EDITORIAL Nr. 45

Von Lukas Vogel­sang – Da ist momen­tan immer die Rede davon, dass die Stadt Bern mehr Geld in die Kul­tur investieren soll. Dem ist ja nicht wirk­lich etwas ent­ge­gen­zuset­zen. Doch es fragt sich, ob das einge­set­zte Geld auch sin­nvoll ver­wen­det wird. Da reicht es mir per­sön­lich nicht, ohne Analyse ein­fach nach mehr zu rufen — ich finde das gewagt.

Zum Beispiel: Dass sich die Stadt Bern trotz des ensuite — kul­tur­magazins noch sel­ber eine Kul­tur­a­gen­da im Papier­for­mat leis­tet, haben wir unter­dessen mehrheitlich mit Kopf­schüt­teln geschluckt. Noch etwas unver­daut ist das Tick­et­sys­tem, welch­es die Espace Medi­en AG eigentlich übernehmen wollte, jedoch von der Stadt in einem eige­nen, über­teuerten Bern­Bil­lett endete. Doch dass die Abteilung Kul­turelles jet­zt auch noch eine eigene Kul­tur­daten­bank bauen will und für die Eval­u­a­tion ein Pro­jek­t­büro mit 19‘740 Franken hon­ori­ert, geht für mich nicht mehr auf. Vor allem deswe­gen nicht, weil der Vere­in Kul­tur Bern (ensuite — kul­tur­magazin, bewe­gungsmelder ag und allevent, biel) und die Espace Medi­en AG bere­its je eine solche Daten­banken besitzen und öffentlich zur Ver­fü­gung stellen. Wer redet da von Sparen und wer von mehr Geld? Ich weiss, ich mache mich mit solchen Äusserun­gen nicht ger­ade beliebt — doch irgend­je­mand muss es sagen. Sparen kann man in der Kul­tur dur­chaus auch. Und eine Analyse beschränkt sich nicht nur auf Zuschauerzahlen — meine Güte, nein.

In dieser Num­mer pub­lizieren wir eine kleine Gegenüber­stel­lung von Inter­views mit bee-flat und dem Zürcher Ver­anstal­ter moods. Was mir dabei auffiel, ist die klare Def­i­n­i­tion von Zürich, einen Ver­anstal­ter wie das moods mit einem beachtlichen öffentlichen Beitrag zu unter­stützen, während in Bern kün­st­lerisch mit Almosen gespielt wird. Die neue Bern­er Kul­turstrate­gie ist kein Ausweg, denn genau die Förderung­sund Verteilungs­fra­gen wer­den damit nicht beant­wortet — das Jam­mern schon. Was ist die Stärke von Bern? Alles. Dann müssen wir aber damit leben, dass wir kein definier­bares Gesicht erhal­ten, dass es egal wird, was finanziert wird und was nicht — die Bern­er Kul­tur wird beliebig.


Foto: zVg.

Pub­liziert: ensuite Aus­gabe Nr. 45, Sep­tem­ber 2006

Artikel online veröffentlicht: 1. September 2006 – aktualisiert am 13. März 2024