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Kontraproduktiver Eingriff

Von Lukas Vogel­sang — Das Medi­en­ster­ben oder die Medi­enkrise kam nicht mit der Dig­i­tal­isierung an sich – son­dern damit, dass die Kleinanzeigen, die Immo­bilien- und Stel­lenin­ser­ate ins Inter­net abwan­derten. Deswe­gen haben die Grosskonz­erne sich dazu entsch­ieden, diese Mark­t­felder für sich zurück­zuer­obern. Man fragt sich ja, was die Medi­en­grossis­ten mit diesen dig­i­tal­en Geschäften vorhaben, ist es doch vom jour­nal­is­tis­chen Beruf etwas weit­er ent­fer­nt. Wenn also Kündi­gun­gen im jour­nal­is­tis­chen Bere­ich aus­ge­sprochen wer­den, ist die Empörung gross, vor allem wenn daneben in den Geschäfts­bericht­en die hohen dig­i­tal­en Investi­tion­sop­er­a­tio­nen ver­glichen wer­den. Nie­mand empört sich allerd­ings darüber, dass eben weniger Inser­ate geschal­tet wer­den, dass weniger Abos gekauft wer­den, dass die LeserIn­nen im Inter­net nur noch Häp­pchen­jour­nal­is­mus kon­sum­ieren, nicht sich aber mit den effek­tiv­en Medi­en­in­hal­ten auseinan­der­set­zen wollen. Wir, und damit meine ich die Gesellschaft, unsere Kul­tur, wer­fen für unsere indi­vidu­ellen Bedürfnisse die vierte Gewalt zum Fen­ster raus.

Im Inter­net sind zwei Funk­tio­nen wichtig: E‑Mails und Daten­banken. Ich bin noch immer etwas erstaunt, dass bei den E‑Mails die Pro­gramme angesichts der heuti­gen Möglichkeit­en rel­a­tiv beschränkt aus­fall­en. Bei den Daten­banken allerd­ings sind keine Gren­zen mehr geset­zt. Hier wir alles gesam­melt und struk­turi­ert – was auch in den meis­ten Fällen Sinn ergibt. Die dig­i­tale Welt wäre nicht da, wo wir jet­zt ste­hen, wenn es keine Daten­banken gäbe.

In Bezug auf Medi­en und Kul­tur kommt jet­zt aber eine eige­nar­tige Kom­po­nente ins Spiel: Die öffentliche Hand, vor allem in Städten, bauen sel­ber Daten­banken und stellen deren Inhalt gratis zur Ver­fü­gung. Das klingt im ersten Moment nett. Wer aber genauer hin­sieht merkt, dass damit, zum Beispiel bei den Kul­turme­di­en, die Ver­anstal­tungskalen­der ver­schwinden oder eben von der öffentlichen Hand stre­it­ig gemacht wer­den. Es ist eine der let­zten Ein­nah­me­quellen von Kul­turme­di­en, die damit abgewürgt wird. Im Gegen­zug fordern die Kul­turver­anstal­terIn­nen und Kul­tur­pro­duzentIn­nen aber mehr Berichter­stat­tung – ein Gegen­satz, der über­haupt nicht zusam­men­passt. Denn: Anzeigen von Kul­tur- oder Kun­stver­anstal­terIn­nen wer­den auch kaum noch gebucht.

Wie soll das enden? Es ist aus­gerech­net die lib­erale Hal­tung von Staat und Kul­turver­anstal­terIn­nen, welche definieren, dass der Markt entschei­den müsse. Sind wir also alle schon so mark­tverblendet, dass wir nicht mehr ein­se­hen, dass unsere Ein­griffe immer Kon­se­quen­zen haben, die wir vielle­icht bess­er vorher analysieren wür­den? …

Es ist immer unser aller Ver­ant­wor­tung. Und zwar alles, was wir tun, entschei­den, unter­lassen oder bewirken. Es geht um das Gle­ichgewicht.

Artikel online veröffentlicht: 4. Februar 2019 – aktualisiert am 27. Februar 2019