Von Lukas Vogelsang — Nein, dieser Titelspruch ist weder von mir, noch hier als Polemik an unsere PolitikerInnen und BundesrätInnen gedacht. Dieser dunkle Ausspruch kommt von einem Medienregenten namens Köppel. Dass er für diesen Titelseitenlead seiner Weltwoche vom Bundesrat nicht gesteinigt wird, hat mit dem Verstand unserer Regierung zu tun: Die fällt nicht auf jeden Hofnarren rein. Aber es ist Zeit, dass wir uns wieder einmal diesem Menschen zuwenden, und ihm die nötige Aufmerksamkeit schenken, die er so sehnlichst braucht. Der Herr Köppel hat nämlich ein Problem: Mit Frauen – doch das ist nicht das Einzige, was ihn quält. Aber beginnen wir mal ganz vorne.
Herr Köppel hat ein Hobby: Die Weltwoche. Diese hat er schon früher einmal als Chefregent verunstaltet. Doch den schlechten Ruf liess er nicht auf sich beruhen, und hatte die Idee: Er kaufte im 2006 das Blatt gleich selber, und darf seither regenten wie er will. Er ignoriert, dass die rechtspolitische Blocherisierung die Weltwoche rund 12 000 LeserInnen gekostet hat, und im 2009 mit 81 753 ein Auflagen-Tiefststand erreicht wurde. (1996 war die Auflage noch über 100 000). Vor wenigen Tagen fiel mir die Nummer 28 bei einem Kaffee in die Hände, und ich dachte mir, wenn ich den Schund schon nicht kaufen muss, werfe ich mal einen eingehenden Blick rein.
Das Ergebnis ist erschreckend: Von den 60 Seiten sind nur sechs von Inseraten geziert. Zwei davon sind Eigenwerbung, eine andere ein Mediengegengeschäft, einmal ist es COOP naturafarm (keine Ahnung, wen die in der Weltwoche mit der Anzeige «Für Tiere, die draussen daheim sind.» ansprechen wollen…), einmal Whisky (auch mit intelligentem Werbespruch: «…bei Einsamkeit.»), zweimal Autos – wobei das «Bauernauto» Subaru doppelt so gross ist wie der sportliche Mercedes. Das war’s. Ach, fast vergessen, auch die SVP macht, in der gleichen Grösse wie Mercedes, Werbung. Genau, Herr Köppel streitet immer noch ab, ein SVP-Parteiblatt herauszugeben.
In der 11-köpfigen Redaktion hat es grad mal 2 Redaktorinnen. Im Impressum stehen 49 Männer- und nur 14 Frauennamen. Von 60 redaktionellen Bildern sind auf 17 Frauen erkennbar. Doch diese Frauen sind entweder Hausfrauen, Sexy-Woman, Vielbein, oder Öko-Nudeln (negative Artikel). Oder es wird beim Artikel: «Wer zu hohe Löhne zahlt, geht unter» eine zigarrenrauchende sexy Frau mit knallroten Lippen abgelichtet, mit der Bildunterschrift: «Kinderlose Frauen verdienen meistens gleichviel wie Männer». Die Suggestion ist gelungen: «Was schreit ihr denn alle nach Lohngleichheit?!». Sogar als Nichtpsychologe kommt mir bei dieser Betrachtung nur eines in den Sinn: Mutterkomplex.
Auch die Titel der Artikel sind reinste SVP-Slogans: «Ernüchterung beim Musterknaben», «Der Dichter-Bundesrat», «Voodoo-Ökonomie», «Die Notstände», «Sonnenkönigs PR-Triumpf», «Die Reichen sind Diebe – Ach was!». Die Artikelauswahl liegt zwischen SVP-Parteiprogramm und unnötigen Blabla-PR-Stories, die kein Geld abwerfen. Im Kulturteil beweist Herr Köppel Niveau: Luxus, Stil, etwas Technik, ein Buch, ein Teenie-Film, Jazz & Wein, Nina Hagen – «eine Klasse für sich…» –, etwas Architektur, eine Kolumne, und etwas Latex – mit dem Kulturbegriff vergreift er sich noch tiefer. Jeder Weltwoche-Artikel muss polemisieren, etwas anderes gibt es nicht zu lesen in diesem Heftli. Alles ist sexistisch, rechtspopulistisch, rechthaberisch… männlich? Die Eigenwerbung «Journalismus mit Substanz» stinkt zum Himmel. Es fehlt ja gerade jegliche Intelligenz, die ich mal der Weiblichkeit zuordnen würde. Jeder köppelsche Artikel hat eine klare Absicht: Das Stammtisch-Männer-Gespräch befeuern. Dabei wird journalistische Neutralität vernachlässigt, und man(n) bedient sich jedweder möglichen Suggestion. Hauptsache: laut. Regent Köppels Weltanschauung ist peinlich rückständig – kein Wunder, bleibt in der Schweiz jede Diskussion im Keim erstickt. Er ist nicht, wie oft genannt, ein Intellektueller, sondern bloss ein Rhetoriker, der dies (und den Mutterkomplex) schlau zu verschleiern versucht.
Kein Wunder, dass kein Werber in der Weltwoche werben will. Wer den Weltwoche-Kurs mitfährt, verklemmt sich mit dieser Meinungsbildungs-Institution schlicht im Türrahmen. Dafür verstehe ich jetzt Köppels-Titel: «Wenn Nieten regieren»: Das Resultat ist eben die Weltwoche. Prost.
Cartoon: www.fauser.ch
ensuite, August 2010