Von Ruth Kofmel — Zu wissen, was man nicht will und daran festzuhalten, kann eine gute Sache sein. Christoph «Biru» Haller und Marc Hofweber quälten sich in Jugendtagen durch eine KV-Lehre und es stand für beide sehr bald fest, dass sie auf gar keinen Fall in diesem Geschäft bleiben wollten. Viel verlockender schien ihnen, ihr Geld mit dem zu verdienen, was ihnen am meisten Spass machte – der Musik.
Selten genug, trifft man in der Schweiz auf Musiker, die gut von ihrem Beruf leben können, und noch seltener sind das Leute, die nicht an einer Musikhochschule studiert haben. Also nimmt es doch wunder, wie es den zweien als Round Table Knights gelungen ist, in der internationalen DJ-Welt Fuss zu fassen und seit ein paar Jahren zu den gefragtesten Leuten ihres Fachs zu zählen.
Nicht ungewöhnlich für männliche Adoleszente, begannen sie sich vor mehr als zehn Jahren für Musik zu begeistern und schufen ein DJ-Kollektiv mit vier Jungs. Unterwegs hat sich die Vierergruppe auf die zwei heutigen Köpfe reduziert. Biru und Marc waren die zwei, die unbedingt diesen Weg gehen wollten, die darin eine Möglichkeit sahen, ihren Traum zu erfüllen, und ein gutes Stück dieses Weges haben sie schon einmal, locker aus dem Handgelenk wie es scheint, zurückgelegt.
Zuerst interessierten sie sich vor allem für Hip Hop und übten ihre Skills und Fingerfertigkeiten, die einen ernstzunehmenden Hip Hop-DJ auszeichnen. Das war an sich noch nichts Besonderes und sie hatten in diesen Tagen zwar in der ganzen Schweiz ihre Auftritte, aber um davon zu leben, reichte das noch lange nicht. Beide verdienten ihr Geld damals noch anderweitig; als Plattenverkäufer wie Marc oder als Booking-Agent wie Biru.
Mehr nach Erfolg zu riechen begann ihr Schaffen, als sie anfingen, die musikalischen Genregrenzen zu überschreiten. Als sich der Name Round Table Knights zunehmend, vielleicht nicht in aller Munde, aber zumindest in den Mündern der Trendigen befand, war ihr Kenn-zeichen, dass sie alle möglichen Stile auf ihren Plattenteller zu einem tanzbaren Teppich verschmolzen. Damals war der Unterbau immer noch hauptsächlich Hip Hop, aber auch das hat sich mit zunehmendem Erfolg verändert – heute bezeichnen sie ihren Stil, wenn auch in Birus Fall ungern, als House. Ihnen widerstrebt es, etikettiert zu werden, und gerade ihre instinktive Rebellion dagegen, sich in eine Schublade packen zu lassen, scheint mir ein grosser Teil ihres Erfolgs auszumachen. Sie bleiben unberechenbar, überraschen und fahnden immerzu nach neuen Möglichkeiten, musikalisch noch weiterzugehen. So fühlen sie sich auch jetzt nicht all zu sehr ihrem bisherigen Schaffen verpflichtet und stellen sich vor, in der Zukunft weiter in ganz andere Richtungen vorzustossen. Zwar bestätigen sie, dass sie sich nun mit ihren eigenen Produktionen daran orientieren, wie sie als DJs wahrgenommen werden und sich damit musikalisch ganz klar einem Sound zuordnen. Es ist die neue Disco- Musik, die wild und ungestüm daherkommt, sich an allen möglichen und unmöglichen Orten Anleihen sucht und die gefundenen Einzelteile über einen House-Beat gelegt, zu einer tanzbaren Einheit verschmilzt. Warum so viele DJs schlussendlich beim House landen, dem ein sehr gerades Taktmuster zu eigen ist, das vom Rhythmischen her wenig Überraschungen in sich birgt, lässt sich vielleicht damit erklären, dass alles andere als ein währschafter 4/4 ohne Firlefanz die Tanzenden eher vor den Kopf stösst als beschwingt. Partygänger mögen im Allgemeinen keine grossen Überraschungen und fühlen sich am wohlsten, wenn sie ihrem Beinschlag die ganze Nacht treu bleiben können. Auch als DJ bietet ein solides und in sich unkompliziertes Grundgerüst eben die Möglichkeit, weit auszuholen und verschiedenste Fa-cetten dazuzufügen. Die Herausforderung wird damit nicht mehr eine technische – wie virtuos spiele ich mit den Plattenspielern – sondern vielmehr eine inhaltliche – wie weit treibe ich das Spiel weg von meinem Grundgerüst, will ich einfach bedienen oder auch ab und zu auch vor den Kopf stossen? Die Round Table Knights sehen sich ganz klar als Agenten des letzteren. Gerade in den Momenten, wo es unmöglich scheint oder alles andere erwartet wird, bre-chen die Zwei ihr Set gerne auf und führen ihre Beweiskette weiter; dass es in der Musik keine Grenzen gebe – sie überzeugen offenbar.
Hinter all dem steht kein Masterplan, wie man vermuten möchte. Marc betont, dass er genau das Gleiche auch machen würde, wenn er seinen Lebensunterhalt nicht damit bestreiten könnte, und so bleiben die zwei frei von Verpflichtungen und Vermarktungsstrategien. Sie sind unkompliziert und verspielt, auch wenn im Hintergrund mittlerweile mehrere Leute an dem Unternehmen Round Table Knights feilen. Sie zeigen sich unbeschwert und ohne Zukunftsängste, natürlich könne es sein, dass der Tag komme, wo sie nicht mehr gefragt seien, aber vielmehr haben sie das Vertrauen, dass sich das über die Jahre geschaffene, internationale Netzwerk, aus Musikern mit ähnlichen Visionen, sich als tragfähig erweisen wird. Sie vertrauen auf ihre Herangehensweise, die sie bisher gut geleitet hat, einfach immer weiter der Nase nach, tun, was ihnen in den Sinn kommt, Neues ausprobieren und schauen, wohin es sie trägt. Auch sehen sie sich noch lange nicht an ihrem Ziel angekommen: Momentan kümmern sie sich gerade um ihre neuste Eigenproduktion, eine EP mit dem Namen Calypso. Das Schaffen von eigener Musik ist ihr nächster Prüfstein. Mit ihren Ideen gehen sie zum Musiker und Produzenten Benfay, der ihnen bei der Umsetzung hilft. Sich mit ihrer eigenen Musik etablieren zu können, ist die nächste Sprosse auf der Leiter zum Olymp der zeitge-nössischen Disco-Tanzmusik. Das Schöne dabei ist, dass die Beiden entspannt auf dem Teppich bleiben – nur, dass sie gerade dabei sind, ihren grossen Traum in der Wirklichkeit zu erleben.
Foto: zVg.
ensuite, Februar 2010