Von Simone Weber - Falls Ihnen bei diesem Wort ein schummriges Bild von Thierry Henry und einem billigen französischen Auto vor dem geistigen Auge erscheint, haben sie den Zug verpasst. Vavavoom steht für good goods und fair fashion made in Brasil und vereint gemäss Diktionär Spannung, Energie und Anziehungskraft.
Vavavoom entstand vor einigen Jahren in den Köpfen eines multinationalen Haufens kreativer Leute. Besonders wichtig war den Briten, Schweizern und Brasilianern, dass von der Herstellung der Kleider bis zu deren Verkauf keiner ausser ihnen das Produkt in die Hände kriegte.
Bei einem Aufenthalt in Brasilien lernten die Freunde Ulysse und Daniel – das Schicksal hatte wohl gerade besonders gute Laune – den Brasilianer Marcelo kennen, der schon seit Jahren Kleider produzierte. Man setzte sich zusammen und erarbeitete ein Konzept für eine gemeinsame Kollektion. Motivationsmotor war das Interesse daran, wie man Kleider produzieren könnte, ohne dass beim Verkauf zu grosse Kosten entstehen.
Im Jahr 2003 trug die Arbeit ihre ersten Früchte. «The Tiger Eye Collection» wurde zum Leben erweckt. Diese Kollektion bestand aus Basics für den Mann und erzählt die Geschichte eines Steines — des Tigerauges. Die entwickelten Kleidungsstücke sollten nicht selbstgestrickt rüberkommen, sondern durften durchaus einen kommerziellen Charakter besitzen. Brasilien wurde also nach seinen besten Tüchern durchkämmt. Und so stiessen unsere Freunde auf moderne Stoffe, aber auch alte Bekannte wie sandgewaschene Baumwolle und Ripp. Ziel war es, die tollsten Gewebe Brasiliens zu finden, die auch in der Schweiz und in London ankommen würden.
Die ersten Prototypen wurden während des Carneval 2003 in Rio de Janeiro produziert. Es war ein magischer Moment. Eine Freundin hat mit ihren Frauen die Stoffe zusammengenäht, anschliessend wurden die fertigen Kleidungsstücke von einem Fotografen und ein paar knackigen Herren ins beste Licht gerückt. Schliesslich machte sich eine Schachtel auf den Weg nach Porto Alegre, eine ging nach Sao Paolo, eine andere nach Bern und eine Schachtel landete in London. Die letzte blieb in Rio.
Um die guten Stücke ans Volk zu bringen, wurden Männer und Frauen zu Vavavoom-Partys eingeladen. In verschiedenen Städten wurden unterschiedliche Feste gefeiert und auf unkomplizierte Art und Weise wurden die Tigerauge-Kleider unter die Menschen gebracht. Diese Festerei lief immer auf privater Basis. Modeschauen gab es keine. Im Zentrum stand niemals die Mode, sondern immer das Fest. Die Kleider verkauften sich trotzdem.
Gefeiert wurden auch Openhouse-Parties, bei Freunden zu Hause, wo die Kleider ausgestellt wurden. So underground zu sein war eigentlich gar nicht das Ziel. Die Leute sollten auf die Kleider aufmerksam werden und kaufen, damit weiterproduziert werden konnte. Wichtig war nach wie vor, kein Geld für den Verkauf ausgeben zu müssen. Der Käufer sollte möglichst nur den wirklichen Wert des Kleidungsstückes bezahlen.
Anfangs versuchten die Freunde, ihre Kollektion in die Läden zu bringen, aber die Verkäufer nahmen viel zu hohe Margen. Das machte keinen Spass. Sie wollten es ohne Laden versuchen und glaubten, dass es funktionieren würde. Und es gab einige im Team, die wirklich was vom Modegeschäft verstanden.
Auf das Tigerauge folgte 2004 eine Taschenkollektion. Einfache Baumwolltaschen wurden mit der Milch der Seringera-Bäume bestrichen. Die Milch ist gummiartig und wird von Naturvölkern aus dem Amazonas einmal jährlich geerntet. Ergebnis ist ein plachenähnliches Material mit einer besonderen Geschichte. Die Taschen wurden in der Schweiz mit grossem Erfolg verkauft.
2005 wurden zum ersten Mal Frauenkleider produziert. Ein Jahr später standen reziklierte Stoffe im Mittelpunkt. Jedes Jahr kam etwas Neues dazu, später dann wurde
fleissig bedruckt und gestickt. Immer wurden die fertigen Kleidungsstücke sowohl in Brasilien, London wie auch in der Schweiz verkauft. Am besten wechselten die Vavavoom-Teile aber in der Schweiz und in Brasilien den Besitzer.
Wir befinden uns nun im siebten Lebensjahr der Vavavoom-Maschinerie. Die diesjährige Kollektion kam im März unter dem Namen «Matizes Cariocas/Fleur de lys» (Einheimische Schattengewächse/Lilie) heraus. Im Mittelpunkt stehen noch mehr Stickereien und Pailletten.
Hauptziel ist nach wie vor, vom Rohmaterial bis zum Verkauf des Endproduktes möglichst keine Ressourcen zu verbrauchen. Die ganze Produktion ist mittlerweile so optimiert, dass fast keine Festkosten mehr bestehen. Wurde am Anfang noch ein Spezialist für Bademode, einer für Unterwäsche, ein anderer für Taschen oder Frauenmode engagiert, ist heute eine Frau für die gesamten Schnittmuster zuständig. Zwei andere entwickeln die Kleider, zwei Schneiderinnen nähen das Endprodukt. Die Konzentration darauf, alles zu vereinfachen und immer besser zu werden, hat sich gelohnt.
Gerade erst fand in Bern wieder eine Vavavoom-Party statt. Wer neugierig geworden ist und die nächste nicht verpassen will, kann sich per SMS «Pop-up» an 079 580 72 98 die nächsten Daten schicken lassen.
Foto: zVg.
ensuite, August 2009