• zurück

“Wir wollen auf die Hauptbühne”

Von Luca D’A­lessan­dro — Die Bern­er Elek­tro-Brazil-Gruppe Da Cruz hat nach ihrem Kurza­uftritt im Bam­boo-Zelt am Gurten­fes­ti­val 2007 heuer den Sprung auf die Wald­bühne geschafft. Sän­gerin Mar­i­ana Da Cruz und Pro­duzent Ane Hebeisen trotzten den Regenschau(d)ern, welche sich am Fre­ita­gnach­mit­tag während des Konz­erts über die rund 200 Besucherin­nen und Besuch­er ergossen.

Auf dem Pro­gramm standen tem­pera­mentvolle Songs aus der aktuellen CD «Cor­po Elétri­co» – und Lieder, die ver­mut­lich auf der näch­sten, inzwis­chen drit­ten CD einen Platz ein­nehmen wer­den. Laut Da-Cruz-Grün­der und Pro­duzent Ane Hebeisen dürfte diese ein biss­chen härter und exper­i­men­tier­freudi­ger aus­fall­en. Das Ziel ist klar – wenn auch nicht ganz Ernst gemeint: «Wir wollen auf die Haupt­bühne.»

ensuite — kul­tur­magazin nahm im Anschluss an das Konz­ert – gemein­sam mit Ane Hebeisen und Mar­i­ana Da Cruz – den Back­stage-Bere­ich in Augen­schein.

ensuite — kul­tur­magazin: Ane Hebeisen, es gibt Leute, die auf den Back­stage-Bere­ich abfahren. Wenn man sich so umsieht, gibt es auss­er Wohn­con­tain­ern, Bron­co-Secu­ri­ty-Agen­ten und Offroad­ern nicht viel zu sehen.

Ane Hebeisen: Ja, viel wird einem hier nicht geboten. Die echte Par­ty find­et auf und vor der Bühne statt…

…und auf eur­er CD «Cor­po Elétri­co»: Einzelne Titel sind Par­tyknüller und mit einem sehr dicht­en Instru­men­tar­i­um geseg­net. «Rosa Brasileira» zum Beispiel ist gespickt mit Perkus­sion­se­le­menten und Klän­gen der Choro-Tra­di­tion Brasiliens.

«Rosa Brasileira» ist das Resul­tat unser­er erleb­nis­re­ichen Tournee durch Brasilien. Im Stück fall­en jene Erfahrun­gen und Inspi­ra­tio­nen zusam­men, die wir mit den Men­schen vor Ort erlebt und gesam­melt haben. Das Ganze ver­mengt sich mit meinen Ideen, also jenen aus der Elek­tron­ik-Sparte, und der Stimme Mar­i­anas. Sie bringt das men­schliche Ele­ment hinein: die Wärme.

Fol­glich würdest du deine Rolle, sprich die Elek­tron­ik, als kalt beze­ich­nen?

Nein, das ist nicht mein Anspruch. Die elek­tro­n­is­chen Fär­bun­gen sollen Rei­bun­gen erzeu­gen, die nicht pas­siv gehört, son­dern aktiv miter­lebt wer­den kön­nen. Mir ist es wichtig, dass die Songs den momen­ta­nen Zeit­geist über­dauern. Und dazu bedarf es gewagter Mit­tel. Ich will ver­mei­den, eine Ton­spur zu hin­ter­legen, die ich nach drei Jahren sel­ber nicht mehr hören kann. Das Ganze muss etwas hergeben.

Kommt es heute bere­its vor, dass du dir beim Hören des Débuts «Nova Estação» stel­len­weise die Ohren zuhältst?

Zum Glück nicht! (lacht) Ger­ade gestern bekam ich eine Anfrage aus den Vere­inigten Staat­en: CBS möchte eines unser­er Stücke in einem Jin­gle in ein­er Fernsehsendung ein­set­zen. Das freut mich ausseror­dentlich und beweist, dass die Lieder unseres Débuts noch heute hörenswert sind. Und dessen scheint sich Chris Franck, Urhe­ber der britis­chen Brazil-For­ma­tion Da Lata, bewusst zu sein. Das Lied «Zumbi» auf der aktuellen CD hat er mass­ge­blich mit­geprägt.

Mar­i­ana Da Cruz: Ja, und darüber sind wir sehr stolz. Wenn man bedenkt, dass die Kon­tak­tauf­nahme über das Myspace-Por­tal erfol­gt ist, kön­nen wir eigentlich von Zufall reden, dass es zu dieser Zusam­me­nar­beit gekom­men ist. Chris hat sich ein paar unser­er Lieder ange­hört und uns gefragt, ob er eines davon für einen Da-Lata-Remix her­aus­pick­en dürfe. Selb­stver­ständlich haben wir ihm die Erlaub­nis gegeben; einem Pro­duzen­ten wie Chris Franck ein eigenes Lied anzu­ver­trauen, ist eine grosse Ehre. Nach ein­er Weile sandte er uns seine Vision von «Zumbi» zurück. Sein Vorschlag gefiel uns sehr gut, trotz­dem kon­nten wir diesen nicht so ste­hen lassen: Das Ganze war zu tech­noid für unseren Geschmack. Wir haben uns erlaubt, seine Ver­sion ein­er Gen­er­alüber­hol­ung zu unterziehen. Es war ein regel­rechter Zweikampf zwis­chen uns und Da Lata, weshalb wir den Liedti­tel mit dem Kürzel «vs.» (ver­sus, Anm. d. Red.) ergänzt haben.

Ver­mut­lich wer­den um das näch­ste Album erneut Zweikämpfe gefocht­en, zum Beispiel um dessen Inhalt.

Ane Hebeisen: Wir tüfteln, pro­bieren und acht­en auf die Reak­tion des Pub­likums. Heute auf der Wald­bühne haben wir bere­its fünf Lieder gespielt, die für die näch­ste Pro­duk­tion in Frage kom­men kön­nten. Wir haben die Dynamik und die Reak­tion der Zuhörerin­nen und Zuhör­er beobachtet und uns ein Bild darüber gemacht, ob diese Lieder tat­säch­lich ankom­men kön­nten. Zugegeben, die Tracks sind doch etwas härter als die bish­eri­gen. Ver­mut­lich wird die dritte CD auch so aus­fall­en.

Und wen werdet ihr dieses Mal als Gast­sänger oder Gast­musik­er haben?

Es gibt mehrere Kan­di­dat­en, die ich auf unser­er CD sähe. Freilich wis­sen sie noch nichts von ihrem Glück: Der nige­ri­an­is­che Schlagzeuger und Kom­pon­ist Tony Allen soll schon bald nach Bern kom­men. Wer weiss, vielle­icht lässt er sich für eine Koop­er­a­tion gewin­nen. Ein weit­er­er Gigant ist der öster­re­ichis­che Pro­duzent Stereo­typ, den wir am let­ztjähri­gen Radio-RaBe-Fest im Gaskessel auf der Bühne erleben durften. Am Rande dieses Konz­erts haben wir lange mit ihm gesprochen; kür­zlich kam er sog­ar an unser Konz­ert in Wien. Schliesslich bas­tle ich an euro-amerikanis­chen Klän­gen herum, allerd­ings tönen diese eher nach «deutsch-amerikanis­ch­er Fre­und­schaft» als nach brasil­ian­is­ch­er Musik.

Hat dies wom­öglich mit US-Präsi­dent Barack Oba­ma zu tun?

(lacht) Nein, gar nicht. Wir tas­ten uns in alle Rich­tun­gen vor – wohin uns der Instinkt ver­schla­gen wird, ist noch nicht fühlbar. Ihr werdet es aber schon bald hören.

Infos: www.dacruzmusic.com

Bild: Mar­i­ana Da Cruz / Foto: Luca D’A­lessan­dro
ensuite, August 2009

Artikel online veröffentlicht: 3. September 2018