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“Ich gehe keine Kompromisse ein”

Von Sarah Ele­na Schw­erz­mann — Inter­view mit Richard Gere: Mit Fil­men wie «Pret­ty Woman» an der Seite von Julia Roberts oder «Untreu» mit Diane Lane hat Richard Gere das Genre Liebesfilm nach­haltig geprägt. In seinem aktuellen Film «Nights In Rodan­the», der ab Mitte Monat auf DVD erhältlich ist, spielt er einen Chirur­gen, der eine Leben­skrise durch­macht und eine neue Liebe find­et.

ensuite — kul­tur­magazin: Richard Gere, Sie spie­len in «Nights In Rodan­the» wieder ein­mal den Ver­führer. Wird es mit dem Alter schwieriger, diese Rolle zu spie­len?

Gere: Diese Rollen sind sich ja alle sehr ähn­lich und darum würde ich nicht unbe­d­ingt sagen, dass es schwieriger wird, sie zu spie­len. Aber auch wenn ich bere­its seit mehr als dreis­sig Jahren im Filmgeschäft bin und diese Fig­uren mit­tler­weile sehr gut kenne, lerne ich mit jedem Film Neues dazu. Ich bin ein­fach nur sehr über­rascht, dass mich das Pub­likum und die Stu­dios immer noch in dieser Rolle sehen wollen. (lacht)

Sie wer­den dieses Jahr sechzig. Wer­den Sie sich da neu ori­en­tieren?

Das nehme ich mir immer wieder vor. Aber jedes Mal, wenn ich soweit bin, lan­den fünf Drehbüch­er auf meinem Schreibtisch, die ich alle sehr gut finde. Let­ztes Jahr zum Beispiel wollte ich unbe­d­ingt wieder ein­mal etwas anderes drehen, und dann habe ich ein gutes Script nach dem anderen bekom­men. Schlussendlich habe ich alle Filme gedreht. Ich befürchte, ich werde Liebesfilme drehen, bis ich im Roll­stuhl sitze und mich meine Film­flamme herum­schieben muss. (lacht)

Wie reagiert Ihre Fam­i­lie darauf, wenn Sie Film nach Film drehen?

Ich habe mich bei jedem Pro­jekt, das mich inter­essiert hat, mit mein­er Fam­i­lie zusam­menge­set­zt und mit ihnen besprochen, welche Auswirkun­gen das auf unser Fam­i­lien­leben hat. Ich muss und will Rück­sicht auf meine Frau und die Kinder nehmen. Dann habe ich unter der Bedin­gung zuge­sagt, dass ich fre­itags und sam­stags nicht drehen muss, weil mein Sohn dann Base­ball spielt. Und der Regis­seur hat sich darauf ein­ge­lassen.

Sie gehören zu Hol­ly­woods Elite und kön­nen solche Forderun­gen stellen. Waren Ruhm und Geld Ziele, die Sie sich zu Beginn Ihrer Kar­riere vorgenom­men haben?

Nein, so kann man das nicht sagen. Ich habe ein­fach jeden Film gemacht, der mich inter­essiert hat und den ich irgend­wie span­nend fand. Es ist aber auch oft vorgekom­men, dass sich Pro­jek­te ergeben haben, während ich mich auf andere Filme konzen­tri­eren wollte. Vielle­icht hätte ich mir wirk­lich mal Zeit nehmen sollen, meine Kar­riere zu pla­nen. Ander­er­seits ist die Fil­min­dus­trie so unvorherse­hbar, dass es wohl nicht viel genützt hätte. Aber Geld und Ruhm waren für mich nicht die primäre Moti­va­tion.

Sie haben sich in let­zter Zeit ver­mehrt poli­tisch geäussert. Das ist in Hol­ly­wood im Moment sehr ange­sagt.

Davon weiss ich nichts. Ich inter­essiere mich nicht für Poli­tik, weil ich einem Trend fol­gen oder mich bei irgendwem beliebt machen will. Als der Viet­namkrieg 1967/68 seinen Höhep­unkt erre­icht hat­te, habe ich mit meinen Fre­un­den eine Protest­gruppe gegrün­det. Wir waren sehr links­gerichtet, sehr wütend und sehr organ­isiert und wir sind ger­adewegs zum Pen­ta­gon marschiert. Damals kon­nte man mit organ­isierten Protesten noch etwas erre­ichen. Wir waren uns sich­er, dass wir zusam­men die Welt verän­dern kön­nen. Dieses Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl gibt es heute aus irgen­deinem Grund nicht mehr.

Wie Ihre Film­fig­ur Paul sind auch Sie ein­mal nach Zen­tralameri­ka gereist. Wie hat Sie das geprägt?

Nach mein­er Zeit in der Stu­den­ten­be­we­gung hat­te ich bald ein­mal das Gefühl, ich hätte irgend­wie das Ziel vor Augen ver­loren. Also bin ich Anfang der Achtziger­jahre nach Zen­tralameri­ka gereist. Einige der Men­schen, die ich dort getrof­fen habe, haben mir eine neue Art von Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ver­mit­telt und mir beige­bracht, wie man die amerikanis­che Regierung bee­in­flussen kann. Und diese Erfahrung hat mich sehr geprägt und mich in jed­er Hin­sicht zu dem gemacht hat, was ich heute bin.

Haben Sie jemals darüber nachgedacht, sel­ber in die Poli­tik zu gehen?

Nein, daran habe ich kein Inter­esse. Ich bin mir sich­er, dass ich ein sehr schlechter Poli­tik­er wäre. Ich hätte die Energie dafür nicht. Men­schen, die sich in der Poli­tik betäti­gen, müssen sehr geduldig sein und ver­ste­hen, wie man Kom­pro­misse einge­ht. Das ist ihr Leben. Ich kann das nicht.

DVD: «Nights In Rodan­the» (Deutsch: Das Lächeln der Sterne) von George C. Wolfe, mit Richard Gere, Diane Lane, James Fran­co u.a.; ist ab Feb­ru­ar im Han­del erhältlich. Ver­leih: Warn­er Broth­ers Home Video.

Foto: zVg.
ensuite, Feb­ru­ar 2009