Von Lukas Vogelsang — Die PopulistInnen übernehmen so langsam die Weltherrschaft. In fast jedem Land gewinnen sie politisch wichtige Mehrheiten. In Europa wüten Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden, Viktor Orbán in Ungarn, Timo Soini in Finnland, Beppe Grillo in Italien. Natürlich finden wir auch im amerikanischen Raum, in Lateinamerika oder in Asien diese programmlosen und selbstherrlichen Populisten. Im Vergleich dazu sind unser Blocher und sein Gefolge schon fast harmlos – aber alle haben in der politischen Logik ein «Chrüsimüsi». Wer die spannende Doku auf ARTE gesehen hat («Aufmarsch der Populisten» von Antoine Vitkine; Frankreich 2014) wird dem beipflichten.
Dass es PopulistInnen gibt ist nichts Neues. Ich meine, wir haben diesen 15-Minuten-Berühmtheit-Schwachsinn aufgebaut, und das zieht sich halt jetzt von «Bauer ledig sucht» über den Kassensturz, die Weltwoche bis in die Politik. Stammtische gibt es ja auch schon länger, und Deppen gab es grundsätzlich schon immer. Beängstigend aber sind heute die Massenbewegungen, welche die PopulistInnen auslösen. Das erinnert dann schnell mal an das Deutsche Reich, an Diktaturen, welche eben die Weltherrschaft übernehmen wollen. Darum geht es ja auch: Andersartige ausrotten, weil nur die eigene Ansicht die richtige sein kann – leider fehlt den Populisten die Gedankenkette, welche die politischen Ansichten begründet – zumindest logisch begründet.
Aber eben: Die Begründungen liefern ja die Medien. Ohne Medien würde kein Populist wachsen – siehe das Stammtischgespräch, dieses ertränkt sich oft nur im Bier. Die Medien aber benötigen die Massen, um werberelevant zu sein. So helfen sie den PopulistInnen, diese zu gewinnen, und surfen ganz vorne auf diesen Massen mit. Und weil man immer noch irgendwas von Pressefreiheit und Meinungsfreiheit faselt, macht man im gleichen Atemzug auch das Anti-Populisten-Programm. So kann man zwei Fliegen auf einmal erschlagen – die Moral bleibt aussen vor, und selber ist man im Gespräch. Das heisst: Nebst den PolitikerInnen sind die JournalistInnen mit Abstand die grössten und gefährlichsten PopulistInnen.
Eine journalistische Regel besagt ja, dass man beide Seiten beleuchten muss. So gesehen arbeiten meine Berufskollegen der Tagespresse im grünen Bereich. Und man bedient sich ja gerne der indirekten Form, lässt also die Anderen sprechen – am Besten die Populisten und Anti-Populisten. Damit ist der Meinungskontrast gross genug, dass auch jene, welche in einer Zeitung nur die Überschriften lesen, bestens orientiert sind. Damit ist sind die JournalistInnen aus der Feuerzone raus – aber als MeinungsmacherInnen mitten drin. Heute nennt sich sowas: Journalismus 2.0.
Etwas wummrig wird mir allerdings, wenn ich sehe, dass oftmals Männer diese Populistendomäne übernommen haben. Es gibt nur wenige bekannte Frauen – obwohl diese genauso existent sind. Viele von ihnen sind wahrscheinlich Souffleusen von bekannten Herren, und ironischerweise von den Populisten-Männern verdrängt worden. Dass Männer manchmal etwas einfältig und dumm sein können, darf ich als Mann gerne zugeben. Aber zerbrecht mir bitte nicht meine Illusion, dass Frauen intelligenter sind. Deswegen, liebe Frauen: Versucht es bitte gar nicht erst, öffentlich zu populieren!
Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2014