Von Barbara Roelli — Was ich mag:
Wenn bei Äpfeln in der Migros noch ein Blatt am Stiel haftet.
Den Ausdruck «Kraut und Rüben».
Rezepte sammeln, weitergeben oder weitersagen.
Wenn Tomaten endlich wieder Saison haben, vor allem die Sorte Coeur de Boeuf.
Das Glückselige im Gesicht eines Menschen, der zu essen beginnt und darüber ins Schwärmen gerät.
Roastbeef
Die Salatsauce meiner Grossmutter mütterlicherseits (sie verwendet Kressi Essig).
Wenn der Geruch von Selbstgebackenem durchs Haus zieht.
Ein Menü komponieren; dieses speziell für eine bestimmte Person zusammenstellen.
Pouletschenkel in die Hand nehmen und das Fleisch vom Knochen nagen.
Filme wie «Delicatessen», «Bittersüsse Schokolade», «Eat drink man women».
Mutanten: Rüebli mit eigentümlichen Auswüchsen («Schnäbis»).
Mascarpone mit Rohschinken auf der Pizza.
Was man isst, selber aus der Natur holen; wie Bärlauch pflücken.
Jetzt im Frühling: Carciofini (Miniartischocken) und Barba di frate (Mönchsbart). Beide Gemüse in Harmonie bringen mit Knoblauch und Olivenöl zu Pasta.
Picknicken auf einer wilden Wiese.
Fleischfressende Pflanzen.
Maiskolben auf dem Grill bräteln. Und während dem Essen die schmelzende Butter auf der Zunge spüren.
Überhaupt: Zungenküsse.
Spaghettireste in der Bratpfanne brutzeln bis sie knusprig sind.
Vacherin Mont‑d’Or im Ofen schmelzen und aus der Spanschachtel schlemmen.
Foodstyling in den Kochbüchern von Donna Hay.
Wenn ich jemanden neu kennenlerne, danach fragen, was er gerne isst.
Mürbes Gebäck – wegen des Salzes im süssen Teig.
Rhabarber. Rhabarbara heissen.
Vorratsschränke.
Verlorene Eier.
Den Leuten beim Einkaufen in den Wagen schauen und mir vorstellen, wie sie leben.
Blut- und Leberwurst mit Apfelschnitzen und Kartoffelstock. Und das zur Herbstzeit, wenn gemetzget wird in der goldenen Sonne.
In geselliger Runde über ein Fondue herfallen.
Jemanden zum Fressen gern haben.
Was ich nicht mag:
Spargel aus Peru.
Erdbeeren im Frühling.
Wenn die Person, die gekocht hat, nicht zufrieden ist mit dem Ergebnis und während des Essens das Gekochte schlechtmacht.
Merken, dass ich dies selber tue.
Verdammt Lust haben nach Pasta mit Thonsauce und verzichten (wollen).
Dass der Thunfisch vom Aussterben bedroht ist.
Am Mittag Weisswein trinken und am Nachmittag Kopfweh bekommen davon.
Wenn ein Früchtejoghurt nur dank künstlicher Aromen schmeckt, wie es scheinbar sollte.
Geschmackskombinationen, in denen die einzelnen Zutaten untergehen.
Wenn das Servicepersonal im Restaurant die Teller abräumt, auch wenn noch nicht alle am Tisch fertig gegessen haben.
Wenn man während des Essens nur noch über’s Essen redet.
Wenn Bio-Produkte ökologisch fraglich sind; wie Biobrot mit Bioweizen aus Amerika.
Vom Maiskolben-Essen Pflanzenteile und vom Salami-Essen Fettstückchen zwischen den Zähnen haben.
Gesuchte Produkte wie eine Glacesorte «Cupuaçu Açai-Acerola & Banane».
Nicht wissen, worauf man wirklich Lust hat.
Vegetarisches Cordon-Bleu, vegetarische Nuggets, Quorn Pfeffer Grillsteak, Quorn Gehacktes, Tofu-Kräuterbratwurst: Produkte, die vegetarisch sein wollen, aber fleischliche Namen haben.
Versalzenes Essen; speziell, wenn ich dran Schuld bin.
Wenn ich mir in meiner Hose vorkomme, wie eine Wurst in der Pelle.
Wassermelone. Vor allem das mehlige Fleisch um die dunklen Kerne herum.
Die oftmals undefinierbare Masse am Drehspiess vom Dönerstand.
Essen, obwohl ich keinen Hunger habe.
Gerichte in Menükarten, die mehr versprechen, als sie halten können (Hauptsache speziell).
Leute, die Dinge auf ihrem Teller mit angewidertem Blick sezieren.
Wenn ganze Desserts in Schokoladetafeln gepackt werden: Schokolade mit Crema Catalana,
Mousse au Chocolat, Tiramisu, Panna Cotta.
Wenn Geschnetzeltes, Kräuterbutter und Pommes Frites auf der Pizza serviert werden.
Sich paarende Fruchtfliegen.
Analogkäse, Schweinefleischerzeugnis und andere Schummeleien.
Dass Essen mit den Fingern unanständig sein soll.
Leute, die in Form gepresste Chicken Nuggets essen, die aber kein Fleisch essen können, wenn sie das Tier erkennen.
Die Qual der Wahl zwischen über 70 Joghurt-Sorten.
Dass Essen fettfrei und zum Lifestyle geworden ist.
Foto: zVg.
ensuite, Mai 2010