Von Lukas Vogelsang — Meine Volvo-Geschichte fing natürlich mit einer Frau an. Das klingt jetzt unheimlich nach Macho – stimmt aber nur halb: Eine Frau beschrieb mir ihr Lieblingsauto als den «alten Volvo» und meinte, der Beizer Bruno vom damaligen Berner Restaurant Dampfzentrale, der hätte so einen. Bis zu diesem Tag interessierte mich das Thema «Auto» nicht so sehr. Seither weiss ich wer oder was Volvo ist. Und das gemeinte Auto war und ist der Klassiker: der 240er. Wie kein anderer hat er das Bild des Allrounder-Kombis geprägt und wohl deswegen nennt man schlussendlich die Volvos unter anderem auch Traktoren.
Ich muss vorausschicken: Volvo macht im ensuite Werbung und ist auch Partner von uns – aber nicht weil die Firma uns gefunden hat: Wir sind zu Volvo gegangen und wollten diese Automarke in Verbindung mit ensuite bringen. Sogar der Werbespruch ist von uns. Und da ich mich im nächsten Leben als Volvoverkäufer bewerben werde, lag eine Partnerschaft auf der Hand. Seit zwei Jahren bin ich jetzt mit einem neuen V70, regulär bezahlend, unterwegs und ich habe mir überlegt, warum ich bei dieser Automarke seit fast 15 Jahren geblieben bin und nicht mal in den wildesten Träumen untreu werden könnte.
Das hat natürlich in erster Linie viel mit dem Marketing zu tun. Schwedenautos, IKEA-Möbel, Familiengefühl – das sind starke und auch noble Bilder, die in der Gesellschaft gut ankommen. Im Gegensatz zu Arroganz, Prunk und Rasertum eine klare Gegen-Ansage. Beim klassischen alten 240er kommt hinzu, dass dieser für alles nach-68’er-generationenhafte herhalten kann. Der unendlich wirkende Stauraum war das Paradies für MusikerInnen, SportlerInnen, AbenteuerInnen – und natürlich Familien: Wer einen Volvo-Kombi hat braucht sich um die Familienplanung nicht zu drücken, und der Hund und das Surfboard haben auch noch Platz. Was aber schlussendlich ausschlaggebend ist, ist der erfolgreiche Brand: Volvo darf alles. Volvo gilt als sicher, als robust und der Schwedenstahl als wenig rostanfällig. Es gab diese absurden Geschichten, wie: «Wieviele Volvos kann man übereinander stapeln?» oder die Nachrichtenmeldung, dass ein Volvo bei einem Unfall von einer Brücke 40 Meter in die Tiefe stürzte und die Innsassen überlebten. Auch, dass 1959 Volvo als erstes Auto die Dreipunktgurte einführte, spricht dafür, dass Volvo nicht nur Worte, sondern auch Taten lieferte. Sicherheit im Auto ist dem Multikonzern in der Tat wichtig.
Das alles hat mir immer zugesagt. Mich in einem Volvo vorzustellen fand ich gesund: Ich habe bis heute nicht das Gefühl, nur auf mein Auto reduziert zu werden, wenn ich damit herumkurve. Es hat noch nie eine Situation gegeben, wo ich mich deplatziert fühlte. Das kann mit einem anderen Auto doch mal geschehen, beispielsweise bei einem Empfang oder auf einem Campingplatz. Es gibt nur wenige Autos, die solche gesellschaftlichen Spagate mitmachen, was mal mit einem fehlenden Rückspiegel goutiert wird, oder zu einer kruden Bemerkung auf den Scheiben führt. Selbst bei einer Polizeikontrolle staunte ich nicht schlecht, dass die Herren sich mehr für das Auto (damals ein schwarzer 840er mit eigentlich falschen Felgen), als für mich als Fahrer interessierten. Gebüsst wurde ich nicht, man zeigte sich familiär.
Doch die Ära der «alten Autos» hatte auch bei mir ein Ende. Ich liebe den alten Stahl immer noch, das Gerumpel und Gequietschte der Bremsen – aber wenn man nur noch den alten Ersatzteilen nachrennen muss und die 17jährigen Autos einfach nicht mehr jünger werden wollen… Das allmorgendliche Geschrei mit meiner Frau, um den Motorenlärm zu übertönen, oder wenn das Gekrose aus den Lautsprechern nur noch bedingt als Musik zu erkennen ist – das hatte mit entspanntem Autofahren irgendwann nicht mehr viel zu tun. Es war ein Segen, aber die letzte Reparatur überlebte es nicht mehr.
Es hat mich viel Überwindung gekostet mich in einen Neuwagen zu setzen, und ich litt in der Tat ein paar Tage darunter. Geld hatte ich nicht für ein neues Auto. Bisher bezahlte ich meine Occasion-Autos immer gleich vor Ort. Leasing? Ein neues Auto? Aber vor allem schreckte ich vor der Elektronik zurück. Bei den bisherigen Autos verstand ich ja noch, was wo zu finden war, und konnte teils sogar einige Reparaturen selber ausführen. Und dann ergab es sich aus der Not: Ich überwand den inneren Hippie und leaste einen grossen und starken V70.
Nach kurzer Eingewöhnungszeit musste ich eingestehen, dass der Schritt in alle Richtungen korrekt war. Die wichtigste Erkenntnis aber war, dass ich kaum einen Rappen mehr bezahle als früher: 1. Ich habe keine Reparaturen mehr, das Auto ist neu. 2. Der Diesel-Verbrauch ist doppelt so effizient: Wenn ich vorher 70 Liter Benzin für 450 Kilometer brauchte, so fahre ich heute mindestens 900 Kilometer – bei Langstrecken habe ich es mit einer Tankfüllung schon auf über 1’000 Kilometer gebracht. Die neusten Filteranlagen sind um einiges sauberer – keine Russwolken. Damit spare ich viel Geld. Dazu lernte ich, dass mit 200 PS noch viel Kraftstoff gespart werden kann, weil der Motor nicht immer an die Grenzen gebracht wird (beim Anfahren), und in Kombination mit einem Tempomaten spart das Auto enorm – auch an Bussgeldern. Aber ganz wichtig war, dass bis zum Kilometerstand von 100’000 die Services im Kaufpreis inklusive sind. Alles zusammengerechnet, also auch mit Steuern (das Auto ist in einer «grünen» Klasse), der Versicherung und dem Leasing (nur 3 %), bezahle ich unter dem Strich fast weniger als mit meinen alten Schwedinnen. Eine Erkenntnis, dich mich etwas ratlos und stutzig – aber nicht unglücklich macht. Und ich sage noch heute: Ich fahre gratis meinen Volvo (im Vergleich zu früher). Und so lebten wir glücklich bis ans Ende unserer Tage…
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2013