Von Lukas Vogelsang – Nun soll er also da sein, der Winter. Viel gezeigt hat er aber noch nicht. Vielleicht deswegen, weil der Winter in seiner schüchternen Schönheit die bescheidenste Jahreszeit ist. Vergesst den Spruch mit der Winterdepression, das ist alles Falsch. Man könnte davon höchstens noch soviel abgewinnen, dass sich diese Jahreszeit ziemlich desillusioniert und real zeigt – das kratzt am Selbstwert unserer Vorstellungen. Im Winter sehen wir die Welt, wie sie geschaffen wurde, im Ursprung. Die Blätter der Bäume und das gemeinsame Blühen der Natur, das Leben, können wir uns nur vorstellen. Da ist Fantasie gefragt. Niemand stellt sich im Sommer vor, wie die Menschen im Wintermantel herumlaufen. Doch im Winter… Und genau darin ist uns der Winter der grösste Lehrmeister: Der Fantasie des Lebens. Alle Farben, auch solche, die es gar nicht gibt, dürfen verwendet werden, um das Bild auszumalen. Es gibt keine Grenzen, der Winter trägt uns in seiner behütenden Hand und wärmt uns mit der vermeintlichen Kälte. Kuschelige Abende vor dem TV, vor dem Feuer, bei Kerzenlicht mit Wollsocken und Decken, die uns menschliche Nähe gestatten, erleben wir im Winter, nicht im Sommer…
Und so zeigt uns die Zeit, dass ein zweites Jahr ensuite — kulturmagazin erfolgreich zu Ende geht. Wir sind noch kein bisschen müde und freuen uns im neuen Jahr mit neuem, saisongerechten Layoutkleid aufzutreten. Das wäre dann bereits der 3. Jahrgang! Dank an all jene, die uns unterstützen und die einen Sinn in einem unabhängigen Kulturmagazin sehen. Auf jeden Fall werden wir nächstes Jahr etwas überraschendes bieten. Wie immer.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 24, Dezember 2004
