Von Lukas Vogelsang – In der Schweiz wie in Deutschland sind die Politiker am Boden. Fast einstimmig schreien sie zusammen mit den Wirtschaftsfunktionären nach Führung – notabene schreien jene am lautesten, die keine Linie mehr haben und auch kein Konzept aufweisen können. «Handeln soll der Bundesrat!», schreien sie bei uns. «Wir hier unten wissen nicht, was wir tun könnten. Die Krise ist da, aber wir sind unschuldig…» Andere schreien wie die Indianer…
Und weil sich alles schreiend in Unschuld wäscht, hämmern sich die Grossmäuler Schuldzuweisungen auf die wunden Finger. Hauptsache, die eigene Karriere blüht und die Wiederwahl sichert das krisensichere Einkommen, wird sich der eine oder andere dabei denken. Lösungen bringt niemand. Wieso auch, die Börse steigt wieder, die Gewinne werden wieder hochgeschraubt und in ein paar Monaten ist von alledem, ausser einigen bereinigten Bilanzen und Erfolgsrechnungen, nicht mehr viel vorhanden. Oder wird die Krise doch eine tiefere Spur hinterlassen?
Wir brauchen jetzt Menschen, die neu denken können. Die alten Gedanken haben ausgedacht. Was folgen muss, sind neue Ideen, Erfindungen, Ansätze, Utopien, Illusionen und Hoffnungen. Doch wer oder wie kreiert man Hoffnungen? Sie sind unkäuflich.
Wir brauchen neue Generationen von Menschen mit Ausdauer, Wille, Freiheitsdrang, Verantwortungsgefühl und Motivation. Doch wenn ich in die Runde schaue, so erschrecke ich ein wenig: Unsere Gesellschaft braucht zuviel Ritalin. Wir beginnen und üben, Lösungen zu entwickeln. Unsere Zukunft wird noch ein paar schwierigere Anforderungen stellen als nur eine Krise. Langsam haben wir für unsere gesellschaftliche Situation eine Einsicht erlangt, doch Aufbuch und Wandel sind noch weit weg.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 76 Bern, April 2009