Von Morgane A. Ghilardi: Wiseo wir alle kleine Einsteins sind — Grossvaterparadox, Paralleluniversum, ja, doch, das hat man schon einmal gehört. Man muss nicht Quantenphyik studiert haben, um sich Wissen zum Thema Zeitreisen angeeignet zu haben, denn das Konzept bietet sich in der Filmwelt schon lange als Salz und Pfeffer eines jeden Genres an. Es kann also gar nicht schaden, einen Ausflug ins Reich der temporalen Verwirrung im Film zu wagen, nur um den Überblick zu behalten.
Marty McFly. Klar, daran kommt man gar nicht vorbei. Die dreiteilige «Back to the Future»-Saga (1985–90) stellt die perfekte Kombination von Comedy und Science Fiction dar, und stiftet unter Zuschauern nicht allzugrosse Verwirrung. Es ist eigentlich offensichtlich, dass man in der eigenen Vergangenheit nicht zuviel Schaden anrichten sollte, wenn man selber noch eine Zukunft haben will. Doch noch mehr Klamauk mit Zeitmaschinen bietet «Bill and Ted’s Exellent Adventure» und die Fortsetzung «Bill and Ted’s Bogus Journey» (1989/1991), in denen ein sehr junger und ausnahmsweise nicht depressiver Keanu Reeves sich mit seinem besten Freund in die Vergangenheit begibt, um seine Geschichtsprüfungen zu bestehen. Da alles sehr bunt und spassig ist, braucht man auch hier nicht allzuviel Konzentration. Wie etwa bei der Ritterkomödie «Les Visiteurs» (1993). Etwas tiefer geht die Sache in Coppolas «Peggy Sue Got Married» (1986), in welchem die Möglichkeit erforscht wird, vergangene Fehler und Beziehungen zurechtzubiegen. Das ist natürlich immer eine Idee mit Anziehungskraft.
Anspruchslose Action lässt sich mit etwas Zeitmaschinerie auch einfach aufpeppen. Das Paradebeispiel «Terminator» (1984), dessen episches Universum auf dem Hin- und Herreisen diverser Androiden und Menschen durch die Zeit basiert, zeigt, dass alles gleich viel spannender wird, wenn die Vergangenheit auf die Zukunft trifft, oder die Gegenwart auf die Vergangenheit, oder umgekehrt, oder irgendwie so. Die technischen Aspekte der Zeitreise bleiben dabei oft ein Mysterium.
Wie etwa bei «Donnie Darko» (2001), nicht wahr? Nur dass Richard Kellys Kultstreifen es schafft, den Zuschauer in ein Netz der totalen Verwirrung einzuwickeln, aus dem er sich erst langsam zu lösen beginnt, wenn er den Film zum fünften Mal gesehen hat. Das kann bei einem Film, der das logische Denken von Normalsterblichen zu so vielen Irrtümern verführt, auch erwartet werden. Die unglaubliche Atmosphäre und die vielen guten Schauspieler helfen jedoch dabei, die Verwirrung und das Unwissen zu verkraften, die ja eigentlich jeder Film zum Thema Teenagerängste beinhaltet.
Wie soll dies aber bei einem überromantischen Film wie «The Time Traveler’s Wife» (2009) gehen, kann man sich fragen. In einem Film, der eher zum schluchzen als zum nachdenken verleitet, wird der Zeitreisende zum Götzenbild der Tragik. Wenigstens wird den Frauen, die das Zielpublikum darstellen, zugetraut, dass sie das temporale Tohuwabohu durchblicken. Vielleicht eben, weil das Thema altbekannt ist, und wir alle schon mal mit der damit verbundenen Grüblerei konfrontiert worden sind. Bei einem Film wie «The Girl Who Leapt through Time» (2006) ginge das nicht ganz so einfach, doch dieser Anime vermag es genauso, das weibliche Geschlecht anzusprechen. Zwar ist Mamuro Hosodas Werk teilweise extrem verwirrend, Kritiker sind sich jedoch einig, dass Science Fiction und romantisches Drama darin auf intelligente Weise verbunden werden.
Für das Fernsehen sind in den letzten fünf Jahren interessante Umsetzungen des Themas entstanden. «Journeyman», «Life on Mars» und «Doctor Who» haben mehr Zeit als der Standardfilm, um die Komplexität der Zeitreise auszuloten.
Die Idee der Zeitreise löst einen angenehmen Nervenkitzel aus, und animiert die Fantasie. Was wäre, wenn man eine historische Berühmtheit besuchen könnte? Oder gar sich selbst, sei es in der Zukunft oder in der Vergangenheit? Wer sich aber etwas auskennt, sollte wissen, dass man wenn möglich nicht die eigene Timeline stören sollte. Das führt nur zu unnötigen Komplikationen und paradoxen Situationen, die das Universum zerstören könnten. Was jedoch kaum schadet, ist, sich mit diesem oft logikverschmähenden Genre auf dem Bildschirm auseinanderzusetzen. Unser mageres Verständnis in Sachen Zeitreisen wird dem Wissen Einsteins oder Hawkins nie gerecht werden, doch die Denkgymnastik und stundenlangen Diskussionen, die solchen Filmen folgen, können nur gut tun.
Foto: zVg.
ensuite, September 2010