Von Barbara Neugel — Susanne Daeppen, die frei schaffende Tanzpädagogin und Performerin aus Biel mit eigener Tanzwerkstatt, hat ihre Ausbildung in der Schweiz begonnen. Ihr Ausbildungsweg führte sie nach New York und Japan – beides wichtige Stationen in ihrem Leben. Heute unterrichtet sie in Biel, Bern und Basel und gibt Performances und Workshops im In- und Ausland. Tanz ist ihr Leben. Tanz ist ihr Terrain.
Nun hat Susanne Daeppen für kurze Zeit ihr Terrain zeitweilig verlassen und Neuland betreten. Sie hat über die letzten 15 Jahre ihrer Arbeit ein Buch geschrieben. «Dieses Buch war ein neues Terrain. Es war ein spannendes Erlebnis. Mit dem Buch schliesst sich ein Kreis,» stellt Daeppen fest.
Anfang 80er-Jahre hatte Susanne Daeppen in der Schweiz zum ersten Mal Gelegenheit, die Aufführung einer international bekannten asiatischen Tanztruppe zu sehen. Es war die «Ariadonne»-Kompanie, heute eine der international bekanntesten reinen Frauengruppen des Butoh. Susanne Daeppen war fasziniert von der Exotik und der Kraft, die von dieser Kompanie ausging. In Paris besuchte Daeppen die Aufführung einer Männer-Butoh-Kompanie. Und während ihrer Ausbildungszeit in New York, von 1986 bis 1988, tauchte sie ein in die Vielfalt der Kulturen dieser Stadt. Sie hatte die Gelegenheit, sich mit der japanischen Kultur in all ihren Facetten auseinanderzusetzen. Susanne Daeppen konnte japanische Tänzerinnen und Tänzer sehen und mit ihnen in Kontakt kommen, beispielsweise mit Eiko und Koma. Und sie wusste: Mit Eiko und Koma wollte sie arbeiten. Die Zusammenarbeit kam zu Stande. Und während dieser Arbeit hörte sie vom grossen Butoh-Meister Kazuo Ohno. Ohno zeigte in New York sein Werk «Waterlilies» – für Susanne Daeppen ein bewegendes Erlebnis. Von Eiko und Koma wusste sie, dass es noch möglich war, in Japan bei Ohno trotz seines hohen Alters Unterricht zu nehmen. Susanne Daeppen sah da ihre grosse Chance, und die wollte sie wahrnehmen und Butoh in seinem Ursprung kennenlernen.
Ausführlich beschreibt Susanne Daeppen den Weg, den sie gegangen ist in ihrem Buch, das im Oktober letzten Jahres erschienen ist. Es ist ein informatives und inspirierendes Buch, sehr persönlich und offen, sehr bewegend. Es zeichnet den Weg nach, den Susanne Daeppen gegangen ist auf der Suche nach dem Eigenen, nach der eigenen Sprache im Tanz. «Berührend, nicht wertend, motivierend, selber zu tanzen, das ist die Vorstellung von meinem Tanz,» sagt Daeppen. Die Menschen sollten von innen heraus tanzen. Daeppen braucht den Begriff Butoh nicht so gerne. Sie hat Butoh eigentlich schon hinter sich gelassen, ist weitergegangen und spricht lieber von Soul Dance oder Slow Motion – Seelentanz beziehungsweise langsame Bewegung. Butoh – und damit auch Soul Dance – führe auch zur Natur, dazu, die Umwelt kennenzulernen, führe zu den Wesenheiten, die existierten, und dazu, die Zusammenhänge zu verstehen, führt Daeppen aus. Und für sie ist klar: «Die Leute in der Schweiz sind bereit für das, was ich mache.»
Das Buch enthält auch Skills, eine Art Anleitung, um zur Fähigkeit zu gelangen, selbst zu tanzen. «Ich will hier leben und tanzen können. Hier, in der Schweiz, ist ein grosses kreatives Potenzial vorhanden, und es gibt eine wunderbare Natur. Deshalb habe ich die Skills freigegeben, die man in der Natur tanzen kann. Es ist Tanz, den man in den Alltag, in die Feste, die wir hier feiern, einbeziehen kann. Künstler-innen und Künstler sind dazu da, sichtbar zu machen, was schon da ist.»
Das schön gestaltete, reich mit wunderbaren Bildern ausgestattete Buch, das auch angenehm anzufassen ist, macht Lust, selbst zu tanzen. Und so sollte es auch sein. Es sei ein Arbeitsbuch, meint Susanne Daeppen.
Wer Lust bekommen hat auf dieses Buch, der hat Gelegenheit, es kennen zu lernen:
Am Samstag, den 20. Februar 2010 findet im Zentrum Paul Klee eine Buchvernissage statt. Das Buch wird vorgestellt, es wird einen Büchertisch geben. Und unter dem Titel «Zytlupe» wird Susanne Daeppen Experimente mit Besucherinnen und Besuchern machen. Die Performance «Twilight» wird gezeigt, und es finden Wahrnehmungsworkshops statt für Leute, die selbst etwas ausprobieren wollen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Kursen von Susanne Daeppen werden in ihren Alltagskleidern hier und dort in Performances zu sehen sein, die irritieren sollen. Zum Schluss ist eine Diskussion vorgesehen. Die Vernissage mit den Performances findet während der Öffnungszeit des Zentrums Paul Klee, zwischen 11 und 17 Uhr statt.
Das Zentrum Paul Klee ist ein idealer Ort für diese Vernissage, denn «Paul Klee war ein Suchender und Forschender», schreibt Ursula Frauchiger, künstlerische Leitung Theater, Tanz, Literatur am Zentrum Paul Klee, im Buch von Susanne Daeppen. Frauchiger hält weiter fest, dass sie von Anfang an bestrebt gewesen sei, darstellende Künstlerinnen und Künstler ins Museum zu holen, die aus ihrer Sicht «in ihrer Herangehensweise an die Kunst mit den Arbeitsprinzipien Paul Klees vertraut sein müssten.» Für Frauchiger gehört Susanne Daeppen dazu. Sie konnte ihre Performance «fragile» im Zentrum Paul Klee zeigen, und seit zwei Jahren führt Susanne Daeppen im Zentrum Paul Klee in loser Folge den Workshop «Die Kunst der Langsamkeit» durch. Es besteht also eine länger dauernde und fruchtbare Beziehung zwischen der Tänzerin und dem Zentrum Paul Klee.
Das Buch:
Susanne Daeppen: «Die Kunst der Langsamkeit. Ein Tanz von der Natur zur Seele», 2009, edition clandestin, Biel-Bienne (erhältlich bei der Autorin und anlässlich der Buchvernissage im Zentrum Paul Klee)
Infos: www.dakini-dance.ch
info@dakini-dance.ch
www.zpk.org
Foto: Jörn Jönsson
ensuite, Februar 2010