Von Lukas Vogelsang — Konrad Pauli kam eines Tages zu uns in die Redaktion und legte ein Skript auf den Tisch. Eine nicht enden wollende Kette von Fragmenten, Geschichtsfragmenten. Ideen aus dem Alltag. Es gab keine sichtbare Struktur. Vielleicht erlebte Dinge, vielleicht erfundene – wir wissen es nie ganz genau. Die Geschichten scheinen belanglos zu sein, es gibt keinen wirklichen roten Faden, ausser vielleicht, dass sie in einem Leben eines Protagonisten oder einer Protagonistin stattfinden.
Diese scheinbare Belanglosigkeit interessierte mich, und so wurde eine 20-teilige Serie im ensuite publiziert. Unterdessen ist aus den Fragmenten ein handfestes Buch geworden. Über hundertzweiundneunzig Seiten Fragmente und eigentlich «nur» Alltagsgeschichten. Was daran besonders ist? Die Sensibilisierung. Je mehr wir uns in dieses Buch vertiefen, umso näher rücken unsere eigenen Fragmente des Lebens, die kleinen Dinge. Mit der immerwährenden Frage, ob der Autor hier seine Erlebnisse und Gedanken tagebuchartig aufgezeichnet hat, sinken wir Seite um Seite tiefer in uns selbst. Das Buch wird zum inneren Dialog mit uns selbst.
«Seit jeher unterwegs» ist das siebte Buch des 67-jährigen Aargauer Schriftstellers Konrad Pauli. Er schrieb oft auch im Bund, der NZZ und der Stuttgarter Zeitung – diese Zeilen wurden unterdessen weggespart. Doch das Schreiben ist auch für Konrad Pauli ein wichtiges Lebenselixier: Widerstand gegen die Versteinerung – wie wir auf dem Buchumschlag lesen. Ob das sein innerer Dialog ist? Seine Prosatexte sind mit Sicherheit nicht trocken und leer. Da leben Menschen, und durch die Kopfreise, auf die uns Konrad Pauli mitnimmt, bleibt viel davon in uns hängen. Ein schönes Buch für die Momente zwischendurch, wenn das Laub noch nicht ganz gefallen ist, wenn wir aus dem Fenster eines Kaffees nach draussen sinnen, und wenn wir für einen kurzen Moment Luft holen möchten, uns im Alltag zurückfinden wollen.
Seit jeher unterwegs — Prosa
Edition Isele, Kreuzlingen/Eggingen 2011. S. 296
ISBN 978–3‑86142–511‑3
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2011