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Hitchcock mit ipod und englischem Humor

Von Fabi­enne naegeli — «Dying for Oil, Gods and iPods – An Apoc­a­lyp­tic Com­e­dy» vom Lon­don­er Action The­atre: Ein iPod, mit dem man alle Wahrheit­en der Welt enthüllen kann, und der dem, der ihn besitzt, unglaubliche Macht ver­lei­ht. Wer würde dieses Gerät nicht gerne haben? Roger, ein Koch, der ver­sucht trendi­ges Essen zu zaubern, hat finanzielle Prob­leme und wurde von sein­er Ehe­frau raus­ge­wor­fen. Seine erwach­sene Tochter Amber has­st ihn schreck­lich, und ihr Kind, Baby Pud­ding, liebt er abgöt­tisch. Neben Roger gibt es im neuen Stück vom Action The­atre noch die eso­ter­isch ange­hauchte Judy. Sie ist Kranken­schwest­er, hat einen Garten und find­et, sie müsse ihr lang­weiliges Dasein endlich mal ändern, denn das Leben hat bes­timmt noch mehr zu bieten. Wie bere­its in ein­er ihrer Vorherse­hun­gen angekündigt, kommt eines Tages ein Pro­fes­sor zu Judy und ver­langt von ihr, dass sie ihm einen super viel­seit­i­gen iPod mit wichti­gen Infor­ma­tio­nen auftreiben soll. Im Gegen­zug für diese Leis­tung erhalte sie eine spezielle Orchidee, von der nur noch einige wenige auf der Welt existieren. Für den iPod-Coup muss Judy ihre Iden­tität wech­seln, denn der Pro­fes­sor weiss, dass Roger, der den gesucht­en iPod von sein­er Tochter Amber hat, die ihn wiederum einem Albi­no-Mönch gestohlen hat­te, auf mys­ter­iöse Frauen ste­ht. Judy wird also die glam­ouröse Madeleine, wie aus Hitch­cocks Film «Ver­ti­go». Es war Liebe auf den ersten Blick zwis­chen Madeleine und Roger, als die bei­den sich dann das erste Mal auf der Strasse begeg­neten. Magisch von der schö­nen Frau ange­zo­gen, fol­gt er ihr und ret­tet sie, als sie von der Gold­en Gate Bridge sprin­gen will. Roger und Madeleine beschliessen, sich auf die Suche nach der Ursache ihres Frustes zu machen, und mit Hil­fe des alleskön­nen­den iPods her­auszufind­en, wer der Übeltäter ist, der für den schreck­lichen Zus­tand der Welt grund­sät­zlich ver­ant­wortlich ist. Auf ihrer Aben­teuer­reise wer­den sie mit ver­schiede­nen Ver­schwörungs­the­o­rien wie dem Mord an Mar­i­lyn Mon­roe oder dem Kom­plott des 11. Sep­tem­bers kon­fron­tiert, tre­f­fen auf Fun­da­men­tal­is­ten und ent­deck­en bei Da Vin­ci, dass Jesus eine Frau war. Indem sie den Befehlen des iPods fol­gen, gelan­gen sie nach Ameri­ka. Im Land der Bar­bie-Pup­pen müssen sie mit Kame­len Wüsten durch­queren, Gebirge erklet­tern, wer­den in einem Corn­flakesfeld von Flugzeu­gen beschossen, bleiben beina­he in einem Öltep­pich steck­en und tre­f­fen schliesslich im hohen Nor­den auf berühmt berüchtigte Iko­nen wie Pol Pot, Che Gue­vara und Stal­in. Ver­fol­gt wer­den die bei­den ständig von den Bösewicht­en, dem Pro­fes­sor und dem Albi­no-Mönch, die den welt­machtver­lei­hen­den iPod natür­lich haben möcht­en. Wer­den sie ihn wohl bekom­men, oder siegen am Ende doch die Guten? Über­leben die Anti-Helden Roger und Madeleine ihre gefährlichen Aben­teuer? Was passiert mit Amber und Baby Pud­ding? Wird die Umweltschützerin Judy vielle­icht zu ein­er all­seits vergöt­terten Massen­mörderin? Und wer muss am Ende ster­ben? In der kultig skur­rilen Thrillerkomödie «Dying for Oil, Gods and iPods» des Action The­atre spie­len die bei­den Englän­der Doraine Green und Arne Nannes­tad mit viel Kör­pere­in­satz und Sprach­witz alle Charak­tere. Mit sparsamer Req­ui­siten­ver­wen­dung und viel schwarzem Humor nehmen sie in ihrem tem­por­e­ichen The­ater­stück die mod­erne Poli­tik, enthu­si­astis­che Umweltschützer, sowie Ameri­ka-Has­s­er und all diejeni­gen, die an jed­er Ecke eine Ver­schwörungs­the­o­rie sehen, aufs Korn.

Foto: zVg.
ensuite, Sep­tem­ber 2010

Artikel online veröffentlicht: 16. November 2018