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Musikalische Brücken zwischen Kulturen

Stephan Rigert im Inter­view mit Corin­na Möller — Der Bern­er Musik­er Stephan Rigert hat sich als Perkus­sion­ist, Pro­duzent und Autor inter­na­tion­al einen Namen gemacht. Vor etwa 30 Jahren ist er nach West­afri­ka gereist, um das Trom­mel­handw­erk zu erler­nen, hat später mit namhaften Musik­ern aus der ganzen Welt gespielt und befind­et sich aktuell auf sein­er Drum&Voice-Tour 2013.

Wie ist es für dich als jemand, der afrikanis­che Trom­meln spielt bzw. Welt­musik macht, in der Schweiz zu leben?

Zu Beginn war das ganz bes­timmt eine Auseinan­der­set­zung, weil man nicht so richtig ernst genom­men wurde. Das Klis­chee-Denken wird ja dann sozusagen umgekehrt, und die beste Anerken­nung, die du bekom­men kannst, beste­ht aus Zus­prüchen wie: «Für einen Weis­sen ist das ja nicht schlecht». Das war am Anfang ein The­ma und hat mich auch manch­mal geärg­ert. Aber mit der Zeit wurde ich dann doch mehrheitlich als Kapaz­ität wahrgenom­men, auch inter­na­tion­al, weil ich auch wirk­lich viel erre­icht habe, nicht zulet­zt mit meinen Lehrmit­teln und Work­shops. Eine gewisse Exotik bleibt aber selb­stver­ständlich an meinem Beruf haften. Musik­er als Beruf ist ja schon an sich ein biss­chen ungewöhn­lich, aber noch ungewöhn­lich­er ist es, afrikanis­che Trom­meln zu spie­len.

Kannst du vom Musik­machen leben?

Ich kann gut davon leben, ja, aber dazu gehört natür­lich alles, was ich mache: die CDs und Lehrmit­tel, die ich ver­fasse, die Kul­tur­aus­tausch­pro­jek­te und Konz­erte, die ich organ­isiere, meine Work­shops usw. Ich habe meinen Namen ja seit ca. 30 Jahren aufge­baut, sehr gross­flächig und sehr sys­tem­a­tisch, und deshalb geht das heute auch recht gut. Ich denke, dass ich in der Schweiz ein Beispiel dafür bin, wie man eine exo­tis­che Nis­che ziem­lich erfol­gre­ich bewirtschaften kann. Der rel­a­tive Erfolg hat aber auch damit zu tun, dass ich neben mein­er kün­st­lerischen Begabung einen gewis­sen Unternehmergeist habe. Den habe ich in die Wiege gelegt bekom­men und nicht in irgendwelchen Man­age­ment-Kursen erar­beit­et. Dieses Tal­ent ist nicht all meinen Schweiz­er Kol­le­gen gegeben. Viele sind wahnsin­nig gut, kriegen das mit dem Busi­ness aber ein­fach nicht so auf die Rei­he. Das ist schade, aber da kann man nicht viel machen. Entwed­er du hast ein­fach auch ein biss­chen Tal­ent für das Geschäft, oder du hast es nicht.

Wie kom­men deine Pro­jek­te zus­tande? Wirst du ange­fragt oder geht die Ini­tia­tive von dir aus?

Die Ini­tia­tive geht oft von mir aus, das war schon immer so. Ich bin ein aus­geprägter Mach­er-Typ. Und vielle­icht habe ich auch aus der Not eine Tugend gemacht. Perkus­sion­sin­stru­mente wer­den in Musikpro­jek­ten oft eher «deko­ra­tiv» einge­set­zt. Das war ins­beson­dere zu meinen Anfangszeit­en so. Es klingt vielle­icht komisch, aber was afrikanis­che Perkus­sion anbe­langt gehöre ich zu der Pio­nier­gen­er­a­tion. Ich bin nicht der Einzige, aber in der Schweiz sind wir etwa vier Leute, die zeit­gle­ich um 1983 damit begonnen haben. Hier kon­ntest du zu diesem Zeit­punkt näm­lich fast gar nichts in der Rich­tung ler­nen. Es gab ein­fach nie­man­den, der es mir hätte beib­rin­gen kön­nen. Ich bin dann viel gereist, vor allem nach West­afri­ka, wo ich das Spie­len auf der Djem­be­trom­mel von Grund auf erlernt habe.

Haben dir deine Fähigkeit­en als Schlagzeuger viel beim Erler­nen der Djem­be und ander­er Trom­meln geholfen, oder ist der Unter­schied doch gross?

Vieles ist anders. Natür­lich hil­ft es dir auch, denn Rhyth­mus ist grund­sät­zlich ein­fach mal Rhyth­mus. Aber die afrikanis­che Auf­fas­sung von Rhyth­mus unter­schei­det sich dann doch sehr von unser­er. Primär darin, dass wir im West­en ein ana­lytis­ches Mod­ell für Musik haben. Daraus resul­tieren die ganzen Tak­tein­heit­en und ein metronomis­ches Musikver­ständ­nis. Dass alles auf den Takt und ins­beson­dere auf den Tak­tan­fang bezo­gen wird – das existiert so in Afri­ka nicht. Dort geht es mehr um ein rein musikalis­ches Ver­ständ­nis von Rhyth­mus. Und das führt, im Detail betra­chtet, zu einem ganz wesentlichen Unter­schied. Für uns ist beispiel­sweise der Unter­schied zwis­chen ein­er Pul­sa­tion auf dem Beat und ein­er dazwis­chen – «die mys­ter­iöse Synkope» – ganz wesentlich. Für die Afrikan­er ist aber bei­des das­selbe, denn es klingt ja immer so: (schnippt im Takt mit den Fin­gern). Wenn man es nicht auf den Beat bezieht, dann ist es das­selbe. Das ver­ste­hen wir als Europäer zu Beginn gar nicht, damit hat man erst mal seine Mühe. Da kann es dann gut sein, dass die west­liche rhyth­mis­che Vor­bil­dung eher hin­der­lich ist.

Ist es eine falsche Vorstel­lung, dass das «ein­fache» Trom­meln leichter ist als Schlagzeug-Spie­len? Du gib­st ja zum Beispiel auch Schnel­lkurse für Man­ag­er.

Auf bes­timmten Ebe­nen und bis zu einem gewis­sen Grad ist es leichter. Zumin­d­est was die Unab­hängigkeit bet­rifft ist das Drum-Kit viel kom­plex­er. Generell würde ich das aber nicht behaupten. Es ist ein­fach eine kom­plett andere Geschichte, und man unter­schätzt das Djem­be­spie­len zu Beginn total. Um so etwas wie die Meis­ter­schaft zu erre­ichen, kön­ntest du alleine ins Djem­be­spie­len dein gesamtes Leben investieren. Das tue ich natür­lich nicht. Ich spiele die ver­schieden­sten Perkus­sion­sin­stru­mente wie Con­gas, Bon­gos etc. Die absoluten Cracks auf der Djem­be­trom­mel kom­men also selb­stver­ständlich aus Afri­ka, an die kommst du kaum ran, die haben ihr ganzes Leben lang getrom­melt und sind ein­fach immer bess­er weil auch authen­tis­ch­er. Auf pro­fes­sionellem Niveau rel­a­tiviert sich also vieles: Eine absolute Meis­ter­schaft am Drum-Kit benötigt ein Leben, eben­so wie die absolute Meis­ter­schaft auf den Djem­be. Es sind ein­fach andere Schwierigkeit­en. Das Prak­tis­che ist, dass sich das Spie­len auf der Djem­be­trom­mel für die Team-Events mit Man­agern ganz wun­der­bar herunter brechen lässt. Ich brauche ja ein Konzept, das sehr nieder­schwellig ange­set­zt wer­den kann, denn ich muss gele­gentlich mit Teams von auch mal 100 Per­so­n­en in kurz­er Zeit ein Orch­ester organ­isieren. Und das Resul­tat soll dann ja auch nicht nur Lärm sein, son­dern ein gut klin­gen­des Trom­melorch­ester! Ich denke, das funk­tion­iert wohl mit keinem anderen Instru­men­tar­i­um so gut wie mit der Per­cus­sion.

Wie bist du auf die Idee für diese Kurse gekom­men?

Ich habe diese Idee nicht erfun­den, die gibt es beispiel­sweise in Deutsch­land schon seit vie­len Jahren. Und auch in der Schweiz gibt es zwei Anbi­eter, die Drumevents für Fir­men schon seit län­ger­er Zeit anbi­eten. Ich habe jedoch mein ganz eigenes Konzept entwick­elt. Ein gross­er Vorteil ist, dass ich einen wirk­lich soli­den Back­ground als Beruf­s­musik­er habe und entsprechend wahrgenom­men werde. Im Vor­feld, bei der Besprechung zu einem Team-Anlass mit ein­er Fir­ma merke ich näm­lich, dass oft ein gewiss­es Unbe­ha­gen beste­ht, weil dem Djem­be­spie­len so viele Klis­chees anhaften: Das begin­nt dann bei trom­mel­nden und kif­f­end­en Freaks und endet bei eso­ter­ischem Trom­meln über Mit­tag oder «bungabun­ga». Diese Bedenken muss man dann erst mal entkräften.

Aber du wirst doch ange­fragt …

Ja schon, aber irgend­wie beste­ht dann trotz­dem eine gewisse Angst, und die Leute wollen dann im Gespräch her­aus­find­en, dass diese unbe­grün­det ist. Diese Klis­chees dann zu durch­brechen ist auch span­nend. Mir gefällt es eigentlich total, mit all diesen Vorurteilen, diesen wilden Vorstel­lun­gen, die man auf dieses exo­tis­che Instru­ment pro­jizieren kann, zu arbeit­en und den Leuten aufzuzeigen, dass es sich beim Trom­meln um eine ganz klar struk­turi­erte Angele­gen­heit han­delt, und dass auch team­mäs­sig viel Tolles passiert. Es gibt nichts Unmit­tel­bar­eres um Zusam­me­nar­beit erleb­bar zu machen als zusam­men Musik zu spie­len. Mein Job ist auch, den Teil­nehmenden über ihren Schat­ten zu helfen. Einige find­en «Oh cool, trom­meln!», andere sind skep­tisch. Und dann gibt es welche, die sagen «Oh nein, jet­zt müssen wir auch noch Negertrom­meln spie­len». Da höre ich im Hin­ter­grund natür­lich auch die Angst, sich vor den Kol­le­gen zu blamieren.

Kannst du mal mit dem Klis­chee aufräu­men, dass Afrikan­er das Trom­meln «im Blut» haben?

In den Man­ag­er-Kursen erzäh­le ich immer ein biss­chen über die ver­schiede­nen Aspek­te des Trom­melns und auch, dass man ein­fach mit diesen Klis­chees aufhören muss. Denn wenn die Afrikan­er das Djem­be­spie­len im Blut hät­ten, dann müsste ich das Jodeln im Blut haben. Das stimmt so ein­fach nicht, die guten Tromm­ler haben von klein auf geübt und fer­tig. Wenn ich das auch tue, dann kann ich das genau­so. Und wenn ich davon spreche, nie genau so gut wer­den zu kön­nen wie ein Crack aus Afri­ka, dann meine ich das nur auf dieser spez­i­fis­chen Schiene. Von meinem afrikanis­chen Kol­le­gen werde ich für meine Viel­seit­igkeit bewun­dert, dass ich so schnell zwis­chen den einzel­nen Instru­menten und Musik­stilen hin und her wech­seln kann etc. Das ist dann das Gle­iche wie meine Bewun­derung für sein tolles Djem­be­spiel, ein Geben und Nehmen.

Färbt deine inten­sive Erfahrung mit anderen Kul­turen bei dir noch auf andere Bere­iche ab als auf die Musik?

Ich glaube, ich bin totaler Schweiz­er, und das ist mir auch wichtig. Denn die Iden­titäts­frage wird bei 30 Jahren inten­siv­er Auseinan­der­set­zung mit frem­den Kul­turen natür­lich sehr dringlich gestellt. Natür­lich hat sich mein Hor­i­zont erfreulich erweit­ert. Natür­lich bin ich dankbar für die fundierten Ein­blicke in fremde Kul­turen, für die vie­len bere­ich­ern­den Begeg­nun­gen. Aber was in let­zter Kon­se­quenz bei mir – ich kann natür­lich nur für mich sprechen – passiert, ist, dass ich mich abso­lut als Schweiz­er und Europäer füh­le.

Ist das auch eine bewusste Entschei­dung, weil du dich son­st vielle­icht nicht mehr find­en kön­ntest?

Nein, mir helfen diese Erfahrun­gen eher, mich zu find­en. Über diese Spiegelung, über das Außen wird dir viel klar­er, was deine eige­nen Qual­itäten sind. Als ich 1983 in Afri­ka das Trom­mel­handw­erk erlernte, stellte sich diese Frage noch nicht, da war ich ein­fach fasziniert, in einem Lern­prozess. Aber wenn du dann zurück­kommst und merkst, dass es hier zum Beispiel gar kein Erntedank­fest gibt, auf dem du spie­len kön­ntest, dann fragst du dich natür­lich bald ein­mal, ob es in Ord­nung ist, diese Rhyth­men auch in einem anderen Kon­text zu spie­len oder nicht. Oder vielle­icht stellst du auch ein erst­mal fest, dass du eventuell nie so gut auf den Djem­be spie­len wirst wie ein Top­drum­mer in Afri­ka, und auf den Con­gas nie so gut wie ein Top­drum­mer aus Kuba…

Ist das res­ig­na­tiv?

Es ist natür­lich auf jeden Fall ein Prozess, in dem du deine Krisen hast. Aber let­ztlich führt er dazu, dass du gezwun­gen bist, deine eigene Iden­tität als Musik­er zu find­en. Natür­lich möchte ich auch das «Tromm­ler-Handw­erk» möglichst gut beherrschen; aber ich will ja dann nicht Afrikan­er oder Kubaner kopieren, son­dern als Schweiz­er Perkus­sion­ist eine Iden­tität entwick­eln. Hier­bei kann ich mich nicht auf die eigene Tra­di­tion berufen, da gibt es nicht viel. Nichts gegen Schweiz­er Volksmusik, aber rhyth­misch gese­hen ist das nicht so ein reich­haltiger Fun­dus. Meine Stärken als Schweiz­er Perkus­sion­ist man­i­festieren sich ganz stark in meinen eige­nen Musik Pro­jek­ten. Ich schlage qua­si musikalis­che Brück­en zwis­chen ver­schiede­nen Kul­turen. Natür­lich ist das auch immer eine heik­le Grat­wan­derung, und die Musik kön­nte leicht ins beliebige abdriften. Aber ich behaupte mal, dass ich mich erfol­gre­ich an den meis­ten «World­mu­sic-Klis­chees» vor­bei manövriere, indem ich die Sache ein­fach ern­sthaft betreibe – mit großem Respekt, aber auch mit einem gewis­sen Quan­tum Frech­heit, denn son­st geht es auch wieder nicht. Wenn du zu kniefäl­lig vor der Tra­di­tion bist, dann traust du dich nicht, neue Wege zu beschre­it­en. Die wun­der­baren Kapverdis­chen Lieder, welche wir auf unser­er aktuellen Drum&Voice Tour ver­wen­den, sind zum Beispiel Lieder, die du nicht ein­fach durch den «Fleis­chwolf drehen» kannst. Und trotz­dem geben wir den Liedern durch unsere Arrange­ments ein ganz eigen­ständi­ges, neues Gewand. Das braucht Mut und Exper­i­men­tier­bere­itschaft von allen beteiligten Kün­stlern. Aber das musikalis­che Resul­tat war bis jet­zt immer sehr überzeu­gend.

Würde es ohne diese respek­tvolle Herange­hensweise auch von aussen Beschw­er­den geben?

Also zunächst ein­mal wür­den sich da in mir sel­ber grosse Wider­stände regen. Aber von aus-sen würde sich­er auch Kri­tik kom­men, denn die Leute spüren zum Glück ein­fach wenn du respek­t­los bist. Der Sek­tor «World Music» ste­ht auch ganz grund­sät­zlich oft in der Kri­tik. Ich selb­st kann das aber nur begren­zt nachvol­lziehen. So wird zum Beispiel oft kri­tisiert, dass in der World Music exo­tis­ches Wis­chi­waschi betrieben werde. Das mag ja auf der einen Seite oft abso­lut zutr­e­f­fen. Auf der anderen Seite wird aber auch viel Gutes pro­duziert. Und man kön-nte die gle­iche Kri­tik ja fast für jeden Musik­stil ein­set­zten und würde beliebig viele bestäti­gende Beispiele find­en. Ich leite nun seit fast 30 Jahren Pro­jek­te mit Kün­stlern aus aller Welt. Ich denke nicht, dass man da noch von «ober­fläch­lich» sprechen kann.

Weißt du was du gemacht hättest, wenn du nicht Musik­er gewor­den wärst?

Ich denke, ich wäre irgend­wo in der Psy­cholo­gie gelandet. Es gab früher eine Zeit, in der ich unsich­er war, ob ich mit der Musik wirk­lich zu 100 Prozent den richti­gen Beruf gewählt habe. Die Zweifel führten dann let­z­tendlich zu ein­er Umde­f­i­n­i­tion meines eige­nen Tuns. Rück­blick­end kann ich sagen, dass dieser Prozess notwendig für mich war. Das Auf­brechen mein­er engen Vorstel­lun­gen davon, was ein Musik­er zu sein hat. Das hat let­ztlich dazu geführt, dass ich mich heute eher als eine Art Kul­tu­run­ternehmer sehe.

Und bis dahin hast du ver­sucht, in eine bes­timmte Sch­ablone zu passen?

Ja, klar. So lange es in dir sel­ber unbe­wusst wirkt, ver­suchst du das. Und da war ja meine Def­i­n­i­tion von einem Musik­er, dass er möglichst zehn Stun­den am Tag im Übungsraum ver­bringt und gar nichts anderes will etc. Bei mir war die Moti­va­tion zum Üben aber dann lei­der eines Tages nicht mehr so aus­geprägt, und ich habe mich selb­st zunehmend unter Druck geset­zt. Musik machen macht mir sehr viel Spaß, und ich möchte mich auch durch dieses Medi­um aus­drück­en, aber eben in einem größeren Rah­men. Weit­er­bil­dun­gen in Coach­ing, Kon­flik­t­man­age­ment usw., die ich zu diesem Zeit­punkt gemacht habe, kom­men mir heute sowohl bei der Pro­jek­tleitung als auch bei meinen Team-Work­shops total ent­ge­gen.

Arbeitest du in deinen Pro­jek­ten auch mit sehr jun­gen Men­schen zusam­men?

Mit richtig jun­gen Leuten arbeite ich eigentlich kaum zusam­men. Die jüng­sten Musik­er, mit denen ich zusam­men arbeite, sind um die 30. Es gibt sehr viele gute und top­mo­tivierte junge Musik­er in der Schweiz. Schw­er zu sagen und eigentlich eine span­nende Frage, warum es sich trotz­dem so ver­hält. Darüber habe ich so tat­säch­lich noch nie nachgedacht. Vielle­icht liegt es am Musik­stil oder daran, dass ich mit über 50 eben nicht mehr zur ganz jun­gen Gen­er­a­tion gehöre und sich mein Net­zw­erk dann doch eher an etablierten Musik­ern ori­en­tiert. Möglicher­weise ist das, was ich tue, aus der Sicht von einem sehr jun­gen, vielle­icht 20 Jahre alten Musik­er der die Hochschule besucht, schon auch exo­tisch. Die spie­len Jazz, und wenn sie es nicht mit Jazz haben, dann ist es wohl kaum World Music, son­dern Pop, Funk, oder Hip-Hop.

Ist die Nach­frage nach dir und dein­er Musik in der Schweiz dadurch, dass du sie hier etabliert hast, gestiegen?

Das, was ich live mache, ist und bleibt exo­tisch, es ist ein­fach nicht Main­stream. Und ich schließe kaum Kom­pro­misse, denn ich lebe nicht von Konz­erten. Ich lebe von meinen Work­shops, und alles, was ich auf der Bühne mache, ist pur­er Ide­al­is­mus. Dabei muss kein Geld raussprin­gen, und das tut es in der Regel auch nicht. Ich bin froh, wenn alles bezahlt ist, und das reicht; ich will eine coole Sache machen, so gut wie es irgend­wie geht. Natür­lich pro­duziere ich nicht am Pub­likum vor­bei, meine Musik ist im Grunde abso­lut mehrheits­fähig. Aber es gibt ein gewiss­es Stamm­pub­likum, das meinen Pro­jek­ten seit Jahren treu bleibt. Natür­lich begeis­tern sich auch immer wieder neue Men­schen für meine Pro­jek­te, aber ich mache mir keine Illu­sio­nen. Meine Musik ist nicht das grosse Erfol­gs­busi­ness.

Hättest du Inter­esse daran, im Hin­ter­grund für einen grossen Kün­stler zu spie­len?

Nun, da mache ich mir nichts vor. Um zum Beispiel bei Sting zu spie­len, also qua­si an der Welt­spitze mitzu­mis­chen, bin ich sich­er zu wenig gut, Punkt. Ich bin ein guter Tromm­ler und ein erfahren­er Musik­er. Meine Haup­tqual­ität ist aber eben doch etwas anderes, und das man­i­festiert sich in meinen Pro­jek­ten eben viel stärk­er, als wenn ich als Dien­stleis­ter in ein­er anderen Band spiele. Aber wenn Sting mor­gen anruft, dann sage ich höchst­wahrschein­lich nicht Nein!

www.talking-drums.ch

Foto: zVg.
ensuite, Novem­ber 2013

Artikel online veröffentlicht: 26. Juni 2019