Naiv oder genial? Die Republik

Von Lukas Vogel­sang — Das Wun­der des Medi­en-Crowd­fund­ing, die «Repub­lik», hat zur Kri­tik aufgerufen. Con­stan­tin Seibt und Co. ärg­erten sich darüber, dass keine wirk­liche Berichter­stat­tung über das Pro­jekt erfol­gte. Die NZZ und Ringi­er hät­ten in den Redak­tio­nen von «oben» eine Infos­perre ver­hängt – was allerd­ings bei­de Redak­tio­nen demen­tierten.

Seibt gab allerd­ings öffentlich zu, dass es bei dem «Ärg­er » – er hält an den «Fak­ten» fest – auch um Mar­ket­ing ging. Es ist schon irri­tierend: Con­stan­tin Seibt greift nach den ersten pathoss­chwan­geren Ein­führun­gen des neuen Online-Medi­en­pro­jek­tes zu pop­ulis­tis­chen Mass­nah­men, um Aufmerk­samkeit zu erhal­ten. Er tut just, was er zuvor an der Schweiz­er Presse und an der SVP kri­tisiert hat: polemisieren und die Oppo­si­tion­skul­tur zele­bri­eren. Und damit stellt sich für mich die Frage, wie echt sind die Ziele der «Repub­lik»? Wie bewusst sind sich die MacherIn­nen und FinanziererIn­nen, was hier genau geschieht? Was steckt dahin­ter? Dabei geht es nicht darum, nei­disch zu sein oder die «Repub­lik» schlechtzure­den, son­dern die Medi­endiskus­sion weit­erzuführen und vielle­icht die rosarote Brille zu prüfen. Die «Repub­lik » will im Diskurs ler­nen und stärk­er wer­den, so wurde es kom­mu­niziert. Ich habe ein paar Gedanken aufgestellt – wohlwis­send, dass ich mir damit nicht nur Fre­unde mache:

Meine ersten Fra­gen gel­ten der Funk­tion der «Repub­lik ». Zwei Jour­nal­is­ten, die vom Fach kom­men und als Ini­tialzün­der gel­ten, wollen die jour­nal­is­tis­che Welt ret­ten. Das heisst, eigentlich will man die Schweiz vor den Ver­la­gen Ringi­er, NZZ und Tame­dia schützen, weil diese sich um die Demokratie foutieren. Vielle­icht gehören dazu noch Welt­woche und BaZ, die Aar­gauer wer­den nicht namentlich erwäh­nt, warum auch immer. Je gröss­er das Feind­bild, umso deut­lich­er ist die Zielfläche für die Tomat­en und faulen Eier, wird man sich gesagt haben. Und alle ver­ste­hen, dass die Grossen böse sind. Man nen­nt sich Wächter der Demokratie und stellt Wörter wie «Rev­o­lu­tion» gegen die eigene Beruf­s­gruppe. Für einen neuen und drin­gend benötigten Medi­engew­erkschaftsver­bund wäre dies per­fekt. Zur Info: Wir haben drei Medi­engew­erkschaften in der Schweiz, die nett irgend­was vor sich hin brabbeln und zuschauen, wie die Medi­en röcheln und die Jour­nal­istIn­nen an der Nase rumge­führt wer­den. Aber ist die Presse dafür da, eine Rev­o­lu­tion anzuzetteln? Ist diese vierte Macht in unser­er Demokratie geschaf­fen wor­den, um eigen­mächtig zu wer­den?

Mir kommt bei diesem Start der «Repub­lik» unweiger­lich die M5S, die Fünf-Sterne-Bewe­gung aus Ital­ien, in den Sinn. Ob «links» oder «rechts» spielt dabei weniger eine Rolle. Eine Rev­o­lu­tion ist eine Bewe­gung, ist ein Auf­s­tand, der etwas bekämpft. Alle meinen, im Recht zu han­deln. Der Kabaret­tist Beppe Gril­lo hat eben­falls aus Unmut gehan­delt,
eine Bürg­er­be­we­gung lanciert, Unter­schriften gesam­melt, gesiegt und Macht erhal­ten. Und dann? Man set­zte Fre­unde aus den eige­nen Rän­gen in poli­tis­che Ämter. Men­schen, die nicht wegen ihren Fähigkeit­en, son­dern wegen ihren fre­und­schaftlichen Verbindun­gen zur Spitze aus­gewählt wur­den und damit Macht erhiel­ten. Und daraus wuchs, neben allen abstrusen und pop­ulis­tis­chen poli­tis­chen Gedanken, ein Geschwür. Heute gehört die M5S zu den recht­spop­ulis­tis­chen Grup­pierun­gen – wie die deutsche AfD oder umgekehrt. «Wir kön­nen verän­dern» ist das, was man mit erhoben­er Faust den einzel­nen Mit­gliedern ein­trichtert. Und die machen hoff­nungsvoll mit. Wahrschein­lich hat Beppe Gril­lo dies nie so geplant. Die Gren­ze zwis­chen links und rechts ist manch­mal über­raschend schmal. Aber bei der «Repub­lik» ist es die intellek­tuelle Szene, auch die Linken, dahin­ter ein Bewusst­sein, das wis­sen muss, was sie tun. Nur: Was tun sie denn?

Am ersten Tag des Crowd­fund­ing-Erfolges der «Repub­lik», der ohne Zweifel sen­sa­tionell aus­fiel, kamen bere­its die ersten Sprüche: «Und jet­zt heben wir den Seibt in den Nation­al­rat!» Das war noch als Witz gemeint – er hat­te 1999 und 2003 schon mal kan­di­diert. Wenn man bedenkt, dass bis heute mehr als 12’000 Men­schen (Stand 20. Mai 2017) je 240 Franken eingezahlt haben für das Pro­jekt, das noch gar nicht existiert, dann ist das inter­es­sant. Sie alle finanzieren eine Bewe­gung, die nur aus Frust, Ver­sprechen und Hoff­nun­gen beste­ht, die in einem pathetis­chen Man­i­fest gut klin­gen. Aber ein Pro­dukt, ein Konzept, ein Plan liegt noch nicht vor. Es gibt nur den Rudelführer. Und obwohl gemäss Aus­sagen Christof Moser die Idee bere­its im Jahr 2013 hat­te, wird Con­stan­tin Seibt als Front­fig­ur verwendet.Seibt ist ein guter Schreiber­ling und kann sen­sa­tionell The­men aufar­beit­en – doch bei den Fak­ten fehlen mir oft die Quellen, Inter­views macht er sel­ten, er schreibt vor allem vom Schreibtisch oder der virtuellen Bib­lio­thek aus, vor allem Kolum­nen. In eige­nen Inter­views bringt er lustige Sinnbilder, in den Antworten allerd­ings kaum belegte Fak­ten. Auf mein­er kleinen Recherche fand ich Fol­gen­des: «Tame­dia, ins­beson­dere der ‹Tages-Anzeiger›, ist ein klasse Arbeit­ge­ber, Tagi-Reporter zu sein ist ein klasse Job.» Das sagte Seibt im Juni 2012 im Inter­view mit Ron­nie Grob von der Medi­en­woche (www.medienwoche.ch/2012/06/25/ja-klar-interessiere-ich-mich-fuer- macht-was-gibt-es-drama­tis­cheres/). Das lesenswerte Inter­view irri­tiert in Bezug auf die «Repub­lik», den Sinneswan­del kann ich nicht nachvol­lziehen.

An Seibt, der auch sein Ger­man­is­tik­studi­um abge­brochen hat, hängt viel. Was näm­lich, wenn er nur beim Start der «Repub­lik» dabei ist und dann das Weite sucht, weil er nicht Ver­leger mit 12’000 anderen sein will? Dieses Prob­lem hat­te er auch bei der WOZ. Wenn Moser und Seibt bere­its im Jahr 2013 ange­fan­gen haben, über das eigene Medi­um nachzu­denken, warum ist bis heute von diesen Gedanken, den Plä­nen, den Ideen noch nichts zu sehen?

Hoff­nun­gen und Ideen alleine reichen nicht aus. Ich habe in 15 Jahren als Ver­leger gel­ernt: Hoff­nung ist nett, aber kein Busi­ness­plan. Die Arbeit ist wesentlich. Der Druck, den die «Repub­lik » sich durch den Erfolg aufer­legt hat, ist gewaltig, und ich hoffe, dass der unsicht­bare Plan gut ist. Ich per­sön­lich möchte das nicht tra­gen. Dazu braucht es unheim­lich viel Erfahrung.

Ein paar Jahre sind jet­zt finanziell gesichert, man ver­spricht viel, und etwas später hat der grösste Teil der Mit­fi­nanziererIn­nen vergessen, worum es bei der Grün­dung gegan­gen ist. Ich habe im Team von diesem Pro­jekt kaum jeman­den gefun­den, der annäh­ernd unternehmerische oder vor allem ver­legerische Erfahrung für ein Pro­jekt von dieser Dimen­sion mit­bringt. Es ist eben ein Pro­jekt. Die verkün­de­ten Ziele oder Ideen sind eher alt­back­en, unat­trak­tiv oder nicht inno­v­a­tiv. Die Open-Source-Strate­gie hat­ten wir von ensuite doku­men­tiert schon im Jahr 2003 verkün­det und sei­ther arbeit­en wir danach. Damals gab es ein­fach noch kein Face­book, und Crowd­fund­ing war in dieser Form nicht exis­tent. Cool waren wir auch nie – wir fan­den das jour­nal­is­tisch rel­e­vant. In den let­zten Jahren wur­den mehrere Online-Medi­en ges­tartet und diese funk­tion­ieren noch heute, wenn auch finanziell nicht so toll.

Hin­ter der «Repub­lik» ste­ht die Genossen­schaft «Project R», die jet­zt die rund 6,5 Mil­lio­nen zu ver­wal­ten hat. Das Startkap­i­tal für dieses Naiv oder genial? Die Repub­lik Von Lukas Vogel­sang Bild: Logo Repub­lik / zVg. ensuite — Zeitschrift zu Kul­tur & Kun­st | Juni/Juli 2017 11 leser­fi­nanzierte und ohne Wer­beein­nah­men funk­tion­ierende Pro­jekt sind geschenkt. Das heisst, die Genossen­schaft «Project R» finanziert jet­zt die Repub­lik AG, die «alles Jour­nal­is­tis­che» kreieren und «das dig­i­tale Mag­a­zin her­stellen» will und «gewin­nori­en­tiert (mit dem Ziel, min­destens selb­st­tra­gend zu wer­den)» sein will. Die Genossen­schaft kann weit­ere eigene Pro­jek­te entwick­eln, die sich der «Förderung der Demokratie durch Stärkung, Erhalt und Weit­er­en­twick­lung des Jour­nal­is­mus als vierte Gewalt; mutig, neugierig, der Wahrhaftigkeit und Unab­hängigkeit » verpflicht­en wollen. Während in der eigentlichen Repub­lik AG nur Con­stan­tin Seibt, Christof Moser und François Zos­so im Ver­wal­tungsrat sitzen, sind alle Genossen­schaft­lerIn­nen des «Project R» zeich­nungs­berechtigt. Jene, die nicht im Ver­wal­tungsrat der AG sitzen, sind in der Genossen­schaft ver­wal­tend und auch zeich­nungs­berechtigt. Bei­de Fir­men sind also eng ineinan­der ver­woben und erfüllen die klas­sis­che Medi­enge­wal­tentren­nung nur halb: Redak­tion und Ver­lag beste­hen aus den gle­ichen Per­so­n­en. Diese Infos sind übri­gens auf den Web­sites www.project‑r.construction und www. moneyhouse.ch zu find­en.

Guardians of the Galaxy
Mich hat inter­essiert, warum und wie diese Men­schen zusam­men­hän­gen, die unsere Welt ret­ten wollen. Dabei gibt es inter­es­sante Kom­bi­na­tio­nen: Moser (38) und Seibt (51) ken­nen sich klar aus der Jour­nal­is­ten­zun­ft. Susanne Sug­i­mo­to (53), die Geschäfts­führerin, ehe­ma­lige Stadträtin in Zürich (SP), war bei Coop Kom­mu­nika­tion­slei­t­erin und wahrschein­lich mit Nadia Schnet­zler Met­tler (45) durch einige Pro­jek­te ver­bun­den. Sug­i­mo­to ist par­al­lel die Kom­mu­nika­tionsver­ant­wortliche der VFT-Schweiz AG, deren Chef, François Zos­so (Ver­wal­tungsrat Repub­lik AG), mit ein­er Part­ner­fir­ma in Budapest Soft­ware und Daten­ban­klö­sun­gen für Spitäler her­stellt. Nadia Schnet­zler Met­tler war Mit­grün­derin bei Brain­store AG und trug mit Matthias Met­tler 2011 den hefti­gen Konkurs und die Wiederge­burt. Die Löschung der Brain­store AG ist übri­gens ger­ade am 10. April 2017 erfol­gt. Unter anderem hat die Brain­store AG für Coop die etwas umstrit­tene Pro­duk­tlin­ie «Plan B» erstellt, die mehrheitlich wieder vom Markt ver­schwun­den ist. Zu fett und zu süss waren die Pro­duk­te für den «schnellen Lebensstil der jun­gen Gen­er­a­tion ». Trotz­dem: Die Brain­store AG funk­tion­ierte bish­er ins­ge­samt 28 Jahre, was in Anbe­tra­cht der zum Teil sehr gerin­gen Beruf­ser­fahrung der jun­gen Bera­terIn­nen erstaunlich ist. Allerd­ings scheit­erte die Fir­ma an zu schnellem Wach­s­tum, unsicheren Märk­ten und das Geschäftsmod­ell war nicht unum­strit­ten. Mit 7,5 Mil­lio­nen Franken Umsatz und 80 Angestell­ten, Pro­jek­ten im In- und Aus­land ging die Rech­nung nicht mehr auf und die Fir­ma fuhr langsam und unaufhalt­sam in die Wand. Nach dem Konkurs startete Brain­store wieder – allerd­ings nicht mehr als AG. Das ist etwas ver­wirrend: Seit 2011 ist es eine Schwarm­fi­ma mit ver­schiede­nen Teams und Hubs. Ideen und Geis­tes­blitze festzuhal­ten und umzuset­zen, das ist die Stärke des Unternehmens. Und das wird haupt­säch­lich durch kreative Grup­pen­prozesse geführt – Sys­teme, die heute auch von der Mobil­iar, den Impact Hubs und unzäh­li­gen Inno­va­tions-Coach­es ange­boten wer­den. Grund­sät­zlich ist gegen diese insti­tu­tionellen Ideen­schmieden nichts einzuwen­den. Man muss aber bedenken, dass zum Beispiel das Por­tal booking.com, eben­falls aus einem Start-up-Ideen­pool geboren wurde. Das hat bere­its den Bun­desrat beschäftigt, weil durch Knebelverträge die Hotel­branche in Bedräng­nis und die beste­hen­den Märk­te durch das Prof­it­denken ein­er «Busi­nes­sidee» aus dem Gle­ichgewicht ger­at­en. Es gibt viele weit­ere Beispiele und viele Pro­jek­te sind nach der Investi­tion­sphase pleite.

Weit­ere Team­mit­glieder
Clara Vuillemin (25), Studi­um in Maschi­nen­bau und Elek­trotech­nik und aktive Poli­tik­erin in der Grü­nen Partei; Thomas Preusse (26), ein Jahr bei der NZZ und Mitar­beit­er bei einem Artikel von Markus Häfliger, der den Zürcher Jour­nal­is­ten­preis erhielt, 2 Jahre angestellt bei ein­er IT-Fir­ma; Patrick Rech­er (28) hat Infor­matik studiert und für eine App einen Preis gewon­nen, mehr ist nicht bekan­nt; Lau­rent Burst (38) arbeit­ete bis 2007 bei Brain­store AG als Kom­mu­nika­tion­schef und Geschäft­sleit­er, wurde Fotograf, hat ein kleines Getränkeim­port­geschäft; Richard Höch­n­er (29) hat eben­falls bei Brain­store gear­beit­et und war danach Pro­jek­tleit­er und PR-Ver­ant­wortlich­er bei ein­er Fir­ma für Infor­ma­tion­sreisen. Die wohl wichtig­ste Per­son im Team: Andrea Arez­i­na (32) ist die Kam­pag­nen­lei­t­erin des Crowd­fund­ings und kann sich den Starter­folg der «Repub­lik» zuschreiben. Sie ist erfahren: als Pro­jek­tlei­t­erin bei der SP Schweiz und bei Sol­i­dar Suisse, als per­sön­liche Mitar­bei­t­erin von Jaque­line Fehr, Co-Founderin von Cam­paign Boot­camp (Man­age­ment von Non-Prof­it-Organ­i­sa­tio­nen). 2009 gab es eine inter­es­sante Artikelserie über ihre Tätigkeit in der WOZ: www.woz.ch/-545c. Sie ist aus­ge­sprochen fähig in ihrer Arbeit – wie wir ein­drück­lich zu sehen bekom­men haben.

Das Redak­tion­skonzept
Was mich wirk­lich erstaunt: Die «Repub­lik» will mit 800 Stel­len­prozen­ten verteilt auf elf Per­so­n­en täglich mit «zwei bis drei Mel­dun­gen» präsent sein, mit Hin­ter­grundgeschicht­en und grossen Recherchen­sto­rys. Das wären min­destens 650 Geschicht­en im Jahr und ist nicht real­isier­bar ohne Hil­fe von aussen. Mit dem Stand des Crowd­fund­ings kön­nen jet­zt Artikel von aus­ländis­chen AutorIn­nen hinzugekauft und vier grosse Recherchen pro Jahr lanciert wer­den. Mit anderen Worten: Die «Repub­lik» wird die grossen nationalen und inter­na­tionalen Redak­tio­nen – die mein­er Ansicht nach bish­er ganz ordentlich funk­tion­ieren – konkur­ri­eren. Sie kauft zusät­zliche Artikel von freien Mitar­bei­t­erIn­nen ein – wie die NZZ, SRF, Ringi­er, Tame­dia etc … Sie wird das Tages­geschehen nicht abdeck­en, das hat Seibt in Inter­views deklar­i­ert. Mit wem find­et aber die tägliche Redak­tions­diskus­sion statt? Vor allem: Lokal und in der Schweiz wird die «Repub­lik» nicht gross präsent sein. Doch genau das ist das Prob­lem: Die grössten Spar­mass­nah­men find­en in den Lokalredak­tio­nen und hier in der Schweiz, auf lokaler Ebene, statt. Die «Repub­lik» wird also ein zusät­zlich­es inter­na­tionales Mag­a­zin zu den beste­hen­den Infor­ma­tion­skanälen. Aber sie erset­zt kein Tagesmedi­um – und ret­tet so auch nicht den Jour­nal­is­mus, wohl auch nicht die Demokratie. Net­ter Ver­such.

Wenn die LeserIn­nen alle auch Ver­legerIn­nen wer­den, so wird es definiert, gibt es bald «Ein­sprachen», die man bear­beit­en muss. Oder man stelle sich eine «Ver­samm­lung» vor mit 12’000 Ver­legerIn­nen – auch wenn nur 10 % erscheinen, wird das ein logis­tis­ches Meis­ter­w­erk. Es ist nicht falsch, sich bei diesem Pro­jekt an Cinque Stelle zu erin­nern. Was, wenn im Namen der «Repub­lik» ein Protes­taufruf gemacht wird (also nicht mal von der Genossen­schaft oder AG sel­ber)? Kann diese «Bewe­gung» noch jemand steuern? Haben die Grün­derIn­nen diese bedeu­tungss­chwan­gere «Welle» oder eben Rev­o­lu­tion im Griff? Wenn dieses Pro­jekt scheit­ert, scheit­ert der Jour­nal­is­mus mit, den die Grün­der ret­ten woll­ten. 6,5 Mil­lio­nen Franken gin­gen vergessen – mit dem Geld kön­nte man viele beste­hende Ver­lage glück­lich machen.

Das sind nur meine per­sön­lichen Fra­gen und Beobach­tun­gen. Ich finde der bish­erige Erfolg der «Repub­lik» umw­er­fend und beobachte das Pro­jekt neugierig. Aber ich weiss immer noch nicht, ob ich hier mit Naiv­ität oder Genial­ität kon­fron­tiert werde. Beispiel: Kurz nach dem «Repub­lik »-Erfolg haben 30 Jour­nal­istIn­nen aus dem Umkreis des geschlosse­nen Zeitung­sun­ternehmens L’Hebdo ein Crowd­fund­ing lanciert: www.bonpourlatete.com. Ziel: 100’000 Franken, Start: bere­its im Juni/Juli. Nach 24 Stun­den war das Geld da – sie haben bere­its das Dop­pelte gesam­melt. Es geht auch ohne Mil­lio­nen, Pathos und Über­druck, dafür mit Pro­duk­tiv­ität.

Hof­fen wir, dass die Busi­ness­pläne der «Repub­lik» irgend­wie getra­gen wer­den. Hof­fen wir, dass das Team die Arbeit in Angriff nimmt und sich meine Zweifel in Luft auflösen. Die Hoff­nung stirbt zulet­zt. Auch nach 15 Jahren wird unsere ensuite-Redak­tion die Arbeit an der Demokratie, unser­er kul­turellen Basis, neugierig weit­er­fahren.

Dieser Artikel erschien ein halbes Jahr voher dem Start — am 1. Juni 2017. Die Repub­lik legte offiziell am 14. Jan­u­ar los.

Artikel online veröffentlicht: 1. Juni 2017 – aktualisiert am 16. Januar 2018