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Can Dündar: Leben im Ausnahmezustand

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Bild während FBM: Blaues Sofa 19.10.2016

“Die Türkei ist das grösste Gefäng­nis für Jour­nal­is­ten” hielt Can Dün­dar fest. Ein über­wälti­gend mutiger Schrift­steller und Jour­nal­ist. Weil er über die Waf­fen­liefer­un­gen der türkischen Regierung an Extrem­is­ten in Syrien schrieb, wurde er let­ztes Jahr ins Gefäng­nis gewor­fen. Er hat Glück im Unglück gehabt, denn er kam frei . Doch er ist im Exil. Ein bit­ter­er Zus­tand für einen Men­schen, den die Türkei so sehr brauchen würde. Viele türkische Intellek­tuelle und Jour­nal­is­ten und Jour­nal­istin­nen kön­nen nicht mehr zurück: Auch Eli Shafat meint, dass es gefährlich wer­den kön­nte, sollte sie im Land Erdo­gans rum­reisen wollen. Bei Dün­dar war es sog­ar eine per­sön­liche Vendet­tas Erdo­gans: Der türkische Staatschef stellte Strafanzeige, forderte lebenslange Haft und war Neben­kläger gegen Dün­dar und Erdem Gül, dem Ankara-Büroleit­er von “Cumhuriyet.” Das türkische Ver­fas­sungs­gericht befand die Inhaftierung der bei­den Jour­nal­is­ten als unrecht­mäs­sig und sie kamen frei. Erdo­gan dro­hte den Richtern mit Kon­se­quen­zen, jet­zt hat er sie dank Ermäch­ti­gungs­ge­set­zen abge­set­zt. “Lebenslang für die Wahrheit” ist ein span­nen­des, erschüt­tern­des Buch. Es ist unsere Gegen­wart. Während viele Men­schen an Uni­ver­sitäten, in Lit­er­atur­sa­lons über die Gräuel, die Herrschaft­sprax­is des Drit­ten Reichs disku­tieren und wieder und wieder geloben: “Nie wieder”, passiert bei ähn­lich­er Sit­u­a­tion in der Türkei, nichts. Gar nichts. Auss­er die Opfer Erdo­gans, die sich organ­isieren und sich unter Todes­dro­hun­gen nicht zum Schweigen brin­gen lassen. Aber­tausende sitzen in türkischen Gefäng­nis­sen und Europa disku­tiert eine mögliche Kan­zlerkan­di­datur von Mar­tin Schulz. Es ist dem ZDF und dem Blauen Sofa hoch, riesen­hoch anzurech­nen, dass sie Dün­dar ein­ge­laden haben. Als Über­raschungs­gast, als Leit­er ein­er Pressekon­ferenz, in der Dün­dar Brüs­sel, Berlin und Paris auf­fordert, sich endlich zu äussern. Sich für die Werte der Demokratie einzuset­zen.

Stell Dir vor, Deine Nach­barn wer­den ver­haftet und Du schweigst.” (Reg­u­laS­taempfli)

Artikel online veröffentlicht: 20. Oktober 2016 – aktualisiert am 14. April 2017