Von Kaspar Zehnder — Als sich am 11. Juli die spanischen Fussballer anschickten, Weltmeister zu werden, wurde vielleicht noch kurz diskutiert, ob der Stil der Nationalmannschaft eher Real Madrid oder dem FC Barcelona entspräche, vor allem aber staunten viele Basken, Katalanen oder Valencianer, und im übrigen auch die Kastillaner selbst über ihr plötzlich erwachtes Nationalgefühl für das vereinte Spanien. Es war sofort die Rede davon, dass das Land dank dem Fussball politisch und ethnisch näher zusammenrücke, ja sogar, dass der sportliche Welterfolg bald die wirtschaftliche Not im Land lindern würde.
Die Ernüchterung wird nicht lange auf sich warten lassen: schon bald werden mich meine spanischen Freunde wieder darüber aufklären, dass Spanien eigentlich nur in der politischen Theorie existiere und dass wir im Zusammenhang mit Kultur und Gesellschaft unbedingt von Iberien sprechen sollten.
Spanische Musik – mehr als ein Klischee Wenn das Motto der Murten Classics in diesem Jahr «Iberia» heisst, dann bilden selbstverständlich folgende Schlüsselwerke einen roten Faden: Bizets «Carmen», Rimsky-Korsakows «Capriccio espagnol», Lalos «Symphonie espagnole», Chabriers «España», Albéniz’ «Suite española», oder Rodrigos «Concierto de Aranjuez».
Daneben können Parallelen und Gegensätze zwischen Mozart und Arriaga, Debussy und Albéniz, Ravel und Falla neu entdeckt, kulturelle Linien von Madrid nach Paris und Wien nachgezogen werden. Konzerte mit Musik der Spanischen Renaissance und des Frühbarocks fehlen ebenso wenig wie Programme rund um die Querverbindungen baskischer, andalusischer, portugiesischer, katalanischer Komponisten zum Begründer der spanischen Musik, Felipe Pedrell und seinen Nachfolgern Manuel de Falla, Enrique Granados oder Joaquín Turina.
Bunte Künstlerliste Im Zentrum aller Ausführenden steht die Artist in Residence, die tschechische Harfenistin Jana Bousková, fraglos eine der weltweit besten ihres Fachs. Internationale Interpret/innen wie Mihaela Ursuleasa, Priya Mitchell, Henri Sigfridsson, Mihaela Paetsch Neftel, Stefan Arnold, Elza Kolodin oder das Merel Quartet konnten gewonnen werden. Mit Aleksandar Markovic, Stefan Blunier, Laurent Gendre, Philippe Bach, Thomas Rösner und Roberto Fores Veses treten in Murten so viele Gastdirigenten auf wie noch nie zuvor.
Foto: zVg.
ensuite, August 2010