Von Alexandra Portmann — Die Filminstallation «Anatomie Titus» von Brigitte Maria Mayer dokumentiert mit einzigartigen Bildern und Heiner Müllers kritischer Zivilisationsanalyse «Anatomie Titus Fall of Rome» den kulturellen Wandel in der Moderne. Am 23. Oktober 2010 ist die erstmals in der Akademie der Künste in Berlin gezeigte Installation im Zentrum Paul Klee in Bern zu sehen.
Das Publikum taucht in Brigitte Maria Mayers einstündiger filmischer Inszenierung in eine fesselnde Bilderwelt ein, die die unaufhaltsame Kollision verschiedener Kulturen dokumentiert. Die Fotografin überträgt den Stoff aus Shakespeares wohl grausamster Tragödie «Titus Andronicus» auf neuzeitliche Prozesse, und interpretiert diesen so als zeitlos. Als TextGrundlage dient Heiner Müllers «Anatomie Titus Fall of Rome», in dem er Shakespeares Stück um einen zivilisationskritischen Kommentar erweitert. Dabei wird immer wieder die Frage nach der Ursache des unaufhaltsamen GewaltZyklus gestellt. Mayer setzt den Konflikt aus Shakespeares Stück in einen globalen Kontext, und zeigt Bilder aus Ägypten, Ghana, Deutschland, Syrien und Dubai. Sie vereint in ihrer Arbeit theatrale Szenen, Landschaftsaufnahmen, Musik und Tanz, wobei die Filminstallation aus drei grossflächigen Projektionen besteht, die jeweils synchron ablaufen. Die Figuren Lavinia (Anna Müller), die Gotenkönigin Tamora (Jeanne Moreau) und der römische Feldherr Titus (Erdal Yildiz) stehen im Vordergrund der Geschichte, wobei die beiden weiblichen Figuren als Erzählerinnen durch den Film führen.
Brigitte Maria Mayer bezeichnet ihre Installation als «Passionsweg der Moderne», indem sie versucht, durch ihre Bildkomposition Mythos, Historie und Gegenwart zu verknüpfen. Dabei werden in «Anatomie Titus» die zentralen Fragen aus Shakespeares Tragödie umgeschrieben. Wo liegt das Rom der Antike heute? Wo bündeln sich heute die Machtstränge der Welt?
Die Installation verspricht eine vielschichtige Auseinandersetzung mit zentralen Fragen unserer Zeit. Im Anschluss an die Filmvorführung, um 18.00 Uhr, findet ein Podiumsgespräch mit der Künstlerin Brigitte Maria Mayer und Prof. Dr. Peter Marx vom Institut für Theaterwissenschaften statt.
Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2010