Sie kennen „The Hulk“, „Thor“ und vielleicht noch „Captain America“ – wenn sie Menstruationshintergrund haben. Ohne können Sie mir innert ein paar Minuten Dutzende glorreicher Comicfiguren aufzählen. So wie Jarrett Kobek. Mit ihm hatte ich auf der Buchmesse ein sehr intimes Date. Auf der Damentoilette während der Frankfurter Buchmesse. Es gibt sogar ein Foto:
Ich war nach Pipi und Händewaschen nicht in der Laune, mich mit der üblichen Netzbäscherei von Seiten der Holzmedien auszusetzen. Ökonometrisiert wie ich bin, dachte ich mir noch: „Scheissgute PR auf dem Klo“ – was die wohl gekostet hat? (Deshalb dreh ich das Bild auch nicht, mehr Werbung braucht er nicht…)
„Ich hasse dieses Internet“ machte mich sauer. Schliesslich bin ich eine veritable τέχνη-Geek und tummle mich in meiner Freizeit durchaus gerne in Differentialrechnungen. Zudem habe ich allen Hass, alle Kritik, jede Analyse über Algorithmen und Kategoriendenken schon 2007 vorformuliert, publiziert und der öffentlichen Diskussion vorgesetzt mit dem Resultat, dass sich viele Mainstreamjournis verschreckt in ihre Schwachomaten-IQ-Ecke verkrochen. Tja. Es ist noch keinem Menschen gut bekommen, als Prophet zehn Jahre zu früh wichtige Strukturen zu antizipieren und darüber hinaus noch in einem falschen Körper zu stecken. Das überleben nur gutgelaunte Mamas, denen das Glück der Menschen und gutes Essen wichtiger ist als Anerkennung des Faktischen.
Wie dem auch sei: Jetzt ist Jarett Kobek da. Jung, richtiges Geschlecht und Comicfan. Er erzählt am Beispiel von Jack Kirby, dem Erfinder der wichtigsten Comic-Helden, die Geschichte vom Contentprovider für Grosskonzerne. Jack Kirby musste die Rechte an seinen ureigenen Erfindungen an einen Grosskonzern abtreten. Dreimal dürfen Sie raten, wie der damals hiess. Und genau wie Kirby sind nun Sie und ich Contentsklaven für die amerikanischen Grosskonzerne wie Google, Facebook, Amazon, airbn, UBER, etc.
„Die Geschäftspraktiken der amerikanischen Comicbranche haben das gesamte 21. Jahrhundert durchdrungen. Sie sind die Pfeife, nach der wir alle tanzen. Das Internet und die multinationalen Konzerne, die es beherrschen, haben alle Menschen zum schlimmstmöglichen Schicksal verdammt. Wir sind nicht mehr als Comicautoren, wir produzieren in einem fort Inhalte für gewaltige Konzerne, die sich weigern, uns für unsere Arbeit zu bezahlen.“ (Zitat: welt.de, 17.10.2017)
Contentsklaven – das nehme ich einfach mal mit. Auch die Wut als frucht- und furchtbare Energie zur Veränderung. Doch nein: An der Buchmesse hab ich weder den Autoren gesehen noch das Buch gelesen und trotzdem schreib ich hier über beides. Ich bin bei weitem nicht die einzige, so dass sich der Verdacht aufdrängt, das Jarett Kobek „dieses Internet“ gar nicht hasst, sondern nur viel besser zu nutzen weiss als alle Geeks, die statt von Scheisse noch von Demokratie träumen.