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Trendige Selbstdefinition?

Von Pas­cal Mülchi — Ein Action­film von 1990 (Lion­heart), ein Bar­baren­film aus dem Jahr 1982 (Conan the Bar­bar­ian), ein Mar­i­onet­ten­film aus dem Jahr 2004 (Team Amer­i­ca: World Police).

Sind das Trash-Filme? Eine Film­rei­he in Bern zeigte ver­gan­genen Monat diese drei Filme und diverse Hor­ror-Streifen unter dem Über­ti­tel «Trash». Eine Spuren­suche.

Muskel­protz Jean Claude Van-Damme hat eine pein­liche Mor­gen­lat­te, Arnold Schwarzeneg­ger brummt in steirischem Akzent rup­pige Halb­sätze in Englisch und Pro­mi-Pup­pen sin­gen «Every­one hast AIDS». Ist das Trash? Oder sind es Van-Dammes enge Hochwasser­jeans? Oder Schwarzeneg­gers Man­neskraft, der mit einem Hieb ein Kamel nieder­streckt? Oder doch Alec Bald­wins Film Actors Guild, kurz F.A.G., das im Englis­chen Schwuch­tel heisst?

So klar ist nicht, was in den drei Fil­men – die Hor­ror-Filme wer­den aus­geklam­mert – der Trash genau ist. Eher wird Trash beim Betra­cht­en der Filme hinein pro­jeziert. Schliesslich sucht man doch den Trash, wenn Trash drauf ste­ht – auch wenn nur auf dem Fly­er. Na dann. Los! Lion­heart: Das Filmde­but von Shel­don Let­tich. Die Sto­ry: Leon (Van Damme) wird zum Deser­teur, weil sein Brud­er im Ster­ben liegt. Er flieht aus der nordafrikanis­chen Wüste nach Ameri­ka, um dort die Nachricht zu erhal­ten, dass sein Brud­er tot ist. Helden­haft und grosszügig erbeutet Onkel «Löwen­herz» in ille­galen Kämpfen for­t­an Geld für die Witwe und ihr Kind. Am Ende besiegt er den über­mächti­gen Atti­la und hat für immer wie für alle aus­ge­sorgt. Hap­py End. In diesem Film mutet einzig das Out­fit – neben der triv­ialen Geschichte – trashig an: Leon mit den engen Hochwasser­ho­sen, die er bis unter die Achseln zieht. Dazu das ras­siges Jeans-Hemd. Die Damen mit neon­far­be­nen Biki­nis, Föh­n­frisuren und hip­pen Rollschuhen. 80er-Jahre-Lifestyle als Trash. Sozusagen. Conan, the Bar­bar­ian: Ein Low-Bugdet-Fan­ta­sy-Film von John Mil­ius. Die Sto­ry: Arnold Schwarzeneg­ger lebt als Conan in ein­er mythis­chen Welt im Umbruch zur Eisen­zeit. Als Kind erlebt er wie sein Volk von Magi­er Thul­sa Doom über­fall­en wird und seine Mut­ter mit dem Schw­ert seines Vaters enthauptet wird. Conan wird ver­sklavt, wird zum Glad­i­a­tor und rächt sich an Thul­sa Doom. Hap­py End. Aus heutiger Sicht gren­zt der Film in mehrere Hin­sicht an Trash: bil­lige Spe­cial-Effek­ts, eine sim­ple Erzählstruk­tur, Schwarzeneg­ger als tierisch­er wortkarg­er Bar­bar­baren-Held, unter­malt mit teils über­trieben­er pom­pösen Musik. Aber zur Zeit, als der Film pro­duziert wurde, ward er wohl kaum als Trash definiert – wie bei Lion­heart. Team Amer­i­ca: World Police: ein von den South-Park-Mach­ern, Trey Park­er und Matt Stone, aufwändig mit Mar­i­onet­ten real­isierte Karikatur. Die Sto­ry: das Team Amer­i­ca kämpft unter der Titel­musik «Amer­i­ca, Fuck Yeah» um die Weltherrschaft der USA, gegen mus­lim­is­che Ter­ror­is­ten, gegen Nord­ko­rea mit seinem Dik­ta­tor Kim Jong-Il, der die Welt gemein­sam mit paz­i­fistis­chen US-Schaus­piel­ern zer­stören will. Natür­lich gelingt dies nicht, denn das Team Amer­i­ca um den Helden Gary vere­it­elt in let­zter Sekunde die Katas­tro­phe. Hap­py End. Weil alles in diesem Film ver­arscht wird, ist irgend­wie nichts oder alles trashig. Was bleibt sind die sim­ple Erzählstruk­tur und das Hap­py End. In diesem Fall aber ein Hap­py End, das Hol­ly­wood karikiert.

Sind also in der beschriebe­nen Film­rei­he eine sim­ple Erzählstruk­tur und ein Hap­py-End als eine Art Trash-Kon­stan­ten zu ver­ste­hen? Vielle­icht ja, vielle­icht ist auch nur Hol­ly­wood dafür ver­ant­wortlich. Sich­er ist nur eines: es han­delt sich beim Titel der Film­rei­he um eine Selb­st­de­f­i­n­i­tion: es wurde nach etwas passen­dem gesucht und man ist auf diesen trendi­gen Begriff gestossen. Dahin­ter steckt die Idee, dass etwas Geschaf­fenes von späteren Gen­er­a­tio­nen wieder neu definiert wird (wie es der Ver­fass­er dieses Textes auch tut). Der Beobachter entschei­det also über Trash-Sein oder Nicht-Trash-Sein. Ihm dürfte egal sein, ob er das darf oder nicht. Die Def­i­n­i­tion von Trash kön­nte damit los­gelöst von fix­en Kon­stan­ten sein, sie stellt sich der Vergänglichkeit quer. Denn was heute nicht Trash ist, wird vielle­icht schon mor­gen als Trash definiert. Vielle­icht auch nur, weil es derzeit im Trend ist – oder im Anti-Trend.

Foto: zVg.
ensuite, April 2010

 

Artikel online veröffentlicht: 25. Oktober 2018