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Jugend im Aufbruch, zwischen Spiesserhölle und schwarzem Loch

Von Anne-Sophie Scholl - Mit der Ausstel­lung «Kurz­er Som­mer, lange Wirkung» über die Jugend­be­we­gun­gen rund um den Som­mer 68 feiert das Bern­er Ausstel­lungs­büro Palma3 im deutschen Frank­furt seinen bish­er grössten Erfolg: Die Ausstel­lung im His­torischen Muse­um in Frank­furt am Main ist die bedeu­tend­ste Ausstel­lung zu dem The­ma im deutschsprachi­gen Raum. Sie ist auch die einzige, die ver­sucht, die Bewe­gung in einen his­torischen Diskurs einzuord­nen. Ursprünglich bis August geplant, wird die Show bis in den Novem­ber hinein ver­längert. Ein Gespräch mit dem His­torik­er Andreas Schwab, der das Ausstel­lung­spro­jekt mit der Ger­man­istin und The­ater­wis­senschaft­lerin Beate Schap­pach ini­ti­iert und in Zusam­me­nar­beit mit dem His­torischen Muse­um Frank­furt real­isiert hat.

Die Ausstel­lung wird bis zum 2. Novem­ber ver­längert, eine schöne Nachricht. Wie hast Du das Echo auf die Ausstel­lung ins­ge­samt erlebt?

Das Medi­ene­cho war beson­ders zu Beginn der Ausstel­lung sehr gross. Nur wenige Wochen nach Eröff­nung hat­ten wir bere­its eine dicke Mappe mit Presse­bericht­en, was uns sehr gefreut hat, da es natür­lich auch eine Bestä­ti­gung unser­er Arbeit bedeutet.

Was hat bei den Medi­en Inter­esse oder Aufmerk­samkeit geweckt?

Im All­ge­meinen wurde die Ausstel­lung sehr pos­i­tiv aufgenom­men. Beson­ders die raum­fül­lende Videoin­stal­la­tion im Ein­gangs­bere­ich, ein fik­tives, nach The­men zusam­mengeschnittenes Gespräch zwis­chen Zeitzeu­gen, hat sehr gefall­en. Andere haben unsere sozialgeschichtliche Wer­tung her­vorge­hoben. Wir haben keine Chronolo­gie der Ereignisse erstellt, son­dern ver­schiedene gesellschaft­srel­e­vante The­men­felder her­aus­gear­beit­et. Im Umgang zwis­chen den Geschlechtern beispiel­sweise oder in erzieherischen Fra­gen hat die 68er-Bewe­gung eine lange Wirkung ent­fal­tet.

Wie ist die Idee ent­standen, eine Ausstel­lung über das The­ma der 68er-Bewe­gung zu machen?

Die Idee ent­stand bere­its vor zehn Jahren. Noch Stu­dent, besuchte ich an der Uni­ver­sität Bern ein Sem­i­nar über die 68er-Bewe­gung. Das The­ma hat mich gepackt. Später forschte ich im Rah­men mein­er Dis­ser­ta­tion über alter­na­tive Bewe­gun­gen auf dem Monte Ver­ità bei Ascona, dem Sitz ein­er leben­sre­formerischen Kün­stler- und Aussteigerkolonie, die 1900 gegrün­det wor­den war. Dabei habe ich ent­deckt, wie das Inter­esse an alter­na­tiv­en Bewe­gun­gen und dem Monte Ver­ità ger­ade in den 1970er Jahren wieder erwacht ist. Als sich das 40-jährige Jubiläum der 68er-Bewe­gung abzuze­ich­nen begann, habe ich ein Ausstel­lungskonzept geschrieben und dieses ver­schiede­nen Häusern vorgestellt. 

Was ist für Dich das Faszinierende an der 68er-Bewe­gung?

Mich hat immer das Span­nungs­feld zwis­chen den pos­i­tiv­en Auf­brüchen der dama­li­gen Jugend und den nicht immer gelun­genen Aus­führun­gen der Ideen inter­essiert. Natür­lich bedeutet die Auseinan­der­set­zung mit dieser Zeit aber auch eine Stan­dortbes­tim­mung für uns selb­st: Ein­er­seits zehren wir von der 68-Bewe­gung, ander­er­seits gren­zen wir uns auch ab, da wir ja ein­er neuen Gen­er­a­tion zuge­hören.

Was hat die 68er-Bewe­gung bewirkt?

Unsere Ausstel­lung stellt die These auf, dass die 68er-Bewe­gung vielfältige Auswirkun­gen in ver­schieden­sten Bere­ichen gehabt hat. Nicht unbe­d­ingt in der Poli­tik, die meis­ten der poli­tis­chen Forderun­gen wur­den nicht real­isiert: Der Sozial­is­mus hat sich in Europa nicht etabliert, der Dritte Weg wurde nicht umge­set­zt. Geän­dert haben sich aber die Umgangs­for­men: Das Ver­hält­nis zwis­chen den Geschlechtern hat sich gewan­delt, neue Wohn­for­men in Wohnge­mein­schaften haben sich etabliert, Homo­sex­uellen wer­den Rechte zuge­sprochen, alter­na­tive Betriebe sind ent­standen. Die 68er haben eine Plu­ral­isierung der Lebensstile bewirkt, was sich zugle­ich pos­i­tiv und neg­a­tiv auswirkt. So ist mit der grösseren Zahl von Möglichkeit­en das Leben unsicher­er gewor­den, da gle­ichzeit­ig gewisse Bindun­gen weg­fall­en. Die ökonomis­che Unsicher­heit hat sich beispiel­sweise ver­stärkt.

Gibt es Forderun­gen der 68er, die heute noch aktuell sind?

Der gesellschaftliche Diskurs hat sich sehr stark gewan­delt. Aus­gangspunkt der dama­li­gen Diskus­sio­nen war die Wohl­stands­ge­sellschaft. Im 1968 gegrün­de­ten Denk­fo­rum «Club of Rome» beispiel­sweise sprach man von den Gren­zen des Wach­s­tums, von der Angst vor dem über­bor­den­den Kap­i­tal­is­mus. Heute sind diese The­men teil­weise immer noch aktuell, es stellen sich aber auch dif­feren­ziert­ere Fra­gen. Die Sorge um das eigene Woh­lerge­hen ist ein gross­es The­ma oder die Frage, wie sich die west­liche Gesellschaft im 21. Jahrhun­dert behaupten kann. Heute geht es eher darum, wie man das Leben lebenswert erhält, oder darum, die geschaf­fe­nen Freiräume zu vertei­di­gen.

Wie ste­ht es um die gesellschaft­spoli­tis­che Diskus­sion, die die 68er-Bewe­gung aufge­wor­fen hat?

Diese Diskus­sion ist abge­flacht. Heute ist die Junge SVP viel dynamis­ch­er als alle linken Jung-Parteien. Der Diskurs der Weltverbesserung und die Empathie, die in den 1970erund 80er-Jahren noch sehr aus­geprägt war, haben sich heute weit­ge­hend ver­flüchtigt und auf eine indi­vidu­elle Ebene ver­lagert.

Wie seid Ihr zu der Idee gekom­men, die Ausstel­lung in Frank­furt zu real­isieren?

In der Schweiz haben wir ver­schiedene Insti­tu­tio­nen ange­fragt. Über ein vorherge­hen­des Ausstel­lung­spro­jekt besass ich einen Kon­takt zu Jür­gen Ger­chow, dem Direk­tor des His­torischen Muse­ums Frank­furt. Wir wur­den nach Frank­furt ein­ge­laden, haben unser Konzept ihm und den Kura­toren des His­torischen Muse­ums vorgestellt. Sehr schnell haben sie uns eine Zusage erteilt: «Wir machen zusam­men die Ausstel­lung.»

Das His­torische Muse­um Frank­furt hat schneller reagiert als Schweiz­er Insti­tu­tio­nen. Kann man sagen, dass 68 in Deutsch­land ein grösseres The­ma ist als in der Schweiz?

68 ist in Deutsch­land ein gross­es The­ma. Die Diskus­sio­nen um die Jugend­be­we­gung wur­den sehr bre­it geführt, wobei ein beson­der­er Fokus auf die Gewalt­frage rund um die RAF gerichtet wurde. Andere Diskus­sio­nen kreisen um die von den 68ern ini­ti­ierte Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung im Zusam­men­hang mit dem Nation­al­sozial­is­mus oder um die Berlin­er Kom­mune 1 und Uschi Ober­meier. Auf diesen existieren­den Diskurs kon­nten wir zurück­greifen und uns posi­tion­ieren. In der Schweiz wäre die Aus­gangslage anders gewe­sen. Die his­torische Aufar­beitung der 68er-Bewe­gung hat hier ger­ade erst begonnen.

Die RAF habt Ihr als «schwarzes Loch», als irregeleit­ete Weit­er­en­twick­lung der 68er im The­men­feld der poli­tis­chen Aktions­for­men the­ma­tisiert. Hat die 68er-Bewe­gung, abge­se­hen von der RAF, in Deutsch­land eine bre­it­ere oder tief­ere gesellschaftliche Wirkung ent­fal­tet?

Die Jugend­be­we­gung war in Deutsch­land anders als in der Schweiz, was sich aus den unter­schiedlichen his­torischen Erfahrun­gen her­leit­en lässt. Mit dem Nation­al­sozial­is­mus hat­te in Deutsch­land eine ganze Gesellschaft ver­sagt. Die Schweiz hinge­gen hat­te durch die Geistige Lan­desvertei­di­gung ihr pos­i­tives Selb­st­bild weit­ge­hend bewahrt, obschon die Linke dieses Selb­st­bild auch angekratzt hat und Inkon­gruen­zen aufgedeckt wur­den. Die Eliten in der Schweiz waren nicht gle­icher­massen diskred­i­tiert wie in Deutsch­land. Aus diesem Grund wurde der in Deutsch­land sehr harte Diskurs in der Schweiz in abgeschwächter Form geführt. 

Wie seid Ihr konkret vorge­gan­gen, sobald Ihr die Zusage des Muse­ums in Frank­furt erhal­ten hat­tet?

In ein­er ersten Phase haben wir das Konzept ver­fein­ert und die Rau­maufteilung erar­beit­et. In dieser Konzept­phase haben wir auch erste Kon­tak­te mit Lei­hge­bern hergestellt. Während der nach­fol­gen­den Phase haben wir in ver­schiede­nen öffentlichen und teil­weise pri­vat­en Archiv­en in Berlin, Ham­burg, München und weit­eren deutschen Städten recher­chiert und etwa dreis­sig Gespräche mit Zeitzeu­gen geführt. In dieser hochin­ten­siv­en Phase wurde Mate­r­i­al gesam­melt: Rund 1500 Ausstel­lung­sob­jek­te sind in unser­er Daten­bank klas­si­fiziert. Während der let­zten Phase haben wir gemein­sam mit dem Gestal­tungs­büro Umset­zungsideen gesucht, haben Mate­r­i­al aus­gewählt und dem Konzept den let­zten Schliff gegeben. Die gesamte Vor­bere­itungszeit nahm zwei Jahre in Anspruch. Zeitver­schoben haben wir daneben den Ausstel­lungskat­a­log erar­beit­et.

Welch­es war für Euch die span­nend­ste Arbeit?

Sehr inter­es­sant waren die Gespräche mit den Zeitzeu­gen. Wir haben viele zeit­geschichtlich bedeu­tende Per­so­n­en wie Klaus Theweleit, Gün­ther Amendt, Sil­via Boven­schen oder die Fotografin Bar­bara Klemm getrof­fen, haben gese­hen wie sie leben, haben Ein­blick in ihre Woh­nun­gen erhal­ten. Ihre präzisen Aus­sagen und ihr Selb­st­d­if­feren­zierungsver­mö­gen, das dur­chaus Selb­stkri­tik ein­schliessen kon­nte, haben uns beein­druckt. 

Wie habt Ihr die Zusam­me­nar­beit mit den Zeitzeu­gen erlebt?

Ins­ge­samt war die Zusam­me­nar­beit gut. Natür­lich gab es häu­fig auch die Reak­tion: «Das fehlt, jenes ist nicht präzise». Manche haben nicht abstrahiert, was eine his­torische Ausstel­lung erbrin­gen kann und was sie nicht kann. Eine Ausstel­lung kann die dama­li­gen Emo­tio­nen nur gefiltert aufleben lassen, sie schafft es nicht, das dama­lige Lebens­ge­fühl eins zu eins zu ver­mit­teln. Es wäre aber auch ver­fehlt, diesen Anspruch an eine solche Ausstel­lung zu stellen.

Was waren die Schwierigkeit­en bei den Recherchen zu der Ausstel­lung?

Die Koor­di­na­tion auf den fest­ge­set­zten Ter­min hin bedeutete einen riesi­gen logis­tis­chen Aufwand. Wir waren eine grosse, het­ero­gene Gruppe, standen in Kon­takt mit Filmemach­ern, Gestal­tern, Mitar­bei­t­en­den des His­torischen Muse­ums, aber auch mit Lei­hgeben­den und weit­ere Kon­tak­t­per­so­n­en. Die Abstim­mung der unter­schiedlichen Inter­essen war anspruchsvoll, gle­ichzeit­ig war es aber auch eine enorm bere­ich­ernde Arbeit.

Seid Ihr während Euren Recherchen zu neuen, über­raschen­den Erken­nt­nis­sen gekom­men?

Wir haben natür­lich einen Lern­prozess gemacht. Zum Beispiel zeigen wir in der Ausstel­lung ein Bild, auf dem Studierende die Polizei mit dem Hit­ler­gruss emp­fan­gen. Erst mit der Zeit kon­nten wir dieses Bild richtig einord­nen, haben real­isiert, dass die Szene eine Pro­voka­tion darstellt und eine Form der Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung illus­tri­ert. Auch erst im Lauf der Zeit haben wir ent­deckt, dass die 68erBewegung in München anders, näm­lich viel spielerisch­er war als in Frank­furt und Berlin. Wir haben viele kleine Ent­deck­un­gen gemacht, von denen wir zuvor nichts gewusst hat­ten. 

Was zeich­net das For­mat Ausstel­lung aus?

Eine Ausstel­lung ist kein drei­di­men­sion­al aus­ge­bre­it­etes Buch, son­dern ein eigenes Medi­um. Sie ist viel weniger lin­ear als ein Text. In ein­er Ausstel­lung kann man Sachver­halte gegen­schnei­den, kann assozia­tive Verbindun­gen machen. So haben wir in Frank­furt beispiel­sweise Bilder­wel­ten der «Spiesser­hölle» insze­niert und diese den einzel­nen The­men, die die 68er aufge­wor­fen haben, gegenübergestellt. Eine Ausstel­lung lebt auch stark von Orig­i­nalob­jek­ten und von deren Aura.

Wie kommt Ihr zu Euren Ausstel­lungsideen?

Als freis­chaf­fend­es Ausstel­lungs­büro arbeit­et man oft auf Jubiläen hin, wie jet­zt bei der Ausstel­lung zum 40-jähri­gen Jubiläum der 68er-Bewe­gung. Oder man reagiert auf Auss­chrei­bun­gen. Manch­mal wirft jemand eine Idee auf und diese entwick­elt sich, oder ein Vorschlag wird von aussen an uns herange­tra­gen. Die Ausstel­lungsideen entste­hen auf unter­schiedlich­ste Weise. Wir ver­ste­hen uns sehr stark als Net­zw­erk, beacht­en die Ideen und Inter­essen der Mit­glieder von Palma3 und klären ab, was real­isier­bar ist.

Wie sieht die Zukun­ft von Palma3 aus? Arbeit­et Ihr an einem neuen Pro­jekt?

Im Moment bere­it­en wir eine Ausstel­lung zum 50. Todestag des Schweiz­er Schrift­stellers und Pub­lizis­ten C. A. Loosli vor und wer­den diese näch­sten Früh­ling in der Nation­al­bib­lio­thek in Bern zeigen. Weit­ere Ideen arbeit­en wir aus. Zurzeit über­legen wir auch, Palma3 als Plat­tform für Wis­sensver­mit­tlung über die Ausstel­lungs­macherei hin­aus zu öff­nen und Umset­zun­gen in anderen Medi­en an- und weit­erzu­denken. 

Wie wird man Ausstel­lungs­mach­er?

Indem man Ausstel­lun­gen macht, also ein­fach ein­mal anfängt, eine Idee umset­zt und ver­sucht, diese zu real­isieren. Man lernt am meis­ten aus den eige­nen Erfahrun­gen.

Mit welchen Schwierigkeit­en ist man als freis­chaf­fend­er Ausstel­lungs­mach­er kon­fron­tiert?

Kurz zusam­menge­fasst: Raum und Geld. Man muss Räum­lichkeit­en find­en, in denen man seine Ausstel­lung zeigen kann und ste­ht so ständig mit Insti­tu­tio­nen in Ver­hand­lung. Auch sind Ausstel­lun­gen ein teures Medi­um und man ist darauf angewiesen, für die Real­isierung die nöti­gen finanziellen Mit­tel zu find­en.

Welche The­men zieht Ihr grund­sät­zlich für Eure Ausstel­lun­gen in Betra­cht?

«Geschichte, Kul­tur, Gesellschaft» führen wir in unserem Unter­la­bel als The­men­spek­tren an: Wir suchen The­men, die einen Gegen­warts­bezug haben und, dur­chaus in his­torischem Zusam­men­hang, etwas über unsere heutige Gesellschaft, unsere Kul­tur und unser Zusam­men­leben aus­sagen. Wir ver­suchen, diese The­men auf eine neue, pfif­fige, witzige, vielle­icht auch selb­stre­flex­ive Art unter die Leute zu brin­gen. Dabei wollen wir keine Abbil­dun­gen machen, son­dern gewisse Posi­tio­nen und Ein­stel­lun­gen hin­ter­fra­gen, seien dies nun Schön­heits- und Kör­perkulte, die 68er-Bewe­gung oder Ver­ant­wor­tung in der Wis­senschaft. In jedem The­ma kann man mit diesem Zugang arbeit­en.

Palma3 — Ausstellungen zu Geschichte, Kultur und Gesellschaft

Das Austel­lungskollek­tiv Palma3 entwick­elt und real­isiert Ausstel­lun­gen zu gesellschaft­skul­turellen The­men. Palma3 beste­ht aus einem Kern­team mit derzeit sechs Mit­gliedern, die bei einzel­nen Pro­jek­ten mit exter­nen Part­nern zusam­me­nar­beit­en und sich dem Pro­jekt entsprechend je neu disponieren.

Die erste Ausstel­lung hat Palma3 2003 im Forum Schloss­platz in Aarau real­isiert: «Fit­ness. Schön­heit kommt von aussen.» Die Ausstel­lung wurde in Deutsch­land in Berlin, Bochum und Hilden gezeigt. Es fol­gten 2005 die Ausstel­lung «Hirn­sturm. Ein Kabi­nett ver­we­gen­er Forsch­er in Bern und Kiel (D) über Ver­ant­wor­tung in der Wis­senschaft» und 2006 «Edith liebt ihn in Bern» zum 50. Todestag von Robert Walser. 2008 real­isierte Palma3 die Ausstel­lung «Die 68er. Kurz­er Som­mer — lange Wirkung» im his­torischen Muse­um in Frank­furt am Main (D).

www.palma3.ch

Die 68er. Kurzer Sommer — lange Wirkung

Die Ausstel­lung im His­torischen Muse­um Frank­furt sucht den his­torischen Blick auf die Stu­den­te­nun­ruhen im Deutsch­land der 1960er und 70er Jahre. Aus­gangspunkt ist eine raum­fül­lende Videoin­stal­la­tion: Im virtuellen Gespräch reflek­tieren Zeitzeug­in­nen und Zeitzeu­gen aus heutiger Sicht dama­lige Ereignisse, Träume und Frus­tra­tio­nen. Den sub­jek­tiv­en, teils wider­sprüch­lichen Erin­nerun­gen gegenübergestellt, bietet die nach­fol­gende Insze­nierung eine konzeptuell überzeu­gende Einord­nung des Auf­bruchs der 68er. Von Bilder­wel­ten der «Spiesser­hölle» der 1950er Jahre aus­ge­hend, öff­nen sich die sieben The­men­räume Bil­dung und Erziehung, Wohn­for­men, Geschlechter­rollen, Auseinan­der­set­zung mit der nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­gan­gen­heit, Selb­stver­wal­tungskonzepte, Aktions­for­men und Lebensstile. Die The­men brin­gen den Gestal­tungsraum, den die Bewe­gung im gesellschaftlichen Selb­stver­ständ­nis eröffnet hat, zum Aus­druck. Zugle­ich schliessen sie den Blick auf interne Wider­sprüche und Brüche. Auf die glob­ale Dimen­sion des Auf­bruchs ver­weist ein kapel­lenar­tig ein­gerichteter Neben­raum mit den zu Iko­nen stil­isierten Fig­uren Che Gue­vara, Ho Chi Minh und Mao Tse-tung.

Gross­for­matige Fotografien, Medi­en­sta­tio­nen, zahlre­iche Objek­te, Musik und Mode lassen die rev­o­lu­tionäre Sprengkraft und Lebens­freude der Bewe­gung spür­bar wer­den. Die Ausstel­lung macht deut­lich: 68 hat vor allem einen tief­greifend­en kul­turellen Wan­del aus­gelöst. Sou­verän verortet das junge Schweiz­er Ausstel­lungskollek­tiv Palma3 die emo­tion­al beset­zten Ereignisse in his­torischen Denkkat­e­gorien.

Bild: Anti-Viet­namkrieg-Demon­stra­tion, Wit­ten­berg­platz, 21. Okto­ber 1967. Lan­desarchiv Berlin.
ensuite, August 2008

Artikel online veröffentlicht: 10. November 2017