Von Sonja Wenger — Hollywoods Altstar Donald Sutherland hofft auf eine Revolution. Eine reale, von jungen Menschen angeführte Revolte gegen die drastische Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit in den USA, die das Land umkrempeln und die Gesellschaft wieder auf einen besseren Weg bringen soll. Mit ein Auslöser dafür könne, wie Sutherland kürzlich sagte, die Verfilmung der «Hunger Games»-Trilogie – «Die Tribute von Panem» – von Suzanne Collins sein, deren zweiter Teil «Catching Fire» nun in den Kinos läuft, und in denen er eine grössere Rolle spielt.
Doch eins nach dem anderen. Die zwischen 2008 und 2010 erschienen Bücher «The Hunger Games», «Catching Fire» und «Mockingjay» handeln in der postapokalyptischen Nation Panem in Nordamerika. In den ursprünglich dreizehn Distrikten des diktatorisch regierten Panem leben die Menschen in extremer Armut und arbeiten nur für das Wohlergehen einer kleinen, dekadenten Elite in der Hauptstadtmetropole. Die jährlichen «Hungerspiele» – bei denen aus jedem Distrikt je ein Junge und ein Mädchen ausgewählt werden, die sich im Stil der römischen Gladiatoren in einer Arena bekämpfen müssen, und von denen nur eine Person überleben darf – sollen dabei eine Ablenkung von eventuellen revolutionären Gelüsten sein. Im Buch wie im Film wird die Geschichte aus der Sicht der jungen Katnis Everdeen (Jennifer Lawrence) erzählt, einem der ausgewählten «Tribute», die sich als zähe Kämpferin und exzellente Bogenschützin erweist, und die durch ihr störrisches aber anpassungsfähiges Wesen das Regime herausfordert.
Durch den medienwirksamen Trick sich als Paar auszugeben, schaffen es Katnis und Peeta (Josh Hutcherson), ihr Partner aus dem Distrikt, beide zu überleben und zu den neuen Lieblingen der Nation zu werden. Zu Beginn des zweiten Teils müssen sie die Illusion ihrer Romanze aufrecht erhalten, und werden von Präsident Coriolanus Snow (Sutherland) auf eine Promotionstour durchs Land geschickt. Doch statt des erhofften beruhigenden Effekts auf die unterdrückte Bevölkerung scheinen sie deren wachsenden Unmut nur noch anzustacheln. Katnis ist durch ihre Auflehnung gegen das System zur Hoffnungsträgerin vieler geworden. Snow reagiert, wie die meisten Diktatoren, mit brutaler Repression, und beschliesst, Katnis unter der Regie des manipulatorischen Spielmeisters Heavensbee (Philip Seymour Hoffman) noch einmal in die Arena zu schicken.
Die gut geschriebenen Bücher, die sich kritisch etwa mit den Themen Krieg, Macht und Medien auseinandersetzen, waren schnell erfolgreich, wurden mehrfach ausgezeichnet und bisher in 26 Sprachen übersetzt. Wenig verwunderlich, dass seit 2011 auch die Verfilmung der Trilogie im Akkord läuft. Und damit man die Milchkuh noch etwas länger melken kann, werden nach Vorbild von «Harry Potter» und «Twilight» aus dem letzten Buch gleich zwei Filme gemacht.
Doch genug der Kritik, die vor allem der persönlichen Ungeduld geschuldet ist. «The Hunger Games» wie auch der neue «Catching Fire» sind trotz ihrer Länge enorm kurzweilige, solide gemachte Filme mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen, die zum Denken, zum Diskutieren und vor allem auch zum Widerstand inspirieren. Anlass dazu gäbe es genug in der realen Welt, in der von einer macht- und geldgierigen Elite gerade versucht wird, sämtliche hart erkämpften sozialen Errungenschaften unserer Gesellschaften auszuradieren, und die Menschen mit nutzlosem Konsum und inhaltslosen Fernsehshows abzulenken. Das Szenario von «The Hunger Games» ist erschreckend aktuell, und man mag Sutherlands Hoffnung teilen, auch wenn sich noch keine Jugendliche zur Belustigung anderer gegenzeitig abmurksen müssen. Doch im Universum der heiligen Einschaltquoten und überbordenden Mediengeilheit ist dies vielleicht nur eine Frage der Zeit – und eine Identifikationsfigur wie Katnis dringend nötig.
«The Hunger Games – Catching Fire», USA 2013. Regie: Francis Lawrence. Länge: 146 Minuten.
Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2013