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Von der Rolle

Von Bar­bara Roel­li — Frischhal­te­folie. Ein Wort, so prax­isori­en­tiert, so ganz dem prak­tis­chen Schaf­fen ver­schrieben, dass man auf Anhieb weiss, mit was man es zu tun hat: Mit ein­er Folie, die frisch hält was frisch bleiben soll, und schnell zur Hand ist, wenn man sie braucht. Und wo wenn nicht in der Küche erle­ichtern einem solche Hil­f­s­ge­gen­stände wie die Frischhal­te­folie den All­t­ag: Das Sand­wich kom­pakt ein­pack­en für den Trans­port, ohne dass Schinken und Essig­gurke aus den bei­den Broth­älften rutscht. Eine Zitro­nen­hälfte ein­wick­eln, wenn man nur die zweite aus­ge­presst hat. Die marinierten Schweins-Steaks und eingestoch­enen Bratwürste vor dem Gril­lieren zudeck­en, damit im Garten nicht die Wespen über das Fleisch her­fall­en. Die Frischhal­te­folie weiss auch den lästi­gen Fliegen, Bak­te­rien und Schim­melpilzen Paroli zu bieten. Auf in den Kampf gegen das Ungeziefer! Die Hygiene wird obsiegen und die Feinde im Keim erstick­en. Und das dank der Folie aus Poly­ethylen – dem trans­par­enten Kun­st­stoff, der sich satt über einen Teller oder eine Schüs­sel span­nen lässt, wie Tier­haut über eine Trom­mel.

Dank ihrer Trans­parenz ist bei der Frischhal­te­folie auch immer sicht­bar, was man damit zugedeckt hat – im Gegen­satz etwa zur Alu­folie. Was da mit Alu vor der Aussen­welt abgedichtet wird, bleibt jedem Blick ver­wehrt. Zudem blendet die Alu­folie, wenn das Licht direkt auf die sil­berne Ober­fläche scheint, und einem so in die Augen sticht. Das kann man sich ers­paren, ver­wen­det man Frischhal­te­folie – «Pel­li­co­la sal­va-fres­chez­za» auf Ital­ienisch und «Film ali­men­taire» im Franzö­sis­chen.

Zum Beispiel zum Abdeck­en ein­er Schale mit Bircher­mües­li drin: In der linken Hand halte ich die längliche Kar­ton­ver­pack­ung, in der die Frischhal­te­folie liegt, auf eine Rolle gewick­elt: so halt wie sie im Han­del erhältlich ist. Ich öffne die Abdeck­ung der Schachtel und halte sie mit dem linken Dau­men fest. Nun sehe ich die Rolle und ziehe mit der recht­en Hand an der Folie. Habe ich soviel Folie wie ich benötige abgewick­elt, trenne ich dieses Stück von der Rolle. Dafür gibt es eine Art geza­ck­te Sägen­klinge aus Plas­tik, die an der Kar­ton­ver­pack­ung befes­tigt ist. Über diese Kante soll nun die Folie und gezo­gen wer­den, und das abgewick­elte Stück abge­tren­nt, wie es die Illus­tra­tion auf der Ver­pack­ung erk­lärt. Genau das mache ich … Weil sie sich nicht tren­nt von der Rolle, ziehe ich etwas fes­ter an der Folie … Wie es auf der Ver­pack­ung ste­ht … Warum geht das nicht? Ich ziehe sie doch über die Klinge?! … Das abzutren­nende Folien­stück in mein­er recht­en Hand ist mit­tler­weile zerknit­tert. Ich ziehe also noch mehr Folie von der Rolle, weil sich das zerknit­terte Stück kaum mehr zu ein­er glat­ten Fläche span­nen lässt. Dieses Poly­ethylen klebt irgend­wie … Ich habe nun also wieder ein glattes Stück Folie von der Rolle gewick­elt und es über die geza­ck­te Klinge aus Plas­tik gezo­gen; ein­mal zu mir, dann wieder von mir weg … Dann reisst die Folie auf der einen Seite schräg ab … Wer auch immer dieses Frischhal­te­folien­schnei­desys­tem erfun­den hat – ich ver­fluche ihn. Meine linke Hand hält die Ver­pack­ung nun so fest, dass sich der Kar­ton ver­formt. Trotz­dem ziehe ich weit­er an der Folie, und umso mehr zieht sich auch die Folie in die Länge, aber nur auf der Seite wo sie noch nicht schräg abgeris­sen ist natür­lich … VERDAMMT!

Kurz­er­hand schnappe ich mir die Schere und, zack! – ein gross­es Knäuel Poly­ethylen segelt zu Boden. Schlussendlich ste­ht die Schale Bircher­mües­li mit einem straff ges­pan­nten Stück Frischhal­te­folie im Kühlschrank.

Es ist so – bei dieser Folie weiss man, mit was man es zu tun hat: Mit ein­er Folie, die einen frisch hält.

Foto: zVg.
ensuite, Okto­ber 2011

 

Artikel online veröffentlicht: 21. Februar 2019