Von Pascal Mülchi — Sie hätte da so einen trashigen Film gesehen. Auf Arte. Sagte sie. Sogar eine Film-Serie namens Trash gäbe es da. Ah ja. Sagte ich. Und rums war der nächste anstehende Trash-Film auf Arte schon einverleibt. «Abigail Leslie is Back in Town». So hiess der Film. Eine Sexploitation-Soap aus dem Jahr 1975. Von Joseph W. Sarno. Einem Pionier dieser in urbanen Grindhouse-Theatern gezeigten Filme. Eine wunderbar dramatische Liebesgeschichte. Mit viel Sex. Und so. Mit Orgien. Und einer bisexuellen Liebesgöttin. Namens Abigail. Fünf Drehorte, vier männliche und sechs weibliche Charaktere. Lange Kameraeinstellungen. Leidenschaftliche Phrasen wie «Did he get into your pantys?». Männer, die sagen: «I never had time for no girls!» Aber der Trash in diesem Film?
Arte schreibt, dass sie die Trash-Serie im Rahmen des Mitternachtkinos zeigen würden (der Film lief in der Nacht von Sonntag auf Montag um 03:00 Uhr in der Nacht…). Gedacht sei diese Plattform als Spielwiese für durchaus abseitige Filme, die eine zweite Chance verdienen würden. Schreibt Arte. Spielwiese, ja. Zweite Chance: Neues Altes. Sozusagen.
Es sollten Filme gezeigt werden, die den herrschenden Normen entgegenstehen. Lesben in den 70ern. Oh ja. Und wie. Jahre bevor gleichgeschlechtliche Liebe zu einem Trend wurde. Eingebettet in der sexuellen Revolution. Der Film ebnete so dem Hardcore den Weg. Er ignoriert lustvoll die damals herrschenden moralischen Vorstellungen. Sarno lässt die Frauen vom Höhepunkt erzählen. Und lässt sie ihn dann erleben. Lässt sie mit Dildos spielen. Gleichzeitig kennt Sexgöttin Abigail ihr sexuelles Streben und Verlangen ganz genau. Trägt es verführerisch weiter. An offenbar gelangweilte Frauen. Und begeistert sie. Bringt die sexuelle Heilung. Den Frauen. Aber auch den Männern. Als Ganzes stellt sich der Film quer. Ist frech. Direkt. Provoziert. Schert sich nicht um Konventionen. Stellt sich dem Mainstream gegenüber.
Schnell und billig seien die Trash-Filme produziert worden. Und würden sich mit Vorliebe auch noch an der Grenze zwischen Kitsch und Kunst bewegen. Schreibt Arte auch noch. Ersteres trifft zu, das zweite könnte zutreffen, weil vieles nach Jahren womöglich zu Kitsch wird. Und dann mit Kunst in Verbindung gelangt. Oder dann als das bezeichnet wird. Trash eben. Neues Altes. Etwas, das sich die Spielwiese nimmt. Und sich austobt. Oder es damals getan hat. Um heute wiederentdeckt zu werden.
Bild: Jennifer Jordan alias Abigail Leslie / Foto: zVg.