Von Lukas Vogelsang — Zugegeben, wenn man es nicht wüsste, könnte das ungeschulte Bernerauge den Laden, in der Meinung, es sei eine Apotheke, links liegen lassen. Das ist mitunter ein Grund, warum viele BernerInnen im neuen Bahnhof Bern erst daran vorbeilaufen. Doch lustigerweise kennen fast alle, die ich gefragt habe, die hellgrünen Designer-Teedosen – dieses Markenzeichen hat sich schnell durchgesetzt. Nur ich war wieder einmal etwas langsamer und hatte von nichts eine Ahnung — bis ich im November ein Päcklein mit einer solchen grünen Dose und ein paar Teemüsterchen in der Redaktion vorfand und mich aufmachte, diesen Laden zu besuchen.
Tekoe, so heisst die junge Ladenkette, die eine andere Geschäftsidee hatte und anstatt Designer-Drogen gesunden Designer-Tee unter die Menschen bringen will. Seit 2004 gibt es den ersten Laden im Bahnhof Lausanne und langsam wächst Laden um Laden heran. In Bern sind sie seit Mai 2008. Wer jetzt das Gefühl hat, Tee sei langsam oder etwas für Birkenstockfreaks, muss sich schnell umgewöhnen. Tekoe betreibt in ihren Läden, neben dem konventionellen Teeverkauf, eine Art Tee-Take-away. Warum soll man immer nur «ungesunde» Getränke mitnehmen können? Kaffee und deren Automaten gibt’s in Hülle und Fülle. Doch wer kein Koffein, keine Energie-Drinks oder überzuckerten Mineralwasser trinkt, dem bleibt die Auswahl klein. Und nicht jeder hat die Berechtigung, beim Vorbeigehen an der Berner Gassenküche den Junkies die Suppe wegzuschlürfen, um etwas aufwärmendes trinken zu können.
Tekoe wurde nicht für Schlappis und Tanten gebaut, und man verbindet es auch nicht mit Schwarztee oder Eisenkrautblättern. Die Teekultur im Jahr 2008 zelebriert sich undogmatisch neu, modern und einfach und herzlich, mit fantastischen Tee-Kreationen. So sind in all diesen auffällig grossen, grünen Teebüchsen eigens kreierte Teeorchester zusammengestellt worden. Wer einmal davon getrunken hat, kriegt eine Vorstellung dessen, was der Zaubertrank bei Asterix und Obelix auslösen konnte. Das Sortiment reicht da von Grüntee, Weissem Tee, Gelbem Tee, Rotbusch, Oolong über Kräutertee, Schwarztee und speziellen Tee, obwohl letzteres für ungewohnte Gaumen für alle Teesorten gelten kann. Jede Teesorte wird von den beiden leidenschaftlichen Tekoe-Gründer-Innen selber gesucht (nicht gepflückt), zusammen-gestellt und gemischt – und das ist auch die eigentliche Spezialität in diesem Laden: Was sich hier Tee nennt, definiert sich beim Trinken jeweils neu.
Wer sich ein wenig mit der Zubereitung auskennt, wird glücklich, da die Wassertemperaturen eingehalten werden, die Beutel selber abgefüllt sind und wir es hier nicht mit Abfalltee zu tun haben, wie sich Tee uns sonst gerne servieren lässt. Überraschend ist das Teegebäck, welches manchmal an der Theke zu finden ist – leider nicht immer. Teecookies und Teekuchen können ziemlich verführerisch werden. Und mit der Begründung «gesund» sind sie auch absolut esszulässig.
Im Jahr 2002 begann das Teeuniversum für Pierre
Maget und Valérie Peyre auf einer Reise auf der Suche nach Vertriebspartnern und echter Teequalität. Bisher hatte ich das Gefühl, die Menschen hinter eine Ladenkette seien unerreichbar, nur businessorientiert und ohne Herz für die Sache. Ich habe die beiden Tekoe-GründerInnen an einer kleinen Präsentation kennengelernt. Tee ist ihre Leidenschaft, das hört man sehr schnell heraus. Sie wissen viel und haben auch den Geschmack für guten Geschmack. Da drückt man gerne auch beide Augen zu, wenn die multimedialen Werbemonitore im Berner Laden ein ziemlich eigenwilliges Deutsch von sich geben oder aber wenn das Laden-Logo über der Eingangstüre von der Beleuchtungshitze nach einem halben Jahr bereits dem Zerfall nahe ist. Aber das Konzept wächst und scheint zu funktionieren: In Lausanne, zu Spitzenzeiten, stehen die Menschen täglich gerne dreissig Meter Schlange am Tee-Takeaway. Das schafft nicht mal ein Tea Room morgens um 10.00 Uhr oder eine Alltags-Bierbar am Abend. Beim dem Gedanken spiele ich im Kopf mit einer mobilen Tee-Kocheinrichtung…
Läden
Gare de Lausanne und Rue Centrale 5, Lausanne
Bahnhof Basel
Bahnhof Bern (neue Passage)
Info: www.tekoe.com
Bild: Lukas Vogelsang
ensuite, Januar 2009