Schon 1985 schrieb die unvergleichliche Margret Atwood diesen dystopischen Roman, der 1990 von Volker Schlöndorff auch verfilmt wurde. Sprache, Handlung, Politik vermischen sich zu einem Gesellschaftsentwurf mit erschreckenden Gegenwartsbezügen: Biopolitik, Angstszenarien, Männerherrschaft und Herrschaftstechniken minutiös, eindrücklich und nachvollziehbar beschrieben. Wer verstehen will, weshalb Donald Trump zum ernstgemeinten Kandidaten der USA aufsteigen konnte, ist bei Atwood richtig, denn im Kern geht es um die sog. Frauenfrage: “Erste Welle das Frauenwahlrecht. Zweite Welle das Frauenbild. Dritte Welle geht es um Gewalt, Vergewaltigung und Tod.” Atwood zieht im aktuellen Interview im “The Guardian” eine Wort- und Herrscherpraxis von “Gilead” (das Amerika in ihrem Roman) zur digitalen Revolution “with the most amaziningly vicious online abuse of women.” 2011 konnte ich Atwood als kluge, messerscharfe, blitzgescheite, höfliche, warmherzige Gesprächspartnerin erleben: Immer mit einem Hauch von distanzierter Ironie — als ob sie wüsste, wie fremd und vertraut sie sich und ihrer Umgebung gleichzeitig sein kann.
FBM — Einstimmung/Büchertipps
Artikel online veröffentlicht: 17. Oktober 2016 – aktualisiert am 14. April 2017