Von Barbara Roelli — Beim letzten Apéro diskutierten wir über den Frühling, der dieses Jahr viel zu spät gekommen ist. Und jetzt? Jetzt sollte eigentlich Sommer sein, die Freibadis sind seit Muttertag geöffnet und die Grossverteiler verkaufen Grillschnecken, Fackelspiesse und Holzfäller-Steaks zu Aktionspreisen. Doch obwohl alles vorbereitet ist für ihn, schleppt sich der Sommer unmotiviert ins Jahr, lässt noch einige Regentage verstreichen. Und wir erzählen uns immer wieder den selben Witz: Hoffentlich fällt der Sommer dieses Jahr auf einen Samstag.
In Sommerlaune wären wir schon lange – haben uns doch die Möbel- und Modehäuser seit längerem die neusten Gartenmöbel- und Bademode-Prospekte ins Haus geschickt. Mit Teakholz-Tischen, Flechtstühlen, Bikinis und Monokinis drin. Mono … was, frage ich mich, als ich das Wort zum ersten Mal lese – und fange sogleich zu fantasieren an: Das Monokini ist ein Kinderspiel – allerdings eines für hochbegabte Kinder. Sie spielen es in der Schule während der Pause. Monokini heisst eine japanische Kampfsportart. Die Heldinnen und Helden in den japanischen Comics, den Mangas, machen Monokini. Dabei schaut der Kämpfer seinem Gegner besonders tief in die Augen und versucht, diesen so aus dem Konzept zu bringen. Monokini könnte eine besonders mutige Amazone aus den griechischen Mythen sein; spezialisiert auf den Nahkampf mit Messern. Ich kann mir auch vorstellen, dass ein Gourmet-Tempel in Paris «Monokini» heisst. Ein Restaurant mit Blick auf den Eiffelturm und dem weltbesten Sushi-Meister in der Küche. Ein 5 Sterne Restaurant, das Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni zu seinen Stammgästen zählen darf. Also durfte, als Sarkozy noch Frankreichs Präsident war. Monokini könnte auch einfach der Ausdruck für seelisch-sexuelle Zufriedenheit sein. Aktiv formuliert: Ich bin monokini.
Zurück zu den Bademode-Prospekten. Den Monokini finde ich also in einem dieser Prospekte. Vorgeführt von einem dunkelhaarigen Model auf einem hellblauen Liegestuhl. Der besagte Monokini funktioniert oben wie ein Bikinioberteil, unten wie ein Bikiniunterteil – nur dass dazwischen noch Stoff ist. Eigentlich ist das Bikinioberteil unter der Brust nicht einfach fertig, sondern läuft in zwei Bahnen, unter den zwei Brüsten, zu den Hüften, wo es zum Bikinihöschen wird. Das gesucht Erotische dabei: Der Bauch mit Nabel ist zwischen den beiden Stoffbahnen sichtbar. Fraglich ist, ob Frau a) nach dem Sonnenbad gerne einen gestreiften Bauch hat und b) ob sich Frau mit mehr Bauch nicht vorkommt wie ein mit Küchenschnur zusammengebundener Rollbraten. Und c): Braucht es diese modische Kreuzung zwischen Badekleid und Bikini wirklich?
Interessant ist, dass der Monokini ursprünglich 1964 von Modeschöpfer Rudi Gernreich vorgestellt wurde, und die Brüste zunächst unbedeckt waren. Der Monokini bestand nur aus einer kurzen Hose, die bis an die unteren Rippen reicht und zwei Trägern, die sich vor der Brust kreuzen. Die heutigen Monokinis sind variantenreich und teils offenherzig geschnitten – die Brust bleibt aber bedeckt.
Ob die Bademode dieses Jahr überhaupt eine Rolle spielt, mag ich zu bezweifeln. Weil, wenn endlich der Sommer kommt – eben, an einem Samstag, dann sind wir einfach nur froh und springen blutt in den See.
Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2013