Von Lukas Vogelsang – Der Progr soll auf Wunsch des Kultursekretärs Christoph Reichenau mindestens noch ein Jahr, bis zum Baubeginn der noch zu definierenden Lösung des Progr-Gebäudes, bleiben können. Sicher ein vernünftiger Vorschlag, denn ein grosses Problem bleibt bestehen: Wohin gehen all diese Ateliers und Bühnen, wenn das Gebäude kulturell geschlossen wird? Gibt es in der Stadt Bern noch einen so attraktiven Ort oder gibt es überhaupt irgendwo noch Atelierräume? Durch das Zentralisieren der «Berner Kulturszene» ist die Stadt Bern eine unausgesprochene Verantwortung eingegangen: Sie muss zur Erhaltung einer Kunstbewegung den Werkraum auch nach dem Progr-Zeitalter gewährleisten können — diese Forderung darf gestellt werden. Wer schon mal ein Atelier gesucht hat, welches für Künstler noch zahlbar ist, der wird ins Grübeln kommen. Jetzt, wo sich alles eingespielt hat, wo sich eine soziale Gemeinschaft gebildet und etabliert hat, wird es schwierig sein, Adäquates anbieten zu können. Doch etwas Neues zu finden, ist in erster Linie die Aufgabe der Stadtpolitiker, denn die haben das Versprechen gegeben. Und es wird keine Lösung sein, wenn wir unser kulturelles Epizentrum an den Rand der Stadt verweisen werden. Mir brennen die Fingernägel, denn ich habe die schlechte Vorahnung, dass bis jetzt noch niemand weiss, wo man in Bern einen «zweiten Progr» aufbauen könnte.
In diesem Zusammenhang kann man auch gleich die Diskussion um das Kornhausforum in die Runde werfen. 125‘000 Franken braucht’s, um den Grundbetrieb finanzieren zu können und damit einen Kulturbetrieb aufrechtzuerhalten, der vielleicht als Bühnenersatz für die Progr-Bühnen gelten könnte. Es ist natürlich ein grosser Unterschied, ob man aus dem Kornhaus einen Seminartempel macht und damit den Wirtschaftsstandort Bern fördert oder aber, ob man die 125‘000 Franken in die Kultur investiert, die mit Sicherheit noch mehr Kosten verursachen wird. Es ist also endlich an der Zeit, dass wir uns um unsere Kultur in Bern öffentlich und laut Gedanken machen. Vorschläge sind jetzt gefragt, wir brauchen keine Besserwisser danach.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 65 Bern, Mai 2008