Von Hannes Liechti — In der Serie «Musik für …» wird jeweils eine Persönlichkeit aus dem Berner Kulturleben mit einer ausgewählten Playlist konfrontiert. Diesen Monat trifft es die Berner Senkrechtstarterin Stefanie Peter alias Steff la Cheffe.
Gross geworden ist sie mit Beatboxen, erwachsen mit der New Age Harfe von Andreas Vollenweider, und vor fast genau einem Jahr erschien ihr erstes Rapalbum «Bittersüessi Pille». Es folgte ein turbulentes Jahr mit Festival-Auftritten, Club-Tour und Besuch bei Aeschbacher. Eine Gucci-Handtasche hat Steff la Cheffe deswegen aber immer noch nicht.
The Disco 3 a.k.a. The Fat Boys
«Reality (Beat Version)» ab der 12-inch «Reality» (Sutra Records, 1983)
«Reality» gilt als erstes Beatbox-Stück der Geschichte.
Das ist alte Schule, krasse Legenden! Als ich vor Jahren meine Maturaarbeit über Beatbox schrieb, bin ich bei der Recherche am Ende aber bei Doug E. Fresh gelandet. Es scheint nicht so klar zu sein, wer genau der Erste war. Massgeblich ist New York, Ende 70er, Anfangs 80er-Jahre.
Was ist der Unterschied zwischen diesem frühen Beatbox und heutigen Formen?
Das war natürlich alles viel simpler damals. Wenn jemand mit dem Mund ein Geräusch machen konnte, waren die Leute schon hin und weg.
Rahzel
«If Your Mother Only Knew» ab dem Album «Make The Music 2000» (Geffen Records, 1999)
Dieses Album hat das Genre nach einer Absenz in den 90er-Jahren wieder auf die Bildfläche gebracht und gleichzeitig auf einen neuen Level katapultiert. Ich kenne bis heute keine andere Platte, auf welcher es gelang, Beatbox so gut zu produzieren. Davon abgesehen habe ich durch dieses Album den Zugang zum Beatbox überhaupt gefunden. Mein Bruder hat es mir zum 12. Geburtstag geschenkt. Vor allem dieser Song hat mich enorm beeindruckt, und ich habe gleich gespürt: Das muss ich auch können.
Ach, und noch was: Die Geräusche auf «Make The Music 2000» erinnern mich immer wieder an Michael Winslow in «Police Academy» (1984). Viele Beatboxer erwähnen diesen Film als wichtige Inspirationsquelle.
Greis
«Global» ab dem Album «Eis» (Muve Recordings, 2003)
…singt mit: So bringet die Wasserwärfer!
Das war ein Meilenstein. Dieses Album hat mich raptechnisch extrem inspiriert. Zu dieser Zeit begann der Schweizer Hip Hop langsam hörbar und populär zu werden, und Greis stach meiner Meinung nach bereits damals enorm heraus. Er hat inhaltlich etwas zu sagen und geht dabei in die Tiefe, wie kaum ein anderer. Und das nicht nur bei den politischen Tracks. Ausserdem schafft es Greis, in Berndeutsch, Französisch und auch Englisch gleichermassen zu überzeugen, was ausserordentlich schwierig und auch immer sehr heikel ist.
Gerade «Global» ist ein dezidiert politischer Song. Hört man dein Album «Bittersüessi Pille» ist die politische Note auch nicht zu überhören.
Eine politische Botschaft ist mir sehr wichtig, und gehört unbestritten zu mir. Ich finde, im Endeffekt geht die Konsequenz aus der Politik alle etwas an. Allerdings möchte ich auch nicht nur darauf reduziert werden. Ich bin keine ausschliesslich politische Rapperin, dafür bin ich zuwenig aktiv. In erster Linie mache ich Musik, Kunst und Unterhaltung.
Bligg
«Rosalie» ab dem Album «0816» (Universal, 2008)
Dieses Volksmusik-Hip Hop-«Rosalie»-Ding von Bligg trifft meinen Geschmack absolut nicht, ich habe mich überhaupt nie wirklich für ihn interessiert. Vor bald zwei Jahren war ich aber einmal Support Act von ihm und habe mir bei dieser Gelegenheit sein Konzert angesehen. Und ich muss sagen, dass er eine echt gute Show abgeliefert hat. Wie er das Publikum abholte und dann mit super Musikern auf der Bühne ein zweistündiges Set durchzog, das war dramaturgisch und qualitativ eine tolle Leistung. Hut ab!
Andreas Vollenweider
«Airdance» ab dem Album «Air» (Edel Entertainment, 2009)
Du hast Andreas Vollenweider auf seiner letzten Tour begleitet. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Er hat mich kontaktiert, weil er im Zusammenhang mit seinem neuen Album «Air» auf der Suche nach Klängen war, die durch Luft und Atem produziert werden. Da war Beatbox genau richtig. Nach einer ersten Jam-Session war ich von ihm gleich begeistert. Sowohl menschlich als auch musikalisch.
Was hast du von ihm gelernt?
Enorm viel! Er konnte mich als Aussenstehender beobachten und so auf gewisse Eigenheiten hinweisen, die mir bis dahin nicht bewusst waren. Im Bezug auf das Beatboxen z.B., dass meine Figuren alle eher kompliziert angelegt sind, so dass damit ein repetitiver, tranceartiger Sound verhindert wird, wie er für seine Musik wichtig ist. Oder, dass im Bereich meiner feinen Klänge noch ein enormes Entwicklungspotential liegt. Ich könnte noch einiges mehr aufzählen, zuletzt hat er mich sogar dazu ermuntert, mich doch noch mehr an den Gesang heran zu wagen.
Steff la Cheffe
«Annabelle» ab dem Album «Bittersüessi Pille» (Bakara Music, 2010)
Die Idee zu diesem Song entstand, als ich im grossen Pressezentrum im Bahnhof Bern arbeitete. Dort ist mir so richtig bewusst geworden, dass viele Frauen das Gefühl haben, die ganzen Frauen- und Modemagazine unbedingt zu brauchen, da sie sonst zu viel verpassen würden.
Ich finde es toll, dass dieser Song so erfolgreich war, immerhin hat er einen doch sehr kritischen Unterton.
Ist es nicht so, dass man die Ironie auch gut überhören kann, gerade weil der Song relativ poppig daherkommt?
Ich habe mich auch schon gefragt, ob die Message von allen richtig verstanden wird. Ich hatte auch schon Auftritte an Schulen und wurde da unter anderem gefragt, ob ich auch eine Gucci-Handtasche habe.
Foto: zVg.
ensuite, März 2011