EDITORIAL Nr. 24

Von Lukas Vogel­sang – Nun soll er also da sein, der Win­ter. Viel gezeigt hat er aber noch nicht. Vielle­icht deswe­gen, weil der Win­ter in sein­er schüchter­nen Schön­heit die beschei­den­ste Jahreszeit ist. Vergesst den Spruch mit der Win­ter­de­pres­sion, das ist alles Falsch. Man kön­nte davon höch­stens noch soviel abgewin­nen, dass sich diese Jahreszeit ziem­lich desil­lu­sion­iert und real zeigt – das kratzt am Selb­st­wert unser­er Vorstel­lun­gen. Im Win­ter sehen wir die Welt, wie sie geschaf­fen wurde, im Ursprung. Die Blät­ter der Bäume und das gemein­same Blühen der Natur, das Leben, kön­nen wir uns nur vorstellen. Da ist Fan­tasie gefragt. Nie­mand stellt sich im Som­mer vor, wie die Men­schen im Win­ter­man­tel herum­laufen. Doch im Win­ter… Und genau darin ist uns der Win­ter der grösste Lehrmeis­ter: Der Fan­tasie des Lebens. Alle Far­ben, auch solche, die es gar nicht gibt, dür­fen ver­wen­det wer­den, um das Bild auszu­malen. Es gibt keine Gren­zen, der Win­ter trägt uns in sein­er behü­ten­den Hand und wärmt uns mit der ver­meintlichen Kälte. Kusche­lige Abende vor dem TV, vor dem Feuer, bei Kerzen­licht mit Woll­sock­en und Deck­en, die uns men­schliche Nähe ges­tat­ten, erleben wir im Win­ter, nicht im Som­mer…

Und so zeigt uns die Zeit, dass ein zweites Jahr ensuite — kul­tur­magazin erfol­gre­ich zu Ende geht. Wir sind noch kein biss­chen müde und freuen uns im neuen Jahr mit neuem, saison­gerecht­en Lay­outk­leid aufzutreten. Das wäre dann bere­its der 3. Jahrgang! Dank an all jene, die uns unter­stützen und die einen Sinn in einem unab­hängi­gen Kul­tur­magazin sehen. Auf jeden Fall wer­den wir näch­stes Jahr etwas über­raschen­des bieten. Wie immer.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 24, Dezem­ber 2004

Artikel online veröffentlicht: 1. Dezember 2004 – aktualisiert am 13. März 2024