Kulturpresseschau: Allround-Redaktoren und Intellektuelle

Kul­turschaf­fende in Deutsch­land wollen Besprechun­gen ihrer Werke frei nutzen kön­nen. Zum Eklat kam es, nach­dem zwei Kün­stler von Jour­nal­is­ten abgemah­nt wur­den, weil sie deren Texte auf ihren Home­pages veröf­fentlicht­en. Mis­sacht­en die Kün­stler damit die Urhe­ber­rechte der Jour­nal­is­ten? Oder haben sie ein Nutzungsrecht auf  Kri­tiken der eige­nen Arbeit? In einem offe­nen Brief und in ein­er Gruppe auf Face­book fordern und disku­tieren Kul­turschaf­fende eine Tol­er­anzregelung. Wie dieser Artikel auf iRights.info zeigt, ist die Frage umstrit­ten – obwohl das gel­tende Recht klar ist: Auszüge aus Artikeln sind ges­tat­tet, ganze Texte nicht.

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Dabei soll­ten die Kün­stler schon von Glück reden, wenn die Jour­nal­is­ten ihr Werk über­haupt rezip­iert haben. «So viel Zeit habe er nun wirk­lich nicht, dass er sich jede CD anhören könne, die er besprechen müsse», lässt Pedro Lenz in sein­er NZZ-Exec­u­tive-Kolumne einen jun­gen Kul­turredak­tor sagen – ange­blich eine wahre Geschichte.

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Die von Lenz über­spitzt beschriebene Ten­denz zum recher­chier­faulen All­round-Redak­tor zeigt sich auch darin, dass immer öfters Experten befragt wer­den. Darunter seien lei­der immer weniger Intellek­tuelle, meint «NZZ»-Redaktor Mar­tin Sen­ti. Eine Aus­nahme bildet der emer­i­tierte Lit­er­atur­pro­fes­sor Peter von Matt, von den Medi­en regelmäs­sig zu ver­schieden­sten The­men befragt wird. Er meint: «Ich mis­che mich nicht ein, ich werde eingemis­cht.» Wichtig dabei sei, dass man sich nicht ein­binden lassen; bei einem wahren Intellek­tuellen wisse man nie genau, was er als Näch­stes sage.

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Am Film­fes­ti­val Locarno – das auch von kulturkritik.ch im Rah­men eines «Liv­ing Case» begleit­et wurde – haben sich Filmkri­tik­er über ihren Beruf unter­hal­ten, wie Persoenlich.com berichtet. Prob­lema­tisch sei das Ver­hält­nis sowohl zu den Auf­tragge­bern, die möglichst knack­ige For­mulierun­gen und deut­liche bis über­ris­sene Urteile erwarten, wie auch zu den Lesern, deren Reak­tio­nen sel­ten kon­struk­tiv seien. Dabei brauche es pro­fes­sionelle Filmkri­tik­er unbe­d­ingt, um Filme fundiert besprechen und in den richti­gen Zusam­men­hang stellen zu kön­nen.

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Ein ähn­lich­es Finanzierungs-Mod­ell wie das hin­ter dem Kul­tur­blog kulturkritik.ch sollte theaterkritik.ch am Leben hal­ten. Das Por­tal wird nun aber nach zwei­jährigem Beste­hen eingestellt. Das Pro­jekt sei lei­der nicht selb­st­tra­gend gewor­den, schreibt der Vere­in in ein­er Pressemit­teilung; zu wenig The­ater­häuser hät­ten 600 Franken für zwei Besprechun­gen ein­er Auf­führung aufw­er­fen wollen. «Für diese Art von kom­merzieller Öffentlichkeit­sar­beit gibt es offen­bar kein Pub­likum», resümiert die «Berlin­er Zeitung» nicht ohne Häme. Dem stimmt die Redak­tion von kulturkritik.ch freilich nicht zu. Sich­er ist hinge­gen: Die Diskus­sion um die Finanzierung des Kul­tur­jour­nal­is­mus bleibt vir­u­lent.

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Artikel online veröffentlicht: 22. Oktober 2013 – aktualisiert am 17. März 2019