Verachtete Liebe

Der pol­nis­che Leis­tungss­chwim­mer Kuba  ist ein Macho. Er hat neben seinem Train­ing nicht viel anderes zu tun als sich mit sein­er hüb­schen Fre­undin Syl­wia im Bett zu vergnü­gen und ab und zu sein­er Mut­ter den Rück­en zu massieren. Doch eine Begeg­nung mit Michael verän­dert sein Leben: Kuba und Michael ver­lieben sich. Darauf begin­nt eine Liebesgeschichte, deren Span­nung ihres­gle­ichen weit suchen muss.

Float­ing Sky­scrap­ers (Płynące wieżow­ce) erzählt mit ein­fach­sten Mit­teln von der Lei­den­schaft zweier Män­ner vor dem repres­siv­en Kon­ser­v­a­tivis­mus Polens. Der junge Regis­seur Tomasz Wasilews­ki zieht seinen zweit­en Spielfilm nicht als ankla­gen­des Anti-Homo­pho­bie-Pam­phlet auf, son­dern entsch­ied sich für Nüchtern­heit und gegen schwül­stige Dialoge oder kitschige Ein­stel­lun­gen. Mit trock­en-harten Schnit­ten und lan­gen Ein­stel­lun­gen entwick­elt sich ein Film, dem man seine vielschichti­gen emo­tionalen Ebe­nen abnehmen und glauben mag, ja, die einen regel­recht­en Bann aus­lösen. Die Hand­kam­era erzeugt eine fast doku­men­tarische Echtheit des Geschehens, sodass die ero­tis­chen Span­nun­gen und sex­uellen Szenen stel­len­weise sehr nahe gehen, wenn nicht vere­inzelt gar zu provozieren ver­mö­gen.

Komik im Detail

Tomasz Wasilews­ki beweist in diesem Film ein sicheres Gespür für seine Erzäh­lkun­st. Grossar­tig ist beispiel­sweise die Szene, in der Kuba (Mateusz Bana­siuk), Michael (Bar­tosz Gel­ner) und Syl­wia (Mar­ta Nier­ad­kiewicz) zusam­men am Abendtisch sitzen und minuten­lang kein Wort über die Lip­pen brin­gen. Die emo­tionale Span­nung ist förm­lich mit Hän­den zu greifen. Da fällt Michael ein Stück Essen aus dem Mund, das er dezent vom Boden aufhebt und am Teller­rand abstreift. Solche winzi­gen Details durchziehen den Film und lock­ern das schwere The­ma bis hin zur Komik auf.

Das Schaus­piel­er­trio ist schlicht bril­lant. Ungekün­stelt spielt es  das kom­plexe Liebesge­füge in ein­er solchen Natür­lichkeit, dass zwis­chen­durch das The­ma der Homo­sex­u­al­ität zur Neben­sache wird. Es entspin­nt sich eine uni­verselle Liebesgeschichte jen­seits von Geschlechterzuschrei­bun­gen. Für die LGBT-Szene mag man sich noch manche solche Liebesgeschichte wün­schen, bei der die sex­uelle Ein­stel­lung so selb­stver­ständlich gelebt wird. Tomasz Wasilews­ki  bagatel­lisiert bei all dem das The­ma keines­falls – die kon­ser­v­a­tive Enge Polens ist latent dro­hend spür­bar, und der Film­schluss ist Schock­er genug.

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Artikel online veröffentlicht: 28. Oktober 2013 – aktualisiert am 17. März 2019