Von Lukas Vogelsang – Der April empfing uns nicht nett. Geschüttelt durch die Wetterkapriolen und Aprillaunen hielt er uns fest im Griff, um zum Schluss mit sanftem Streicheln wieder zu besänftigen. Die Wettervorhersagen wurden zum täglichen Witz. Ich bin immer wieder erstaunt, dass die Wetterprognosen, trotz neusten Techniken und immensen Wissenschaften, nicht mehr als ein paar Stunden recht behalten. Unsere gesamten Entwicklungen sind immer noch zu langsam in Anbetracht der Geschwindigkeit der Natur. Die Evolution ist trotz oder vielleicht gerade wegen millionenschweren Entwicklungsjahren schneller als unsere Hyper-Hightechwelt. Das ist doch bedenklich, gibt aber dem Ausdruck «Zurück zur Natur» eine ziemlich progressive Note. Warum vertrödeln wir also unsere Zeit mit diesen langsameren Entwicklungen? Vielleicht ist das Geheimnis der «Zeit», was ja auch Geschwindigkeit beinhaltet, tatsächlich nach dem Momo-Prinzip (abgeleitet aus der Geschichte von Michael Ende, als Momo «rückwärts» gehend schneller «vorwärts» kommt und fliehen kann…) zu finden. Wenn wir uns in den nächsten Jahren wegen Öl und Wasser in den Haaren liegen und das Atom über unseren Köpfen thront, werden wir vielleicht ein paar Dinge dazu begreifen oder uns erinnern. Mal sehen — aua! wir leben.
Aber jetzt ist erst mal Mai. Und da sieht die Welt endlich frühlingshafter aus. Bern hat erhabenste Musiker zu Gast in diesem Monat. Meine Favoriten sind klar Laurie Anderson (Titelseite) und Dino Saluzzi (Agendatitelseite). Was die multimediale Anderson experimentierte, hat mich jahrelang beeinflusst. Der Argentinische Bandoneónspieler dagegen ist für mich einer der wichtigsten Musiker in meinem Ohr. Durch seine Musik lerne ich atmen. Doch gibt es in Bern in diesem Monat noch viel mehr zu erleben. Und sicher werden auch die weltlichen Ereignisse ihren Beitrag leisten — spannende Zeiten kommen. Mit dem Frühling ist auch die Neugierde wieder erwacht.
Foto: zVg.
Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 41, Mai 2006