Von Morgane A. Ghilardi – Von Alien Invasionen und anderen Endzeitszenarien: Vielleicht ist es auf die Rolle der Amerikaner im zweiten Weltkrieg zurückzuführen, diese von Hollywood sehr prominent vertretene Ansicht, dass ihre Nation an der ersten und letzten Front der Welt kämpfen würde. Das heisst, sollte jemals eine Alien Invasion vor der Tür stehen. In den letzten Jahren haben wir mit Filmen wie «Invasion» (2007), «Cloverfield» (2008) oder «Skyline» (2010) verschiedene Versionen ausserirdischer Invasionen erlebt – meist mit eher düsterem Ausgang. «Monsters» (2010) und «District 9» (2009) betrachteten dabei Menschen nicht nur in der Rolle der Opfer. Während der letztere Film keinen Bezug zum amerikanischen Heroismus hat, können die anderen dies nicht behaupten. Ende Jahr dürfen wir mit «The Darkest Hour» nun eine weitere Interpretation der Invasionsfabel erwarten.
Fünf junge Amerikaner (darunter Darsteller Emile Hirsch und Olivia Thirlby) begeben sich in ihrem Urlaub nach Moskau. Doch anstatt das Nachtleben der Kreml-Stadt geniessen zu können, werden sie mit einer unsichtbaren Macht konfrontiert, die weltweit für Tod und Zerstörung verantwortlich ist. Die Aliens transformieren auf ihrer Suche nach Elektrizität jegliche Materie zu Asche, womit die jungen Touristen bald auf sich alleine gestellt sind. In ihrer Not bringen sie jedoch den Mut auf, sich den Invasoren zu stellen und ihre Schwächen auszunutzen.
Das Motiv des Widerstands ist altbekannt. Es wird immer wieder gern das Durchhalte- und das Durchsetzungsvermögen von Individuen dargestellt, die aber für die ganze Menschheit einstehen. Teenager bzw. junge Erwachsene werden dabei oft zu Rächern der Menschheit, womit die Machtfantasien des entsprechenden Publikums bestätigt werden. Dabei wird aber auch die generelle Überlebensfähigkeit der Menschen betont. In post-apokalyptischen Geschichten wie «Omega Man» (1971) bzw. «I am Legend» (2007), «Mad Max» (1979), «Stakeland» (2010) oder «The Road» (2009) wird die Welt zu einer feindlichen Umgebung, die kein menschliches Leben mehr zulassen will. Einzelne Individuen repräsentieren durch Kraft und moralische Überlegenheit aber den Hoffnungsschimmer der Menschheit und oft auch der Menschlichkeit.
Während die Alien Invasion einen externen Faktor für die Dezimierung oder den Untergang der Menschheit darstellt, stellen viele Filme ein anderes Endzeitszenario dar. Die Faszination Weltuntergang hat seine kulturellen Wurzeln in der judaistisch-christlichen Tradition, die das Ende des irdischen Daseins der Menschheit verheisst. Ingmar Bergmann stellte in «Det sjunde inseglet – Das siebte Siegel» (1957) die konstante Panik vor der kommenden Apokalypse dar, welche die mittelalterliche Psyche angesichts der Pest plagte. Ausser in fundamentalistisch evangelischen Glaubensrichtungen, wie sie z.B. in der amerikanischen Tea Party vertreten sind, sind wir mit dieser Einstellung wenig vertraut. Viel eher fürchten wir atomare Kriege und Umweltkatastrophen, d.h. Zerstörung, die direkt oder indirekt durch menschliche Hand zustande kommt. Sei es ein Virus, Vernachlässigung ökologischer Anliegen oder menschliche Aggression, Hollywood hat unsere fantasievollen und auch nicht unrealistischen apokalyptischen Vorstellungen in diversen Formen reflektiert.
Es scheint als würde das (post-)apokalyptische Genre, wie fantastisch oder fingiert es auch sein mag, als starke Metapher für unsere Angst vor uns selbst, also unserem Potential für Zerstörung dienen. Gleichzeitig werden meistens auch unsere Tugenden und Stärken bestätigt, und damit unser Vermögen, unsere Schwächen zu überwinden. Natürlich darf der unglaubliche Unterhaltungswert der Zerstörung der Welt nicht unterschätzt werden, vor allem wenn sie spektakuläre Computereffekte ermöglicht.
Da wir mit dem Schritt ins Jahr 2012 viel Tamtam um Weltuntergangstheorien ertragen müssen, dürfen wir uns, passend zu Neujahr, den Abstecher ins Fantastische mit «The Darkest Hour» gerne erlauben. Timur Bekmambetov, Regisseur des berüchtigten «Nochzoi Dozor — Night Watch» (2004), produzierte den Film übrigens, während Chris Gorak mit diesem Film seine zweite Regiearbeit abliefert. Nach «Right at Your Door» (2006), einem Katastrophenfilm mit massiven Drehbuchschwächen, bietet sein neues Projekt ästhetisch und darstellerisch einiges mehr. Wenigstens gehen wir mit guter Unterhaltung unter.
»The Darkest Hour”
Regie: Chris Gorak. USA, 2011. 89 min.
Foto: zVg.
ensuite, Januar 2012