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Heimweh nach Flandern&den Niederlanden

Frank­furt am Main, Hes­sen, Hesse, Deutsch­land, Ger­many. 18.10.2016 Gäste im extrem coolen Pavil­lon der Gas­tre­gio­nen Flandern&Niederlande

Ich hätte es mir denken kön­nen. Frank­furt sah anders aus. Cool­er, Läs­sige, schönere Klei­dung. Men­schen, denen ich mit meinen 1.80 — auf Plateauschuhen lock­er 1.90, in die Augen schauen kann. Schöne Augen übri­gens: Von schwarz bis wasserblau. Vielfältig. Die Frauen­stim­men tiefer als in Deutsch­land .Über­haupt die Frauen. Mich über­fällt gross­es, riesen­gross­es Heimweh. Nach mein­er Berufs- und Fam­i­lien­zeit in Bel­gien, nach meinen Vorträ­gen in Ams­ter­dam, nach den Wochendbe­suchen in Antwer­pen, nach dem Strand in Zee­land, nach gutem Essen, klu­gen Gesprächen und vor allem nach unter­schiedlichen Men­schen mit Haut­far­ben, Grösse, Gewicht oder nichts von alle­dem, son­dern ein­fach nur ein offenes Gesicht.

Näch­stes Jahr wird es an der Buchmesse noch schlim­mer punk­to Heimweh für mich: Dann ist Frankre­ich dran. Ach. Die Men­schen, Büch­er, Ideen, Stil, Bewe­gung, Tanz machen Kul­turen aus. Wenn es nur Worte sind oder Autos, dann vertrock­nen ger­ade die Frauen unter dem gehäm­merten SCHMETTER­lings­duk­tus (wie kann ein der­art leicht­es und schönes Tier nur SCHMETTERLING heis­sen? Ja. Klar. Es gibt nichts Leicht­es im Lande Goethes. Nichts. Gar nichts. Und schon gar kein Flat­tern). Flämisch und hol­ländisch klin­gen zwar auch wie ne Hal­skrankheit — dem Schweiz­er Dialekt nicht unähn­lich, dafür kom­men die Worte aus unverknif­f­e­nen Lip­pen. Flandern&die Nieder­lande haben den Ruf geizig zu sein — trotz­dem sind sie lock­er­er: Geld hüten sie zwar wirk­lich gerne, doch Ideen, das Lachen und Schön­heit wird geteilt, ver­streut, geschenkt. “Neid” wird auf hol­ländisch klar definiert. Ist es Miss­gust, steckt Han­deln dahin­ter oder beschreibt der Neid einen bes­timmten Blick? — während ich bei nur Deutschsprachi­gen “Neid” oft nicht als Wort, son­dern als Leben­shal­tung verord­net kriege.

Frank­furt sieht anders aus dieses Jahr. Gröss­er und leicht­füs­siger kommt es daher und defin­i­tiv bess­er gek­lei­det. Dies nicht, weil die Klei­dung viel kostet oder irgen­deinen Sta­tus ver­mit­teln soll, son­dern weil sie sich ganz natür­lich dem lib­eralen Geist und dem Kör­p­er der Men­schen anpasst.