Von Simone Weber — Audrey Hepburn trug ihn im legendären Film «Frühstück bei Tiffany» und Humphray Bogart, als er Ingrid Bergmann am Flughafen von Casablanca für immer verabschiedete. Beworben von der amerikanischen Filmindustrie schaffte er es, unsere Modeherzen im Sturm zu erobern. Und die Verliebtheit dauert an. Gerade bietet das nasskühle Herbstwetter die ideale Voraussetzung zum Tragen dieses absolut zeitlosen Klassikers. Die Rede ist vom Trenchcoat. Erfunden wurde dieses wunderbare Stück Ende des 19. Jahrhunderts von dem Engländer Thomas Burberry. Und noch heute ist der Allwettermantel Aushängeschild des gleichnamigen britischen Modehauses. Verwunderlich ist es ja nicht, dass der Ursprung dieses Kleidungsstücks das verregnete Grossbritannien ist. Seine Aufgabe war es, den Körper vor Regen und Feuchtigkeit zu schützen. Deshalb schneiderte Mister Burberry sein Werk aus Gabardine — ein imprägnierter, äusserst strapazierfähiger und wetterfester Baumwollstoff, der zudem atmungsaktiv und angenehm zu tragen ist.
Der neue Mantel erfreute sich innert kürzester Zeit grosser Beliebtheit und wurde zur Standardausrüstung der britischen Armee. Die englischen Soldaten schütze er im Ersten Weltkrieg vor Wind und Regen, woher der Trenchcoat übrigens seinen Namen hat: «Trench» ist das englische Wort für Schützengraben. Die typischen Elemente des Mantels, namentlich die Bindegürtel, Schulterriegel, Ärmelspangen und eine zweite Lage Stoff über Schulter- und Brustpartie erinnern bis heute an Kriegszeiten. Denn diese Details hatten damals natürlich tatsächlich praktischen Nutzen: An den Schulterriegeln, den Brustklappen und Gürtelringen konnten beispielsweise Rangabzüge, Gasmasken, Ferngläser oder Handgranaten befestigt werden.
Den Soldaten gefielen ihre Militärmäntel so gut, dass sie sie nach dem Krieg mit nach Hause nahmen und ihn zur Alltagskleidung machten – für sich und für ihre Frauen. So wurde der Trenchcoat populär und auch die Filmindustrie entdeckte das tolle Kleidungsstück, machte es zum Erkennungszeichen von Agenten und Privatdetektiven. So weckte der englische Mantel immer grösseres Interesse auf der ganzen Welt. Er sah nicht nur total lässig aus, sein gerader Schnitt mit der doppelreihigen Knopfleiste streckte optisch die Silhouette. Im Trenchcoat sah einfach jeder elegant aus.
Und genau deshalb erfreut er sich bis heute grosser Beliebtheit. Seine besonderen Merkmale hat der Militärmantel behalten. Noch immer hat er Schulterschnallen, ein breites Revers, die typische doppelreihige Knopfreihe und einen Taillengürtel – dieser muss übrigens geknotet und nicht wie ein normaler Gürtel geschlossen werden. Trotzdem ist heute einiges ganz anders. Knöchellang wie das Ursprungsmodell sieht man ihn nur noch selten. Vor allem Frauen lieben den Trench figurbetont, zeigen gerne Bein und tragen den kultigen Mantel knielang oder sogar noch kürzer, bis knapp über den Hintern – also eher als Jacke. Wird der Trenchcoat zugeknöpft und mit eng anliegendem Gürtel getragen, wirkt er sehr feminin. Aber auch offen oder etwas lockerer getragen sieht der Mantel grossartig aus – egal, wie der Körper, den er umhüllt, geformt ist. Im Gegensatz zu den Frauen mögen die Männer den Trenchcoat eher altbewährt, etwas länger, gerader und weniger eng anliegend. Schliesslich wurde er ursprünglich auch für sie entworfen. Und Hollywood sei Dank sehen sie darin heute noch genauso so gut aus wie Bogart damals.
In Stoff und Farbe ist der englische Armeemantel enorm vielseitig geworden. Die Trenchcoatfarbe schlechthin — beige — ist heute nicht mehr typisch. Es gibt ihn in schwarz, weiss, rot, blau, braun, gelb, grau und allen weiteren erdenklichen Farben. Und auch die Stoffe, aus denen er geschneidert wird, sind längst nicht mehr auf wasserfeste Gabardine und Popeline beschränkt. Wollstoffe sorgen für nötige Wärme, Polyester für Glanzeffekte, Leder für Coolness und Baumwolle für Leichtigkeit. Natürlich ist der Trenchcoat von heute nicht mehr in jeder Ausführung allwettertauglich.
Die enorme Vielseitigkeit des Klassikers macht es möglich, dass er der perfekte Begleiter für unzählige Looks ist. Der farbige Baumwolltrench passt zu Jeans und T‑Shirt, ein glänzig schwarzer zu eleganten Röcken an edlen Abenden. Er kann mit Anzügen, Hüten, Sonnenbrillen, Turnschuhen, Ballerinas, High-Heels und Gummistiefel getragen werden. Kurz: Sein klassischer Schnitt passt zu fast allem. Sogar Queen Elisabeth soll ein Modell tragen, wenn sie zur Jagd geht.
Seit über hundert Jahren ist der Trenchcoat nun auf dem Markt. Die Sportlichen, die Schicken, die Modischen und die Lässigen tragen einen und sogar die Queen rennt in diesem Ding durch Wald und Wiese! Wie viele hundert Jahre dauert es wohl noch, bis der Menschheit das Trenchcoattragen verleidet ist?
ensuite, Dezember 2009