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Viele der Künstler auf meinem Album habe ich nicht getroffen

3F1A0498Medi­entalk mit Gior­gio Moroder
Text und Bilder: Luca D’A­lessan­dro und Sal­va­tore Pin­to

Am 17. Juli 2015 stand Elek­tropop-Leg­ende Gior­gio Moroder auf der Zelt­bühne des Gurten­fes­ti­vals, wo er ein DJ-Set zum Besten gab. Die Track­list bein­hal­tete unter anderem auch Stücke aus seinem kür­zlich erschiene­nen Stu­dioal­bum Déjà-Vu. Zwei Stun­den vor Auftritts­be­ginn gab der 75-Jährige Auskun­ft vor ver­sam­melter Presse.

Giorgio Moroder, Sie haben in den Siebzigern den Discosound erfunden…

Gior­gio Moroder: … nein, nein, ich habe höch­stens ein wenig mit­ge­holfen.

Der grosse Durchbruch kam vor allem mit Donna Summer.

Love To Love You Baby, I Feel Love, und so weit­er. Wichtig waren auch Arbeit­en mit David Bowie und Blondie. Und übri­gens werde ich heute Abend auf der Bühne auch Un’Es­tate Ital­iana, das WM-Lied von 1990 brin­gen, gesun­gen von Edoar­do Ben­na­to und Gian­na Nan­ni­ni …

…wie kamen Sie eigentlich dazu, Gianna Nannini und Edoardo Bennato für diesen Song aufzubieten?

Ursprünglich war es gedacht, dass nur ein Sänger das WM-Lied sin­gen würde. Mit Gian­na Nan­ni­ni hat­te man bere­its eine erste Wahl getrof­fen. Dann hat sich die Plat­ten­fir­ma über­legt, auch Edoar­do Ben­na­to anzufra­gen. Das Ganze schien zunächst etwas voll, am Ende stellte sich diese Idee als genial her­aus.

1969 gab es einen Song, der hiess Luky Luky

…das war mein erstes vernün­ftiges Lied. Und es wurde ein Hit, ins­beson­dere in Frankre­ich, Ital­ien, Spanien und auch der Schweiz …

…wo es auf Platz drei der Charts zu stehen kam, geschlagen von “Grüezi wohl Frau Stirnimaa” von den Ministrels…

Da kommt mir eine Geschichte in den Sinn: Zehn Jahre zuvor hat­te ich als Musik­er im Hotel Spinne in Grindel­wald gear­beit­et. Wir waren zu dritt: ein Schlagzeuger, ein Pianist, und ich an der Gitarre. Der Pianist fragte mich plöt­zlich, ob ich mir vorstellen kön­nte, Bass zu spie­len. Wie der Zufall es wollte, waren am sel­ben Ort auch die drei Her­ren von den Min­istrels zu Gast. Von ihnen lieh ich mir den Bass. Bis zum Erfolg mit Luky Luky spielte ich über­wiegend Bass. Ab 1969 fokussierte ich mich dann endgültig auf die Pro­duzen­ten­tätigkeit.

Vor zwei Jahren sind Sie von Daft Punk in ihr Studio nach Paris eingeladen und gebeten worden, Ihr Leben vor laufendem Mikrofon zu erzählen. Seither ist Ihr Leben nicht mehr das, was es zuvor war.

Mein Leben ist jet­zt viel bess­er, son­st wäre ich wahrschein­lich nicht hier auf dem Gurten. Das Album Ran­dom Access Mem­o­ries von den Daft Punk war denn auch ein Grosser­folg. Wir haben damit einen Gram­my gewon­nen.

Für Sie offenbar Alltagsgeschäft.

Ich habe in meinem Leben ins­ge­samt drei Oscars, vier Gram­mys und vier Gold­en Globes ent­ge­gen nehmen dür­fen.

Mit Déjà-Vu, welches kürzlich bei Sony erschienen ist, haben Sie Ihr erstes Studioalbum veröffentlicht. Durch Ihr Songwriting hatten Sie bislang andere zum Star gemacht. Jetzt stehen Sie für einmal selber in der Rolle des Artists.

Ich habe früher den Kün­stlern geholfen, jet­zt helfen mir die Kün­stler. Auf DéJà-Vu habe ich ein Stück mit Sia veröf­fentlicht, eines mit Kylie Minogue, mit Brit­ney Spears und mit Mikky Ekko.

War es früher einfacher, Musik zu produzieren?

Es war früher leichter, weil man sich für gewöhn­lich mit den Musik­ern für län­gere Zeit ins Stu­dio zurück­zog. Als ich zum Beispiel mit Don­na Sum­mer an einem Album arbeit­ete, wusste ich, dass wir drei Wochen Zeit dafür haben. Wir nah­men uns Zeit von der Kom­po­si­tion bis zur Auf­nahme. Jet­zt läuft fast alles über das Inter­net ab. Die meis­ten Kün­stler, die auf meinem Album drauf sind, habe ich nicht ein­mal getrof­fen. Sie schick­en mir ihre Gesang­sein­la­gen elek­tro­n­isch zu. Anders ist das fast nicht zu machen: Ich stelle fest, dass die Kün­stler heute enorm unter Druck sind. Sie haben deut­lich mehr Auftritte als noch vor dreis­sig Jahren.

Ist das nicht steril?

Tja, es geht ein­fach nicht anders.

 


 

Gurtenfestival 2015 — Veranstalter ziehen positive Bilanz

Am diesjähri­gen Gurten­fes­ti­val, welch­es vom 16. bis 19. Juli 2015 auf dem Bern­er Haus­berg Gurten stat­tfand, zählten die Per­for­mances von Faith­less, Patent Ochsner, Polo Hofer und Cro zu den High­lights. Die Ver­anstal­ter ziehen eine pos­i­tive Bilanz, haben sich am Eröff­nungstag 18’000 und an den drei Fol­ge­ta­gen je 20’000 Besucherin­nen und Besuch­er einge­fun­den.

Einige Ein­drücke vom Gurten:

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Artikel online veröffentlicht: 30. Juli 2015 – aktualisiert am 18. März 2019