­te nicht vor grot­ten­schlecht­en Plots. Die Plo­ten­twick­lun­gen in «Star Trek» waren unerträglich schmerzhaft – Hom­mage an das Orig­i­nal hin oder her. Wo Poten­tial für cooles Actionk­i­no der anderen Art beste­ht, macht sich Hol­ly­wood daran, alles auf das intellek­tuelle Niveau eines Zwölfjähri­gen zu brin­gen. Die Devise ist leichte, hirn­lose Unter­hal­tung und ein Ver­mark­tungskonzept, das den Verkauf viel­er Spielzeuge erlaubt. Gute Schaus­piel­er und Ressourcen wer­den ver­schwen­det.

Aber vielle­icht sind es eben die grossen Ressourcen, die gutem Gen­rekino im Weg ste­hen. Das For­mat, welch­es überzeu­gend Sci­Fi, Fan­ta­sy und Hor­ror umset­zt, ist die Fernsehserie. Natür­lich erlaubt dieses For­mat, kom­plexere Plots und Charak­tere zu entwick­eln, aber auch dies hängt von der Qual­ität der Drehbüch­er und der Orig­i­nal­ität der Ideen ab.

In den let­zten 15 Jahren waren es Serien wie «Baby­lon 5», «Star­gate», «Farscape», «X‑Files», «Bat­tlestar Galac­ti­ca» und «Doc­tor Who», welche im Bere­ich Sci­Fi-Serien den Stan­dard für Qual­ität und Orig­i­nal­ität geset­zt haben. «Baby­lon 5» aus den 90ern war eine sehr gut geschriebene Serie, die einen mit kom­plex­en Plo­ten­twick­lun­gen mitriss und unter Fans Kult­sta­tus geniesst. Die in der fer­nen Zukun­ft ange­siedelte Sto­ry han­delt von Rassenkon­flik­ten und inter­galak­tis­ch­er Poli­tik. «Bat­tlestar Galac­ti­ca» ist das Remake ein­er trashigen Serie aus den 70ern. Von der kom­plex­en The­matik zur Kam­er­aführung und Musik beein­druckt die Serie auf der ganzen Lin­ie. Und zulet­zt ist natür­lich «Doc­tor Who» zu erwäh­nen, welche ursprünglich erst­mals in den 60ern von BBC aus­ges­trahlt wurde. Die Geschichte um den wan­del­baren und unsterblichen Zeitreisenden wurde im Jahr 2005 neu aufgenom­men und mit ein­er genialen Crew umge­set­zt. Das Resul­tat sind (bis jet­zt) vier Staffeln ein­er orig­inellen, men­schlichen und tragisch-komis­chen Serie, die einen mit jed­er Episode aus den Sock­en haut. Es ist der Traum eines jeden Sci­Fi-Lieb­habers, dass sich die Drehbuchau­toren und Pro­duzen­ten all dieser Serien (auss­er J. J. Abrahms – der soll beim TV bleiben, bitte) ab und zu dem Kino wid­men und ein geniess­bares Sci­Fi-Spek­takel auf Grosslein­wand her­stellen, welch­es man auch schätzen kann.

Hor­ror und Fan­ta­sy, zwei Genre, die sich gegen­seit­ig oft ein­schliessen, haben in let­zter Zeit wieder mehr an Pres­tige gewon­nen. Sie sind nicht mehr auss­chliesslich für Lego­las-Anbeter und Splat­ter­fans. Mit «Twi­light» hat sich das Hor­ror-Genre den Bedürfnis­sen der (weib­lichen) Tee­nies angepasst. Der Vam­pir bewegte sich schon immer auf dem schmalen Grad zwis­chen Hor­ror und Fan­ta­sy. Er ist in unseren Köpfen eher eine mythisch-magis­che Krea­tur mit Sexap­peal gewor­den als zu einem blutrün­sti­gen Mon­ster. Denn wenn Vam­pire in der Sonne glitzern, anstatt in Flam­men aufzuge­hen, ist der Hor­ror-Aspekt defin­i­tiv nicht mehr so promi­nent. Die Roman­tik hat die Über­hand gewon­nen, und das ist keines­falls zu bekla­gen, vor allem nicht, wenn Wer­wölfe und andere scharfe Beis­serchen dazukom­men.

Aber auch in diesem Bere­ich sind die TV-Ver­sio­nen mit mehr Pep real­isiert. Die Kult­serie «Buffy – The Vam­pire Slay­er» hat das von Anne Rice stark roman­tisierte Genre für Tee­nies bril­lant umge­set­zt. Pubertät, Schul­stress, Dämo­nen, Zom­bies – nichts wird aus­ge­lassen. Das gute Set­ting, die intel­li­gen­ten und zack­i­gen Dialoge, sowie viel Humor und Tragik garantieren gute Unter­hal­tung. Den Buffy-Mach­er Joss Whe­don hat es übri­gens auch in die Welt des Sci­Fi ver­schla­gen. Seine Serie «Fire­fly» beste­ht lei­der nur aus 14 Episo­den, wurde dann aber mit dem Kinofilm «Seren­i­ty» abgeschlossen.

«True Blood» von «Six-Feet-Under»-Macher Alan Ball ist eben­falls eine Buchadap­tion und stellt eine erwach­senere Ver­sion des Vam­pirthe­mas dar. Etwas Blut, etwas Sex und der hin­reis­sende Süd­staa­ten­charme – diese Ele­mente, neben guten Darstellern wie Anna Paquin, entzück­en immer wieder. Hier übri­gens ein ander­er Hin­weis, dass das Serien­for­mat einen neuen Sta­tus errun­gen hat: Die Hol­ly­wood­stars, die zum Serien­for­mat kon­vertieren.
Dies ist kein Aufruf dazu, dem Kino völ­lig abzuschwören. Aber es ist eine Auf­forderung, sich mit der Gen­re­vielfalt des Serien­for­mat des TVs auseinan­derzuset­zen, da sich dort oft der orig­inellere Stoff wiederfind­et.

Bild: Die Schlaf­pille im Kino: The Twi­light Saga — New Moon
ensuite, Dezem­ber 2009