Von Fabienne Naegeli – «Let’s apocalypse now, my friend»: Geschehen Katastrophen wie der 11. September oder Fukushima, geistern apokalyptische Szenarien durch die Medien und die Politik. In einer religiös aufgeladenen Sprache und mit Hilfe einer Angst erzeugenden Weltuntergangsmetaphorik versuchen die verschiedensten, gegensätzlichen Parteien ihre Ziele zu erreichen sowie Ereignisse und kriegerisches Handeln zu legitimieren. Alles wird in ein simples, rhetorisch äusserst effizientes Gut/Böse – respektive Freund/Feind-Muster eingeteilt, und die allwissenden PolitikerInnen, Manager-Innen und sonstigen Gottgleichen predigen für und gegen wen man zu kämpfen hat und wer die richtigen und die falschen sind. Nicht mehr die tatsächlichen Fakten sind ausschlaggebend, sondern man kann behaupten, was man will, und sich die Dinge so zurechtlegen, wie man sie gerne haben möchte. Von vielen wird das Scheinhafte und Inszenierte dieser negativen Bilder als Real betrachtet. Im Stück Labor Basel, den «Werkstatttagen Schweizer Dramatik» am Theater Basel, hat Sandra Forrer im 2008 das Drama «Let’s apocalypse now, my friend» geschrieben, das diese Mechanismen der Panikmache reflektiert, und das Spiel mit den Unheilsverkündigungen analysiert. Welche Auswirkungen hat diese globale Verunsicherung? Wie reagieren die Menschen auf solche Bedrohungen und welche Strategien entwickeln sie, um in ihrem täglichen Handeln damit umzugehen? Um das spielerisch Gemachte der medialen Inszenierung herauszustellen, bedient sich die Autorin der modernen Showkultur, und lässt ihre Figuren als bekannte Politik‑, Wirtschafts- und Werbe-Zitatträger auftreten. Bob, der Showmaster und Guru-ähnliche Sektenführer, hat ein Endzeit-Überlebenshandbuch geschrieben. Er hat alles im Griff, behauptet er jedenfalls. Seine vier geladenen Kandidatinnen und Kandidaten wollen sich in seiner TV-Show beweisen, dass sie auf das bevorstehende Ende perfekt vorbereitet sind. Da ist beispielsweise Katrin, die zwanghaft alles durchorganisiert, Eventualitäten abcheckt und in jeder Handtasche eine die Apokalypse auslösende Bombe erwartet. Ihr grösster Albtraum wäre es, wenn die Menschen plötzlich zu mutieren beginnen würden. Des Weiteren nimmt an Bobs Show das symbiotische, in der Liebe Halt suchende Paar Monika und Patrick teil. Er betrachtet die drohende Endzeit als seine grosse Herausforderung, und eifert einem romantischen Heldenbild nach. Am liebsten würde er gegen apokalyptische Tiere und Monster kämpfen. Sie hingegen ist vollkommen handlungsunfähig, wie gelähmt, und fürchtet eine mögliche atomare Katastrophe. Der vierte Kandidat im Kampf um das Ende ist der Intellektuelle Markus. Für ihn ist theoretisch, auf einer Metaebene, alles logisch und klar. Er hat sich mit der Situation abgefunden und freut sich, bei diesem allerletzten Moment dabei zu sein. Zum Verdruss des Strippenziehers Bob stellt er zu viele Fragen, reflektiert alles, so dass er von diesem beinahe disqualifiziert wird. Im Wettbewerb um das ersehnte Finale müssen die Kandidaten Aufgaben lösen, was jedoch nicht immer in geordneten Bahnen läuft. Vermeintlich geht Bob plötzlich verloren, was zu einem Chaos unter den Show-Teilnehmenden führt. Glücklicherweise wollte der närrische Moderator aber nur seine Kandidaten testen. Wer hat wohl die für den Ernstfall beste Überlebensstrategie und gewinnt am Ende das Spiel? Oder muss Bob die Kandidaten vor der heraufbeschworenen Apokalypse retten? Das 2004 gegründete Theater-Team Heiniger/Forrer will mit seiner temporeichen Komödie «Let’s apocalypse now, my friend» die düsteren Weltuntergangsprophezeiungen ad absurdum führen, und den verführerischen Angstbildern das Positive des Lebens entgegenhalten.
Fotos: Kaspar Bucher
ensuite, Mai 2011