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Kunst + Therapie = Kunsttherapie

Von Bar­bara Neugel — So ein­fach ist es natür­lich nicht, dass man sagen kann, dass Kun­st und Ther­a­pie zusam­men Kun­st­ther­a­pie ergeben. Da steckt schon viel mehr dahin­ter. In der Schweiz gibt es zurzeit einige wenige Aus- beziehungsweise Weit­er­bil­dun­gen, die sich mit Ther­a­pie und ver­schiede­nen Arten von Kun­st – sei es Malen, Arbeit­en mit Ton usw. – auseinan­der­set­zen. Diese Aus­bil­dun­gen führen zu nicht anerkan­nten Abschlüssen. Dies wird sich nun ab Win­terse­mes­ter 2009 ändern. Am 31. August 2009 startet in Zürich die erste Weit­er­bil­dung in Kun­st­ther­a­pie mit anerkan­ntem Mas­ter-Abschluss. Ange­boten wird diese Aus­bil­dung vom Insti­tut für Ange­wandte Psy­cholo­gie IAP (das zur Zürcher Hochschule für Ange­wandte Wis­senschaften gehört) in Zusam­me­nar­beit mit der ZHdK, der Zürcher Hochschule der Kün­ste.

Am Anfang stand, wie Sabine Ihle, Psychologin/Kunsttherapeutin und Mit­glied der Stu­di­en­leitung, sagt, die Vision, eine anerkan­nte Aus­bil­dung in Kun­st­ther­a­pie anzu­bi­eten, die stark kun­st­basiert ist – im Gegen­satz zu den anderen, bere­its beste­hen­den Aus­bil­dun­gen, die nicht anerkan­nt und eher heilpäd­a­gogisch oder pflegerisch aus­gerichtet sind. Das IAP schien dafür und für den psy­chol­o­gis­chen Teil eine gute Säule zu sein. Die Inter­essen gin­gen von da aus in Rich­tung Koop­er­a­tion mit der ZHdK, zu den Dozieren­den in bilden­der Kun­st und Kul­tur­the­o­rie. Von der Ebene der Dozieren­den ver­schob sich die Angele­gen­heit auf die Ebene der Direk­tio­nen der bei­den Insti­tu­tio­nen, wo schliesslich auch der Entscheid zur Durch­führung des Auf­baus­tu­di­en­gangs gefällt wurde. Dieser Stu­di­en­gang wen­det sich an Psy­chologIn­nen, ÄrztIn­nen und Per­so­n­en mit kün­st­lerisch­er Aus­bil­dung (min­destens Stufe Bach­e­lor oder äquiv­a­lente Aus­bil­dung). Bewer­bun­gen von Fach­per­so­n­en aus ver­wandten Beruf­s­grup­pen wer­den geprüft. Dieser Auf­baus­tu­di­en­gang zieht also Leute an, die bere­its im Beruf ste­hen und eine eigene Beruf­si­den­tität aufge­baut haben. Gemäss den Angaben von Sabine Ihle wird es sehr unter­schiedlich sein, was die Studieren­den aus diesem Studi­um für sich her­ausziehen. Auch der jew­eilige Anwen­dungs­bere­ich wird sehr unter­schiedlich sein. Der Stu­di­en­gang ist mod­u­lar aufge­baut und bein­hal­tet Kun­st-Prax­is und Kun­st-The­o­rie, Psy­chol­o­gis­che The­o­rie, Psy­chopatholo­gie, Ther­a­pie-Prax­is, Ther­a­pie-The­o­rie sowie Super­vi­sion in der Gruppe, Selb­ster­fahrung in der Gruppe, ein Prak­tikum (250 Stun­den) und die Mas­terthe­sis (total 90 ECTS-Punk­te). Hinzu kom­men Super­vi­sion und Selb­ster­fahrung einzeln, pro Jahr eine Prax­is-Exkur­sion in eine aus­gewählte Insti­tu­tion mit kun­st­ther­a­peutis­chem Ange­bot. Die Weit­er­bil­dung ist als drei­jähriges Teilzeit­studi­um aufge­baut mit einem fes­ten Stu­di­en­tag pro Woche und zwei Block­ver­anstal­tun­gen pro Semes­ter. Die Unter­richts­dat­en richt­en sich weit­ge­hend nach dem Zürcher Schul­ka­len­der. Dadurch sollte sich die Aus­bil­dung in die Beruf­stätigkeit und/oder ins Fam­i­lien­leben inte­gri­eren lassen. Genaue Angaben enthält das «Detail­pro­gramm Mas­ter of Advanced Stud­ies ZFH in Kun­st­ther­a­pie» (Webadresse und Tele­fon­num­mer siehe unten).

Sabine Ihle führt aus, dass in dieser Aus­bil­dung inhaltlich sowohl Kun­st als auch Psy­cholo­gie ver­mit­telt wer­den, dass die prak­tis­che kün­st­lerische Arbeit, das eigene kün­st­lerische Gestal­ten, wichtig ist, und dass das Wis­sen indi­vidu­ell angewen­det wer­den kann. Die Mod­ule sind für alle die gle­ichen, aber die Begleitung wird sehr unter­schiedlich und indi­vidu­ell sein. Alle Mod­ule müssen absolviert, alle Prü­fun­gen müssen abgelegt wer­den. Aber den­noch sind inhaltlich rel­a­tiv grosse Frei­heit­en gegeben. Ein weit­er­er Punkt, der gemäss Sabine Ihle wichtig ist, ist dass man von den soge­nan­nten «Schulen» in der Psy­cholo­gie (beispiel­sweise Freud, Jung usw.) wegge­hen und mehr auf die Wirkung hin arbeit­en möchte. Der Mas­ter­stu­di­en­gang ist also nicht an eine Schule angelehnt, son­dern es ist eine schulüber­greifende Aus­bil­dung, und das ist – gemäss Ihle – ein Novum für die Schweiz. Der kün­st­lerische Prozess und die Wirkung vom Anre­gen solch­er Prozesse bei Pati­entIn­nen sind wichtig. Das schöpferische Poten­zial ste­ht im Zen­trum. Die Ther­a­pie ist patien­ten­zen­tri­ert – ihre Vor­lieben, das, was sie gut kön­nen, das, was sie neu anfan­gen möcht­en, ste­hen im Mit­telpunkt.

Auf der Seite der Dozieren­den ste­hen Namen wie Bar­bara Hochstrass­er, Dr. med. FMH für Psy­chi­a­trie und Psy­chother­a­pie, Gesa Ziemer, Prof. im Bere­ich Kul­tur­the­o­rie und Ästhetik, Georg Franzen, Dr. phil. Fach­psy­chologe für Klin­is­che Psy­chother­a­pie, Pip­i­lot­ti Rist, Kün­st­lerin, u.a.m. Nach fünf Jahren inten­siv­er Vor­bere­itungszeit ist etwas Neues in der Schweiz­er Bil­dungs­land­schaft ent­standen, das auch zur Qual­itätssicherung des Beruf­s­stands der Kun­st­ther­a­pie beitra­gen wird. Es ist ein anspruchsvolles und inter­es­santes Studi­um, in dem viel Neues gel­ernt und erfahren wer­den kann, das aber auch fordert, sich mit sich sel­ber und den eige­nen Erfahrun­gen sowie mit den eige­nen Fähigkeit­en des kün­st­lerischen Gestal­tens auseinan­derzuset­zen.

Infor­ma­tionsver­anstal­tung: Mon­tag, 11. Mai, IAP
Info: www.iap.zhaw.ch

Bild: Pip­i­lot­ti Rist «Sip my Ocean», 1996 (Videoin­stal­la­tion)
ensuite, April 2009

Artikel online veröffentlicht: 10. August 2018 – aktualisiert am 28. Januar 2019