Von Pascal Mülchi — Von Trash-Kultur per se wollen die von mir zum Sujet «trash» befragten französischen Frauen und Mannen nicht ernsthaft etwas wissen. Nur wenige finden, es gäbe so etwas wie eine «culture du trash». Vielmehr hat das englische Wort «trash» – auch bei Befragten im fortgeschrittenen Alter! – in unserem Nachbarland längst Einzug in den alltäglichen Gebrauch der französischen Sprache gefunden. «trash» findet als Adjektiv seine Verwendung, es definiert eine Aktion, ein Werk oder eine Person. Und zwar als: physisch schmutzig, widerlich, abscheuerregend, eklig oder unmoralisch. So lässt es sich im Internet nachlesen.
Der Begriff «trash» und seine Verwendung beinhaltet also klar eine negative Konnotation. Als Beispiel wurden mir genannt: Ein Kerl, der gerade dabei ist ein Mädchen zu vergewaltigen, oder unverhältnismässige Polizeigewalt als News am Fernseher. Also etwas, das erst einmal schockiert. Etwas Heftiges, Rüdes. Etwas das lieber nicht mit den eigenen Augen gesehen werden will, weil abstossend und abscheulich.
Oder ein Film, ganz allgemein, dessen Inhalt einem aufhorchen lässt, einem in Schrecken versetzt, krass ist; das sanfte Innere unserer NachbarInnen tief bewegt und durcheinander bringt. Musik, die nicht in die Ohren der FranzösInnen passt, Literatur oder auch nur eine kurze alltägliche Erzählung aus dem Bistro von nebenan, die unmoralisch daher kommt.
Oder aber eine Person, deren Denken, Handeln, ihr Benehmen oder ihre Attitude «trash» ist. Im provozierenden und damit anormalen, rebellischen Sinne. Hier stimmt die negative Konnotation aber nicht vollends, wurde mir doch mehrmals versichert, dass «une personne trash» oftmals positiv eingeschätzt wird. Oder zumindest aus der Sicht derer als positiv angeschaut wird, die sich als «trash» bezeichnen. Vielfach bezieht sich das Wort auch nur auf die Kleidung der Leute. Jemanden, der sehr extravagant, aussergewöhnlich daherkommt, nennen die FranzösInnen auch schon mal «trash».
In den wenigsten Fällen korreliert die Verwendung des Adjektivs «trash» nicht direkt mit einer Aktion, einem Werk oder einer Person. Jemand nannte Ware als Beispiel, die zu einem Spottpreis angeboten wird. Oder dann «trash» als «une poubelle qui pue». Also «trash» im eigentlichen Sinn: Abfall der stinkt. Und wie: so stark, dass es kaum zum Aushalten ist. Auch das ist «Trash à la française».
Foto: zVg.
ensuite, November 2010