Von Lukas Vogelsang - Eine Geschichte aus Österreich: Der neunzehnjährige Roman Kogler sitzt wegen Totschlag in einer Sonderanstalt für Jugendliche. Auch als Kind war er keiner Familie zugehörig – zumindest kennt er seine Mutter nicht. Roman ist dadurch alleine, menschenscheu, und hat noch nicht viel von der Gesellschaft mitbekommen. Wenn er jetzt allerdings eine Arbeit finden würde, könnte er auf Bewährung entlassen werden. Die Hälfte der Strafe hat er bereits abgesessen. Ein neuer Gerichtstermin steht an. Doch Roman ist weltfremd und desinteressiert, einen Beruf zu erlernen. Sein Bewährungshelfer fordert ihn aber – und irgendwie ist das gut so. Roman bewirbt sich bei einem Bestattungsunternehmen, und das ist ein grosser Anfang.
Doch leicht wird es nicht. Sein Umfeld versteht seine Beweggründe kaum. Roman spricht sehr wenig und gibt nichts von sich preis. Trotzdem blitzt immer wieder ein Schimmer von Leben in ihm auf. So trifft er eine Durchreisende im Zug und zeigt Interesse. Auch die Berührung mit den Toten ist zum Anfang schwierig, doch tun diese ihm nichts. Die Mitarbeiter bei der Arbeit sind selber auch etwas kompliziert, doch findet er sogar eine Art Freundschaft. Als Roman dann noch auf seine Mutter stösst, erzählt sie ihm die wahre Geschichte über ihn. Ein, auch für die Zuschauer, schockierender Moment. Doch erklärt dies ein paar Dinge über Roman.
«Atmen» ist das Debüt des Schauspielers Karl Markovics (1963) als Drehbuchautor und Regisseur. Und dem nicht genug: Der 17jährige Thomas Schubert spielt in der Figur von Roman Kogler, seine erste Charakterrolle. Für dieses überzeugende Spiel erhielt er sogar das «Goldene Herz von Sarajevo» – die Auszeichnung wurde ihm von Angelina Jolie überreicht. Und der Film ist grossartig – macht sprachlos, wenn nicht sogar etwas atemlos. Die Langsamkeit, die spannende Sichtweise des Jugendlichen, die einfallsreichen, überraschenden Wendungen der Handlung, der feine schwarze Humor, der mitschwingt – all das macht diesen Film zu einem starken Auftakt für Markovics. Ein beeindruckendes Werk mit sehr viel Bildkraft. Davon bleibt viel in der Erinnerung hängen.
Atmen
Ein Film von Karl Markovics
Foto: zVg.
ensuite, Januar 2012