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Tomazobi — eine Berner Angelegenheit

Von Camil­lo Land­bø - Seit 1999 macht das Trio Toma­zo­bi die Stadt Bern unsich­er. Tobias „Tobi“ Heim (23), Matthias „Matz“ Kün­zler (26) und Mark „Obi“ Ober­holz­er (26) sin­gen unverblümte, teils scham­lose Lieder auf Bern­deutsch. Nicht sel­ten platzen sie mit Gitarre uner­wartet in eine Par­ty hinein und bescheren den Gästen ein unter­halt­sames und amüsantes Inter­mez­zo.

Ihr singt Trou­ba­dourlieder?
OBI: Es sind Bern­deutsche Lieder.
TOBI: Chan­sons. Man kann es gar nicht so genau definieren. Zum Teil nehmen wir von einem Pop­song die Melodie und machen ein Chan­son daraus.
MATZ: Es ist schon sehr Trou­ba­dour.
OBI: Es sind Bern­er­lieder mit ver­schieden­sten musikalis­chen Ein­flüssen, die uns ger­ade passen.
MATZ: Ja, mal ist es eine Russen­pol­ka, mal ein Afro.

Mit wem kön­nte man euch ver­gle­ichen?
OBI: Mit nie­man­dem.
MATZ: Es ist, wie wenn man Mani Mat­ter und Back­street Boys kreuzen würde.
OBI: Also, wir haben grossen Respekt vor der Bern­er Trou­ba­dour­gen­er­a­tion, aber es geht schon darum, eigene Songs zu machen.

Eines eur­er Lieder han­delt von ein­er durchzecht­en Nacht. Und am näch­sten Mor­gen erin­nert ihr euch nicht mehr an die Tele­fon­num­mer der Frau, die ihr am Abend zuvor ken­nen gel­ernt habt. Ist das jeman­dem von euch passiert?
TOBI: Das Lied heisst „117“.
MATZ: Das basiert nicht auf ein­er wahren Begeben­heit. Es sind eigentlich alle Texte fik­tiv.
OBI: So halb fik­tiv.

Über was singt ihr son­st noch?
MATZ: Wir haben so Geschicht­en­songs. Das „Mün­stergsch­pän­schtli“ ist so ein­er.
TOBI: Es geht um die Gespen­ster, die mit dem Mün­ster­mann auf dem Mün­ster leben und immer Tan­go tanzen. Es ist eine herzige Geschichte. Oder wir sin­gen auch ein Lied das „Lulu“ heisst.
OBI: Das ist eine verkappte Liebesgeschichte.
TOBI: Genau. Eine Liebesgeschichte mit viel Sprach­witz. Ein Bern­deutsches Lied, das sich wie Afrikanisch anhört.
MATZ: Ja. Oder wir sin­gen auch eine Heavymet­al-Par­o­die. Wir haben eigentlich komis­che Texte. Unsere Moti­va­tion ist nicht, über tief­gründi­ge Sachen des Lebens zu sin­gen.
OBI: Unsere Texte sind von grotesk und frech bis zu lustig und roman­tisch.
MATZ: Sie wider­spiegeln ein wenig unsere Hal­tung. Dass wir uns über vieles lustig machen und ein wenig spöt­tisch sind. Wir set­zen uns über alle Tabus hin­weg.

Wie ist Toma­zo­bi ent­standen?
TOBI: Bei ein­er Hochzeit von Fre­un­den haben wir ange­fan­gen. Mit drei Liedern.
MATZ: Wir sind zu Beginn eigentlich immer nur so bei Festchen aufge­treten.
OBI: Wir haben uns nie über­legt: Wir machen jet­zt eine Trou­ba­dour­gruppe. Es ist ein­fach ent­standen.
MATZ: Wir haben uns, um zu proben, auch nicht regelmäs­sig getrof­fen. Erst in der let­zten Zeit, weil wir gutes Feed­back erhal­ten, kom­men langsam die Ambi­tio­nen.

Wie entste­hen die Lieder?
TOBI: Wir machen pro Anlass ein neues Lied — ein Spezial­lied.
MATZ: Zum Beispiel für das Geburt­stagskind ein Geburt­stagslied.
OBI: Oder ein Lied für die Beiz, in welch­er wir auftreten.
TOBI: Als wir beispiel­sweise in der Mahogany Hall auf­trat­en, schrieben wir einen Jaz­zsong. Oder fürs Fest von einem SF1-Mod­er­a­tor, das Lied „VIP“.
MATZ: Wir tre­f­fen uns jew­eils etwa sechs Stun­den vor dem Konz­ert und „tüä umepröbälä“ – suchen blöde Texte.
OBI: Ein­er fängt ein­fach an, wenn er nicht mehr weit­er weiss, weiss der andere weit­er. Wir wiegeln uns gegen­seit­ig auf. Gewisse Getränke begün­sti­gen das Ver­fassen von Tex­ten natür­lich mehr als andere.

Was macht ihr im Leben neb­st ToMa­zO­bi son­st noch?
MATZ: Wir sind eigentlich alle Musik­er.
TOBI: Ich spiele noch bei anderen Bands mit und bin Musik­lehrer.
OBI: Ich spiele in Jazz und Funkbands als Trompeter. Und studiere an der Jaz­zschule in Luzern.
MATZ: Ich bin Musik­er und Pro­duzent.

Ange­blich macht ihr Bern­er Beizen und Par­tys unsich­er, wie muss man sich das vorstellen?
MATZ: Manch­mal über­fall­en wir ein­fach eine Par­ty und treten auf. Wir sind so das Par­tyzück­erchen. Zudem sind wir pflegele­icht, man kann uns ein­fach hin­stellen, drei Hock­er und was zu trinken geben. Und schon sind wir zufrieden.
OBI: In let­zter Zeit haben wir ange­fan­gen, nach einem organ­isierten Konz­ert weit­erzuziehen und irgend­wo nochmals aufzutreten. Spon­tan.
TOBI: Ein Afterkonz­ert.
OBI: Nach dem Konz­ert im Wasser­w­erk sind wir zum Beispiel ins Dead End spie­len gegan­gen.

 Tief­gründig sollen die Texte nicht sein, was ist es denn, was ihr rüber­brin­gen wollt?
OBI: Uns ist es wichtig, dass wir live spon­tan rüberkom­men. Wir wollen nicht per­fekt sein. Das ist wichtiger als die Texte selb­st. Es darf Fehler haben. Das ist manch­mal sog­ar gut. Das Pub­likum darf darüber auch lachen.
MATZ: Wir sind selb­stiro­nisch.
OBI: Wir wollen bewusst dem Per­fek­tion­is­mus, der in der Musik — über­haupt in allem — zurzeit so gross geschrieben wird, ent­ge­gen­hal­ten.
TOBI: Und wir wollen den Leuten einen unbeschw­erten Abend bescheren.
OBI: Ja, einen flot­ten Abend.
TOBI: Und uns auch.
OBI: Es geht auch nie ums Geld.

 Wo tretet ihr näch­stens auf?
MATZ: Im Musig-Bistrot am 6. Juni. Tev­fik Kuyas wird uns mit Bass begleit­en. Für dieses Konz­ert üben wir auch mal richtig ern­sthaft. Und: Wir machen dort eine Live-Auf­nahme.
OBI: Am Woodrock-Fes­ti­val im Emmen­tal treten wir eben­falls auf. Als Pause­nun­ter­hal­tung.
MATZ: Wie Tra­cy Chap­man es tat.

 Gibt’s von euch eine CD?
MATZ: Nein. Aber aus der Live-Auf­nahme im Musig-Bistrot machen wir eine. Denn wir wer­den viel gefragt, ob wir eine CD haben.

Bild: zVg.
ensuite, Juni 2003

 

Artikel online veröffentlicht: 5. Mai 2017 – aktualisiert am 2. Juni 2017