Von Lukas Vogelsang — Wie aus jeder Familie bekannt, streiten auch die Verleger untereinander, in der Branchen-Familie sozusagen. Und ich nehme mir mal die Freiheit, auch Google als Verleger zu deklarieren. Allerdings weiss jedes Kind bereits, dass Google über die Suchmaschine keine Inhalte anbietet, sondern Suchergebnisse. Diese werden so zusammengestellt, dass wir auf die jeweilige Originalseite umgeleitet werden. Telefonbuchanbieter produzieren ihre Bücher ja auch als Verlag – Google als Suchmaschine produziert Antwortenkataloge, tut dem also gleich. Jetzt sind die Verlegerbrüder und ‑schwestern aber nicht glücklich über Google, denn der Monsterkonzern verdient mit seinen Antwortenkatalogen dadurch Geld, dass er als Treffer die anderen Verlagshäuser aufführt, und auf diesen Katalogseiten Fremdwerbung platziert. Also eigentlich macht Google genau das gleiche wie jeder Medienverlag weltweit – aber das scheinen die Schweizer Verleger zu ignorieren.
Und jetzt: Die Verlegerbrüder und ‑schwestern wollen Google zur Kasse bitten, weil dieser ihnen LeserInnen verschafft. Das soll einer noch verstehen. Nehmen wir unser eigenes Beispiel: ensuite – kulturmagazin. Wir erhalten unsere NeuabonnentInnen fast ausschliesslich über die Webseite www.ensuite.ch. Diese Webseite funktioniert nur, weil Google uns im Ranking wohlgesinnt weit vorne in den Trefferlinks aufführt. Wie jeder Verlag versuchen ja auch wir, bei den Google-Antwortlisten ganz oben zu stehen. Damit erhöhen wir unsere Trefferquoten, erhalten mehr Abos und schlussendlich auch Traffic. Diesen Traffic wiederum können wir in Geld umwandeln, indem wir Werbebanner auf unserer Webseite verkaufen. Ohne Google – ohne mich: Eine solche Eigenwerbungskampagne selber aufzubauen wäre ein Vielfaches teurer, als wenn Google dies für uns macht.
Andersrum müsste, nach der Logik der Schweizer Verleger, jeder Tourist, der in einem fernen Land Sehenswürdigkeiten fotografiert und diese Bilder auf dem Internet zeigt, zur Kasse gebeten werden, weil er Werbung für eine von Touristikern aufgebaute Ferienwelt propagiert. Welch Unsinn. Anstatt glücklich zu sein und mit Google die Teamarbeit auszubauen, wollen die Verleger Geld sehen.
Mund zu Mund Propaganda ist eine der besten Werbeformen überhaupt. Google macht genau dies mit seinen Angeboten. Deswegen ist diese Firma auch so beliebt. Wir vertrauen Google so ziemlich jede Frage an, und erhalten entsprechend auch faire Antworten. Nur die Schweizer Verleger, irgendeinem Hirngespinst folgend, möchten von Google nur gegen Bezahlung beworben werden – allerdings wollen sie trotzdem beworben werden. Denn die Möglichkeit, sich von Google ausschliessen zu lassen, besteht ganz einfach und steht jedem Webseitenbesitzer zu. Aber genau dies wollen die Verleger nicht.
Ich vermute sogar, dass das ganze Kasperlitheater nur ein taktisches Spiel ist, um mit Google über eine vertiefte Zusammenarbeit zu diskutieren und bessere Konditionen herauszudealen. Denn eines ist klar: Google und die Schweizer Verleger sind «fascht e Familie»…
Cartoon: www.fauser.ch
ensuite, Februar 2013